FYI.

This story is over 5 years old.

Cop Watch

​Die griechische Polizei hat Montag vom Motorrad aus auf Demonstranten eingeprügelt

Während der Kundgebung zum Jahrestag der Anti-Junta-Aufstände von 1973 griffen Athener Polizeibeamten Demonstranten und Journalisten an—darunter auch ein deutscher Erasmus-Student und zwei unserer Mitarbeiter.
Fotos aus Thessaloniki von Kostas Avramidis und aus Athen von Alexandros Avramidis

Montag Nacht ist die Polizei im Athener Stadtviertel Exarchia mit Studenten, Passanten und Demonstranten aneinander geraten. Am Tag zuvor wurden friedliche Kundgebungen abgehalten, um den Anti-Junta-Protesten am ​Athener Polytechnio 1973 zu gedenken. In Griechenland ist es nichts Neues, dass die Polizei bei Demonstrationen handgreiflich wird und Menschenrechte verletzt—Montag bildete dabei keine Ausnahme.

Anzeige

Laut lokalen Medien wurde ungefähr ein Dutzend Menschen von der Bereitschaftspolizei verletzt, darunter waren auch die beiden VICE-Journalisten Antonis Diniakos und Alexia Tsagkari. Sie hatten über die Veranstaltungen in Athen berichtet.

Foto: Alexandros Katsis

Alexia Tsagkari filmte die Proteste für VICE News und wurde in der Athener Innenstadt vor dem Hilton-Hotel von einem Bereitschaftspolizisten angegriffen. Zuvor waren Straßenkämpfe zwischen dem Anarchisten-Block und der Polizei ausgebrochen. Der Beamte traf Tsagkari mit seinem Schlagstock am Kopf, schleifte sie an ihren Haaren weg und schlug dabei weiter zu.

Nachdem die Massenkundgebung in Athen zu Ende gegangen war, erfuhr VICE Griechenland, dass die Bereitschaftspolizei im Stadtteil Exarchia großflächig Tränengas eingesetzt hatte. Schon in der Vergangenheit hat Amnesty International darüber berichtet, dass das eine häufig angewandte Taktik der griechischen Polizei bei Demonstrationen sei und damit klar gegen ​internationale Vorgaben verstoßen werde.

Die ganze Sache geriet schnell außer Kontrolle und die Berichte über polizeiliche Gewalt gegen Passanten und Journalisten häuften sich. Auch ein deutscher Erasmus-Student wurde angegriffen und ​das Foto seines mit Blut verschmierten Gesichts machte im Internet die Runde.

German erasmus student beaten up by the Greek police for standing in the wrong corner doing nothing. — Yiannis Βaboulias (@YiannisBab)November 17, 2014

Anzeige

„Ganze Einheiten von Bereitschaftspolizisten fuhren mit Schlagstöcken bewaffnet auf ihren Motorrädern durch die engen Gassen von Exarchia und versetzten dabei die Anwohner und Demonstranten in Angst und Schrecken", berichtete Diniakos. Die Beamten sollen auch einen Kiosk im Zentrum des Stadtteils durchsucht und dabei zwei Mitarbeiter verletzt haben.

Police officers attacked a kiosk in Exarchia square and reports suggest they beat up two of the people working there. — Yiannis Βaboulias (@YiannisBab)November 17, 2014

Diniakos, Nachrichtenredakteur für VICE Griechenland, berichtete live von der Kundgebung in Exarchia und wurde angegriffen, als er eine Einheit von Delta- und Dios-Motorradpolizisten konfrontierte, die eine Gruppe Passanten bedrängten.

„Die Polizisten umzingelten sie und einer von ihnen holte mit seinem Schlagstock aus, um die Passanten einzuschüchtern. Ich bin hingerannt, um den Zwischenfall mit meinem Handy aufzuzeichnen, und wurde dabei von einem Beamten mit seinem Motorrad angefahren. Ich rief, dass sie aufhören sollten. Dann rannten drei Polizisten auf mich zu und warfen mich zu Boden. Sie packten mich am Hals und an den Händen. Sie hörten erst auf, mich zu schlagen, als meine Kollegen unsere Ausweise vorzeigten, die bestätigten, dass wir zugelassene Journalisten sind", berichtet Diniakos.

Foto: Alexandros Katsis

Polizisten griffen noch einen weiteren Journalisten von MEGA TV an. Zu diesen Vorfällen wurde nun ein disziplinarisches Untersuchungsverfahren eingeleitet.

Anzeige

Die Demonstration fand nur ein paar Tage nach den gesamtgriechischen Schulbesetzungen, den ​Protesten und den polizeilichen Übergriffen von letzter Woche statt, die zwei verletzte Studenten zur Folge hatten. VICE hat mit diesen Studenten gesprochen, die dabei die Angriffe als „grundlos" und „unnötig" bezeichneten.

Vorgestern sind in Athen laut Berichten 35.000 Menschen auf die Straßen gegangen, um den blutig niedergeschlagenen Anti-Junta-Demonstrationen am Athener Polytechnio von 1973 zu gedenken. Dazu kamen noch die mehr als 10.000 Leute, die zur gleichen Zeit in Thessaloniki an einer Kundgebung teilnahmen.

Beide Veranstaltungen hatten eins gemeinsam: Sie wurden durch das Aufgebot der Bereitschaftspolizei massiv beeinträchtigt. Es sollen mehr als 7000 Beamten in den Straßen von Athen unterwegs gewesen sein, angeblich um die Demonstrationen zu „schützen" und zu „überwachen."

Kostas Koukoumakas, Journalist für VICE Griechenland, war in Thessaloniki dabei und berichtete Folgendes: „Das Aufgebot der Bereitschaftspolizei war so groß, dass die Demonstranten zum ersten Mal seit vielen Jahren ihre Kundgebung mehrmals unterbrachen und verlangten, dass sich die Polizei zurückziehe. Die Menge rief immer wieder vergebens ‚Weg mit der Polizei!' Kurz darauf kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Beamten und Demonstranten. Die Bereitschaftspolizei setzte Tränengas gegen die Menge ein, die daraufhin über die umliegenden Straßen flüchtete."

Polizisten in Thesalonikki (Fotos: Alexandros Avramidis)

Obwohl bekannt ist, dass Journalisten schon oft brutal von Polizisten angegangen wurden, gibt es bis heute nur einen Fall, in dem ein Beamter wegen dem Angriff auf einen Vertreter der Presse angeklagt wurde.

Der Einsatz von massiver Gewalt und die Verletzung von Menschenrechten durch die Polizei sind keine Ausnahme. Das Ganze ist eher zu etwas Normalem geworden und natürlich sind auch Journalisten dagegen nicht geschützt. Wenn sich diese Gewalt allerdings gegen die Presse richtet, dann hat das doch einen bestimmten Grund, nämlich Zensur.

Wenn man weiterhin die Polizei als Mittel zur Unterdrückung einsetzt, dann ist das eine politisch motivierte Entscheidung. Es ist höchste Zeit, dass die griechischen Behörden das einsehen und die Bereitschaftspolizei nicht mehr wie Gangs durch Athens Straßen ziehen lassen und damit die Bürger in Angst und Schrecken versetzen.