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Presse muss beim AfD-Landesparteitag draußen bleiben

Aber sich darüber lustig zu machen, dass die Partei sich für ihre Kandidaten schämt, ist trotzdem nicht der richtige Weg.

Foto: imago | Westend61

Gestern kündigte die AfD in Baden-Württemberg an, dass Presse zum Landesparteitag am kommenden Wochenende in Kehl nicht eingeladen ist. Die Begründung: Die Partei fürchte voreingenommene Berichterstattung. Sofort kribbelten mir Schlagzeilen in den Fingern: Die AfD hat Angst, sich zu blamieren! Die AfD will die eigene Peinlichkeit nicht ans Tageslicht kehren!

Klar, es gibt Einiges, was peinlich werden könnte. Erst vor acht Tagen hat ein Abgeordneter der Baden-Württembergischen AfD, Stefan Räpple, von Beruf Hypnotiseur, die Abgeordneten von CDU, SPD, Grünen und FDP als "Volksverräter" beschimpft. Danach soll es, laut Informationen der FAZ, zu "handgreiflichen Auseinandersetzungen" mit einem Parteikollegen gekommen sein.

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Auf dem Landesparteitag werden Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst 2017 nominiert. Laut SWR-Recherchen hat die Partei intern beschlossen, Journalisten auszuschließen, weil unter den Kandidaten nicht wenige dabei seien, die sich "radikal oder rechtslastig" geäußert hätten. Und überhaupt: Es ist gerade mal etwas über ein Monat her, dass die AfD in Baden-Württemberg sich wiedervereint hat. Gespalten war sie, weil ein Teil der Abgeordneten Wolfgang Gedeon nach seinen antisemitischen Äußerungen rausschmeißen wollte—der Rest der Fraktion aber keinen Bock drauf hatte.

Antisemitismus, Prügeleien mit Parteikollegen, Berufshypnotiseure, rechte Äußerungen: Das sind alles genug Steilvorlagen für Blamagen. Und natürlich wirft es auch kein gutes Licht auf die Partei zu sagen: Wir laden keine Journalisten ein, weil ihr böse über uns schreibt. Das ist ein fragwürdiges Verständnis von freier Presse und Demokratie. Aber darauf mit Häme zu reagieren, würde auch kein gutes Licht auf Journalisten werfen.

Es geht nicht darum, darüber zu schweigen, was bei der AfD alles schief läuft. Sondern um diesen Reflex, dieses Schlagzeilenfingerkribbeln, bei dem wir uns auch bei VICE oft genug erwischen, wenn es AfD-Neuigkeiten gibt: Hoffentlich gibt es was zum Lustigmachen. Aber wenn Journalisten auf jede AfD-Provokation einsteigen und sich über jeden Anlass freuen, darauf hinzuweisen, wie schlimm/peinlich sie diese finden, spielt das der Partei in die Hände. Die AfD will diese Aufmerksamkeit. Sie will sagen können: Schaut, schaut, die Presse hat sich gegen uns verschworen.

Ja, die AfD schimpft Journalisten Lügner und unterstellt, dass sie manipulieren. Aber davon, dass man sich gegenseitig beleidigt, hat niemand etwas. Die Verteufelungsspirale wird nicht dadurch gebrochen, dass man einen Landesparteitag von vornherein als eine Versammlung von Clowns betrachtet, die hoffentlich etwas Berichtenswertes anstellen. Die AfD ist da. So wie es aussieht, wird sie für die nächste Zeit bleiben. Wir müssen sie ernst nehmen, ob wir wollen oder nicht. Denn nur wenn man eine Partei ernst nimmt, kann man sie zur Verantwortung ziehen. Mit Argumenten und Fakten kommt man weiter als mit Häme. Damit kein AfD-Mann sagen kann, die Journalisten dreschen eh nur wieder auf sie ein.

Dazu gehört aber auch, dass die AfDler sich wie Erwachsene benehmen und die Presse zulassen. Dass Journalisten diesmal draußen bleiben müssen, zeigt, dass die AfD in Baden-Württemberg sich diesmal wirklich unwohl angesichts ihrer Kandidaten fühlt. Normalerweise lässt die Partei keine Gelegenheit aus, um mediale Aufmerksamkeit abzugrasen—auch wenn diese sich um Skandale dreht. Wie unvorzeigbar müssen diese Kandidaten erst sein, wenn selbst die rampenlichthungrige AfD sie lieber hinter verschlossenen Türen wählt? Wenn eine Partei die Öffentlichkeit nicht dabei haben will, wenn sie Menschen auswählt, die 2017 das Volk vertreten sollen, ist das ein beunruhigendes Signal. Und nicht nur eine Steilvorlage, um sich darüber zu echauffieren.

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