Porträt von Alexa Vachon
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Marit Östberg: Der Film ist ein Porno, aber als Mockumentary. Das war von Anfang an mein Anliegen. Als ich begann, den Film zu drehen, lernte ich meine Hauptfigur Liz in einer feministischen Gruppe für Leute kennen, die im Bereich Porno arbeiten. Ich hatte damals gerade angefangen mit meinem Kurzfilm Authority auf Tour zu gehen. Und auf einmal fühlte ich diese Scham. Schließlich war ich nicht nur die Regisseurin dieses Pornos gewesen, sondern spielte auch selbst darin. Was hatte ich mir da nur angetan? Ich hatte das Gefühl, dass mich die Leute nun anders sehen würden. Die Gespräche in der Gruppe haben mich jedoch bestärkt weiterzumachen. Mit diesem Film reflektiere ich diese Überlegungen auch.Viele Leute sehen Pornos, weil sie Entspannung und Erregung suchen. Geht das nicht mit all den Erzählebenen bei dir verloren?
Nein, das kommt natürlich bei meinen Pornos auch vor. Aber ich bin gar nicht aus der Pornowelt und sehe selbst auch kaum welche. Meine Inspirationen kommen aus meiner Arbeit auf dem Feld von Feminismus und Empowerment. Bei mir geht es in erster Linie um eine Dokumentation unserer Sexualität und unserer Körper hier in dieser Szene und Kultur.
In der letzten Szene musste jeder Sex haben. Also sie mussten nicht, aber es ging darum, dass alle einander etwas geben, dass da ein Austausch ist. Und am Ende komme ich rein und frage: "Wollt ihr wirklich weitermachen? Ich habe Hunger!" Das bekommst du sonst nie zu sehen im Porno. Und weißt du was? Natürlich haben sie einfach weitergemacht.
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Wie kamst du denn auf die Idee, einen Soundtrack für deinen Porno zusammenzustellen?Musik kann eine Sexszene sehr stark beeinflussen. Sie kann ihr vieles hinzufügen oder sie zerstören. Und sie kann dich in eine andere Richtung führen.
Musik kann eine Sexszene sehr stark beeinflussen. Sie kann ihr vieles hinzufügen oder sie aber zerstören. Und sie kann dich als Zuschauer in eine ganz andere Richtung führen. Da kann Sex auch auf einmal traurig sein oder viel tiefgründiger. In jedem Sex steckt eine Geschichte—und Musik kann dir helfen, diese herauszuarbeiten.Mir gefällt bei deinem Film, dass der Soundtrack nie die Interaktionen übertönt. Ich nehme mal an, dass Mainstreamproduktionen wie die Gina Wild-Reihe, die nachträglich synchronisiert wurden, dich dann ziemlich abturnen, oder?
Oh ja, total. Mich fasziniert die Intimität zwischen Menschen, da gehört der Sound mit dazu. Für mich ist es entscheidend, dass ich vor der Kamera einen Safe Space schaffen kann. Und das sollst du dann auch hören können.Es gibt auch eine lange Szene, in der du komplett auf Musik verzichtest.
Bei dieser war es mir wichtig, die Kommunikation zwischen den beiden Körpern einzufangen. Außerdem komme ich immer wieder selbst ins Bild, frage die beiden, ob sie Gleitgel gebrauchen können. Da wird dann auch klar, wie eine Regisseurin eine Szene beeinflusst. Und du siehst eben, dass sie wirklich Spaß bei der Sache haben, weil es sie ein bisschen ärgert, wenn ich sie unterbreche.Wurde eines der Lieder vom Soundtrack speziell für den Film geschrieben?
Nein, aber Karin von The Knife hat etwa ein Solostück aus einer Theaterproduktion für mich extra angepasst. Die Dynamik ist, wenn es um Sex geht, schließlich unglaublich wichtig. "(Not the Only) Naked Body" von JHNA entstand direkt aus einem Gespräch über Empowerment heraus, das wir zusammen bei einem Festival hatten. Auf dem Soundtrack gibt es auch zwei Remixe, die Sky Deep aus Samples der Sexszenen angefertigt hat. Wir beide hatten uns gefragt, wie Musik nicht nur in den Porno kommen kann, sondern der Porno in die Musik.Sollte also jeder Porno von nun an einen eigenen Soundtrack haben?
Deshalb habe ich das nicht gemacht. Aber der Sex in meinen Pornos ist für mich Poesie. Es geht um Bewegungen und Rhythmen. Da kommt die Musik ganz natürlich hinzu.