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Dinge, die du im Schweizer Winter tun solltest, um nicht komplett durchzudrehen

Dass Lichtmangel und Pflotschschnee den Menschen zu weinerlichen Babies machen, ist nichts Neues. Du kannst aber Schadensbegrenzung betreiben.

Der Winter ist im Anmarsch und mit ihm Depressionen, existenzielle Krisen und Übergewicht. Du suhlst dich wieder in einem Meer aus Bequemlichkeit und Schokoladenfolie, du konvertierst deine Probleme mental in Weltkriege, du hast Pickel, du hast Speckrollen—du bist eine Karikatur deiner selbst!

Dass deine Freunde Gesichter schneiden als wären sie gerade allesamt enterbt worden macht die Sache nicht viel besser. Und wenn ihr euch durch jede auch nur im entferntesten einladende Bar Zürichs gesoffen habt, bleibt dir ausser Sofa und TV nicht mehr viel übrig. Denkst du jedenfalls.

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Ich will den Winter nicht verharmlosen. Dass Lichtmangel und Pflotschschnee den Menschen zu weinerlichen Babies machen, ist nichts Neues. Man kann den Schaden aber begrenzen. Mit diesen acht Tipps überstehst du den Winter dieses Jahr besser. Ich habe nicht „gut" gesagt.

Lies dich frei

Foto von Kaboompics | Pixabay | CC0 1.0

In keiner anderen Jahreszeit bietet sich das Lesen mehr an als im Winter. Damit du nicht auch noch rumheulst, weil sich deine Ersatzrealität nach zweihundert Seiten in Luft auflöst, solltest du damit anfangen, Trilogien zu lesen. Dicke Schinken. Das Fernsehprogramm ist nicht unbedingt dazu geeignet, deine Melancholie zu beseitigen—im Gegenteil. Statt dich also vor dem Fernseher über Trash-TV, Tagesschau oder Weihnachtsfilme aufzuregen, solltest du dich mit einer Tasse Tee ins Bett kuscheln und stundenlang lesen.

Je nachdem welcher Typ du bist, suhlst du dich gern im eigenen Elend oder du verdrängst dieses mittels eines unerklärlichen Restfunkens Kreativität. Gehörst du zum ersten Typ, dann bieten sich skandinavische Werke von Schriftstellern wie Ketil Bjørnstad oder Stieg Larsson an, willst du dich lieber selbst anlügen, dann kannst du dich endlich an den Herrn der Ringe oder Harry Potter wagen (ich hab's zig mal versucht aber ich leide einfach so gern).

Wenn du liest, vergisst du, wie langweilig dein Leben eigentlich ist, du nimmst die sich anbahnende Dunkelheit hinter den Fensterscheiben nicht mehr wahr und es ist dir egal, dass du den Winter als Single verbringen musst. Lesen ist Selbstzweck und erfordert keine weitere Reflexion.

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Bade dich glücklich

Foto von Bubble Bath | devianart | CC BY 3.0

Auch wenn mich Umweltschützer, die sich aus irgendeinem Grund die Zeit genommen haben, diesen Artikel zu lesen, für diese Aussage hassen werden: Ein heisses Bad am Tag ist Pflicht.

In der Badewanne werden deine Speckschwarten plötzlich zu sinnlichen Kurven, du frierst dir nicht den Hintern ab und es riecht einfach verdammt geil nach Entspannung. Die Badewanne ist so eine Art Mutterleib, in den du dich nach langen Strapazen zurückziehen kannst, hier bist du sicher, hier steht die Zeit still.

Das einzige Problem, mit dem du dich ab und zu konfrontiert siehst, besteht darin, das inzwischen lauwarme Wasser ab und zu ein wenig abfliessen zu lassen und es mit heissem nachzufüllen. Und die Seiten deines dicken Schinkens umzublättern. Eine überschaubare Idylle eben.

Sauf dich weg

Foto von Palisand | Flickr | CC BY-SA 2.0

Ja, du hast es wahrscheinlich schon erwartet. Und es ist auch nicht gerade die feine englische Art. Aber drastische Umstände erfordern drastische Massnahmen. Die Trilogie neigt sich dem Ende zu, dein Freund hat Schluss gemacht, du hast mit dem Kiffen aufgehört weil es dich stumpf und gleichgültig werden lässt—Hach, es gibt so viele gute Gründe König Alkohol frenetisch entgegen zu jubeln.

Um nicht in einem Dunstschleier verschwommener Erlebnisse und peinlicher Taten unterzugehen, beachte: Trink niemals alleine und so selten wie möglich zuhause. Jeder versoffene Abend entspricht einem bösen Erwachen am nächsten morgen. Schlussendlich stellt sich für dich also konkret die Frage, wie es mit der Kosten-Nutzen-Bilanz deines Alkoholismus aussieht. Falls sie nur leicht ins Negative fällt, na dann prosit!

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Verknall dich high

Foto von Post Memes | Flickr | CC BY 2.0

Single sein im Winter ist etwa so geil wie schwanger sein im Sommer. Du hast Tinder, BLINQ und Co. bisher in die Sparte „Schlechter Sex, Oberflächlichkeit und Tripper" eingeordnet? Zeit, dein Weltbild auf den Kopf zu stellen! Es muss ja nicht gerade der Mann beziehungsweise die Frau fürs Leben sein—sondern einfach nur jemand für den Winter 2015.

