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Synchronsprecher auf den Barrikaden: Die stillen Helden der Gaming-Branche

Videospielsprecher haben großen Anteil am Erfolg von Games wie Fallout 4 und Co. Aber oft wissen sie während der Arbeit gar nicht, was sie da eigentlich machen—darum streiken sie jetzt.
Conrad Kellogg aus Fallout 4 | Bild: Bethesda Softworks

Conrad Kellogg aus Fallout 4 | Bild: Bethesda Softworks

Kein Videospiel der letzten Jahre kann es sich mehr leisten, ohne aufwendiges und spannendes Sounddesign an den Start zu gehen. Besonders Synchronsprecher tragen zum Erfolg eines Games bei: Sie erwecken Helden und Bösewichte durch ihre Stimmen zum Leben. Angesichts ihrer Bedeutung klingt ein Detail ziemlich erstaunlich, dass sich offenbart, wenn man sich die Arbeit dieser stillen Stars der Szene genauer anschaut: Videospielsprecher dürfen oft gar nicht wissen, welchen Charakter sie eigentlich gerade synchronisieren. Doch dagegen wehren sie sich nun.

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Laut der US-Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA, die auch Synchronsprecher für Videospiele vertritt, ist die Praxis, die die Sprecher im Dunkeln darüber lässt, welche Rolle ihre Protagonisten in welchem Game spielen, weit verbreitet. Oft arbeiten Synchronsprecher monatelang an einer Rolle, ohne überhaupt zu wissen, um welches Spiel es sich handelt. So erging es beispielsweise auch Keythe Farley, der dem erbarmungslosen Söldner Kellogg in Fallout 4 anderthalb Jahre lang seine Stimme lieh—ohne es zu wissen. Denn der Spieleentwickler Bethesda Sofworks weigerte sich, ihm den Namen des Games zu verraten.

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Farley ist der Meinung, dass die Videospielfirmen sich einen unfairen Vorteil verschaffen, indem sie Synchronsprechern nicht verraten, an welchem Projekt sie mitarbeiten: „Es ist ein Vorteil für die Produzenten, weil die Agenten der Sprecher nicht die entsprechenden Konditionen aushandeln können. Denn sie wissen ja gar nicht, dass ihr Klient an einer erfolgreichen Spielereihe mitarbeitet."

Das ist einer der Hauptgründe, warum Farley als Vorsitzender des Interactive Committee der SAG-AFTRA den Streik der Videospielsprecher unterstützt. Bereits seit drei Wochen werden namhafte Spielehersteller wie Electronic Arts in Los Angeles von den Sprechern bestreikt und bisher ist kein Ende abzusehen.

Die Synchronsprecher fordern unter anderem mehr Transparenz: Sie möchten wissen, an welchen Projekten sie arbeiten. Auch wenn das eigentlich nach einer sehr einfachen Forderung klingt, weigern sich die Studios, sie zu erfüllen—warum?

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Die kurze Antwortet lautet, weil Spielehersteller die alleinige Kontrolle darüber behalten möchten, wann sie die von Gamern heiß erwarteten News über eine neue Veröffentlichung bekannt geben. Und das das passiert normalerweise erst lange nachdem die Synchronsprecher bereits an dem Spiel arbeiten. Zugegebenermaßen ist die Angst vor Leaks in der Videospielbranche nicht völlig unbegründet. Tatsächlich gelangten Informationen über Fallout 4 vor der offiziellen Bekanntgabe an die Öffentlichkeit, weil ein Casting-Skript geleakt wurde. Allerdings gibt es keine Hinweise darauf, dass diese geheimen Informationen von einem Synchronsprecher weitergegeben wurden.

Laut Farley ist es insgesamt recht unwahrscheinlich, dass vertrauliche Informationen durch Synchronsprecher geleakt werden, da sie fast immer eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben müssen. „Es ist vielleicht schwer zu glauben, weil wir mit dem Reden unseren Lebensunterhalt verdienen, aber wir können tatsächlich auch unsere Klappe halten", erklärt er.

Farley führt außerdem noch ein weiteres Argument für die geforderte Transparenz an: Synchronsprecher erhalten oft nur so viele Informationen zur Handlung, wie für ihre Szene unbedingt notwendig ist. Würden Sprecher jedoch das gesamte Spiel kennen, könnten sie frei entscheiden, ob sie an einem bestimmten Projekt mitarbeiten möchten. Denn nicht alle Synchronsprecher möchten beispielsweise an besonders brutalen Spielen wie Grand Theft Auto mitwirken.

Diese Forderung nach Transparenz ist laut der SAG-AFTRA einer der Hauptgründe, warum die Synchronsprecher zur Zeit auf die Barrikaden gehen. Zudem fordern sie bessere Arbeitsbedingungen, denn die Stimmbelastung ist bei langen Aufnahmesessions ohne angemessene Erholungsphasen für die Synchronsprecher enorm hoch.

Zusätzlich zu besseren Arbeitsbedingungen und mehr Transparenz steht jedoch eine weitere Forderung im Vordergrund der Streiks: Die SAG-AFTRA versucht seit über einem Jahr einen Tarifvertrag auszuhandeln, in dem eine angemessene Vergütung für die Synchronsprecher festgelegt werden soll, die der Bedeutung der Sprecher für die Gaming-Branche besser gerecht werden soll.