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Wie sich FPÖ-Wähler auf Facebook für Schwulenrechte aussprechen

FPÖ-Wähler sind offenbar nicht so homophob wie ihr denkt.
Foto via Shutterstock | Collage: VICE Media

In Wien wurde vergangene Woche das erste Mal seit der Aufhebung des Adoptionsverbots für Homosexuelle ein siebenjähriges Mädchen von einem gleichgeschlechtlichen Paar adoptiert, bei dem das Mädchen bereits seit Jahren als Pflegekind gelebt hat, wie orf.at berichtet. Und das gefällt FPÖ-Wählern offenbar gar nicht so schlecht—zumindest lassen das Kommentare auf der Facebook-Page von Johann Gudenus vermuten.

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Die Geschichte um die Adoption sorgte für viel Wirbel im Internet—sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Zum Beispiel hat sich der Neos-Abgeordnete Christoph Vavrik zum Thema geäußert und die Adoption in einem mittlerweile gelöschten Facebook-Posting als "gesellschaftliche Abartigkeit" bezeichnet und mit der Sklaverei verglichen. Vavrik hat sich entschuldigt und wie am Montag bekannt wurde, wird er bei der nächsten Nationalratswahl nicht mehr für die Neos kandidieren.

Auch der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus hat die Adoption durch das homosexuelle Paar auf seiner Facebook-Page thematisiert und den betreffenden Artikel von orf.at zum Thema mit der Frage "Was sagt ihr dazu?" gepostet. Sieht man sich das Parteiprogramm der FPÖ an, wird schnell klar, dass sich die Partei gegen die Homo-Ehe positioniert und auch der Ansicht ist, dass es besser für ein Kind ist, mit heterosexuellen Eltern aufzuwachsen.

"Wir bekennen uns zur Vorrangstellung der Ehe zwischen Mann und Frau als besondere Form des Schutzes des Kindeswohls. Nur die Partnerschaft von Mann und Frau ermöglicht unserer Gesellschaft Kinderreichtum. Ein eigenes Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Beziehungen lehnen wir ab." Als das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen wurde, sprach Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller von einem "schwarzen Tag für Kinder" und erklärte, dass ein "derartiges Konstrukt ungeeignet für die Psyche der Kinder" sei.

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Demnach könnte auch Johann Gudenus erwartet haben, dass die Kommentare seiner Fans der Parteilinie entsprechend ausfallen würden. Dass FPÖ-Wähler in diesem Bereich jedoch (zumindest für Außenstehende) überraschend aufgeschlossen zu sein scheinen, dürfte er dabei nicht bedacht haben. Im Jahr 2013 ergab eine Umfrage zur Ehe und dem Adoptionsrecht für homosexuelle Paare, dass nur eine knappe Mehrheit der FPÖ-Wähler gegen das Adoptionsrecht ist. "In der Bevölkerung gibt es aber eine überwiegend positive Stimmung" hieß es damals vom Leiter des Instituts, das die Studie durchgeführt hat, gegenüber dem Standard.

Jedenfalls gestalteten sich die Kommentare unter dem Posting von Gudenus überwiegend positiv. Viele schreiben, dass es am wichtigsten sei, dass das Kind geliebt wird und es dabei nicht auf das Geschlecht ankomme und Kommentatoren, die die Adoption des Mädchens als "unnatürlich" oder "falsch" bezeichneten, bleiben in diesem Fall die Ausnahme.

Auch wenn es auf den ersten Blick naheliegend scheint, dass die FPÖ auch in Bezug auf dieses Thema eher konservative Wähler anspricht, wäre diese Annahme im konkreten Fall wohl ein Schnellschuss. Die Fans von Johann Gudenus scheinen hier der Parteilinie um Jahre voraus zu sein. Dieses Posting ist übrigens nicht der erste Fall, in dem sich die FPÖ verschätzt hat, was die Stimmung in der Wählerschaft angeht. Im August diesen Jahres äußerte sich die FPÖ in einem Facebook-Posting gegen die Legalisierung von Cannabis und machte damit die eigenen Wähler ziemlich wütend. Manche drohten auf Facebook sogar, Norbert Hofer deswegen nicht mehr wählen zu wollen.

Scrollt man durch die Kommentare, merkt man, dass unsere Filterblasen nicht so homogen und in sich geschlossen sind, wie oftmals angenommen. Und man merkt auch, dass es ein Fehler ist, FPÖ-Wählern pauschal konservative Ansichten und Engstirnigkeit zu unterstellen. Und das macht ein bisschen Hoffnung.

Verena auf Twitter: @verenabgnr