Zu zweit ist alles ein bisschen weniger schlimm, das weisst du selber, auch wenn ihr euch nur gegenseitig die ausdruckslosen Gesichter aneinander reibt. Vielleicht könnt ihr untereinander sogar so eine Art Deal aushandeln, damit niemand verletzt wird, wenn sich die ersten Sonnenstrahlen wieder melden. Illusionen machen könnt ihr euch mit anderen Hilfsmitteln.

Shoppe dich pleite

Foto von Fotothekbot | Wikipedia | CC BY-SA 3.0 de

Winterzeit ist Shoppingzeit—dafür haben ein paar Marketingraschlöcher gesorgt. Und ja, es ist zum kotzen, peinliche Geschenke lange als verschollen geglaubter Familienmitglieder, Weihnachten bei der bipolaren Grossmutter, Konsum, Kapitalismus, Lieblosigkeit.

Idealistisch zu sein ist in der Schweiz ein Luxus, den sich nur glückliche Menschen leisten können. Vielleicht bist du eigentlich ein engagierter, bescheiden lebender Mensch, der bei Demos in der ersten Reihe steht. Nicht so im Winter. Denn es gibt unzählige Möglichkeiten, dein Geld im Winter loszuwerden—erst recht kurz vor Weihnachten.

Für ein paar Minuten Glücksgefühl geben sich abertausende von Menschen dem Rausch des Konsums hin und vergessen so, wie traurig und leer sie eigentlich sind. Wenn du ein genügend hohes Mass an Selbstverleugnung aufbringen kannst, dann ist es relativ leicht, es der Masse gleichzutun.

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Feier dich krank

Foto von User: Quaddel | Wikipedia | Public Domain

Ein weiterer Weg, der Winterdepression mit Destruktivität entgegenzuwirken sind Partys. Das traute Heim zu verlassen empfiehlt sich bei Depressionen grundsätzlich immer. Da du dich aber kaum aufraffen wirst, um dir bei einem gesunden Spaziergang in der Wintersonne ein bisschen die Füsse zu vertreten, brauchst du einen saftigen Köder: Schweiss, Alkohol und gute Beats sollten eigentlich ausreichen.

In Clubs bist du unter Leidensgenossen, sie alle teilen dein Schicksal und wenn du erst recht noch alleine durch den Winter wandelst, wird dir ein wenig zufällige Geselligkeit gut tun.

Hau ab aus deiner Stadt

Foto von Tohma | Wikipedia | Public Domain

Winter sind in der Stadt grundsätzlich schlimmer. Hinzu kommt, dass der Alltag sich wie ein zäher Schleim unter die gräuliche, den Strassenrand dekorierende Suppe mischt. Höchste Zeit, um aufs Land zu gehen. Am besten in die Berge.

Du musst nicht mal was mit Schneesport am Hut haben um die Zeit abseits von aggressiv-hupenden Porschefahrern und suizidal-anmutenden ÖV-Nutzern zu geniessen. In den Bergen ist es ruhig, schön und sonnig. Kauf dir ein Stück leckeren Haschisch, nimm gute Musik und deine besten Freunde mit und mach dir ein schönes (verlängertes) Wochenende. Wenn du zurück kommst, wird zwar alles noch genauso schlimm sein wie vorher (wenn nicht noch schlimmer, da du so was wie einen positiven Kontrast zu deinem regulären Leben erfahren hast), aber zumindest hat sich dein Vitamin D-Haushalt etwas aufgeladen, die verbleibende Winterzeit ein bisschen verkürzt und du hattest eine gute Zeit.

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Hau ab aus deinem Leben

Foto von nosha | Flickr | CC BY-SA 2.0

Wenn dir wirklich NICHTS auch nur im geringsten die Last vom Herzen nimmt, dann machst du wahrscheinlich grundsätzlich etwas falsch. Im Sommer wird es dir zwar besser, aber doch nie wirklich gut gegangen sein. Der Sommer ist dann sozusagen das kleinere Übel, eine Hirnhautentzündung im Vergleich zu Lepra.

Stell dir mal die Frage, ob du nicht grundsätzlich das falsche Leben führst um glücklich zu sein und hör auf, deine hängenden Mundwinkel auf Schnee, Kälte und Lichtmangel zu schieben. Es wird Zeit, dich mit dir selbst auseinanderzusetzen. Sieh es als eine Art Projekt, dass du bis jetzt unbearbeitet vor dir hergeschoben hast. So lassen sich die dunklen Stunden füllen und das erst recht noch unter dem Stern der Selbstoptimierung.

Doch mach dir keine allzu grossen Illusionen: Du wirst nicht plötzlich 24 Stunden am Tag ein ausgeglichener und zufriedener Mensch sein. Das gilt auch für diejenigen Exemplare, denen der Winter einen Strich durch die Rechnung macht. Vielleicht solltest du diesen Guide auch einfach stecken lassen um dich ganz deinem Leid hinzugeben. Alle Jahre wieder.

Nora auf Twitter: @nora_nova_

Vice Switzerland auf Twitter: @ViceSwitzerland


Titelbild von Aoife | Flickr | CC BY 2.0