Wir haben glückliche Schweizer gefragt, was der grösste Glücks-Killer ist

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Glück

Wir haben glückliche Schweizer gefragt, was der grösste Glücks-Killer ist

Die Schweizer gehören laut einer Studie wieder zu den glücklichsten Menschen der Welt.

Alle Fotos vom Autor Die Schweiz gehört zu den glücklichsten Ländern der Welt. Im eben erschienen Weltglücksbericht nimmt die Schweiz den vierten Platz ein, nur knapp hinter Norwegen, Dänemark und Island – zwei Jahre zuvor belegte die Schweiz sogar noch den ersten Platz. Die Abstände zwischen den ersten vier Rängen sind aber so klein, dass die ersten vier Länder sich nicht signifikant unterscheiden. Die letzten Ränge werden hauptsächlich von Ländern in Afrika belegt. Auch die kriegsgebeutelten Staaten Syrien, Jemen und die Ukraine finden sich am Ende der Rangliste.

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Schon vor einer Woche belegten mit Bern, Basel und Zürich gleich drei Schweizer Städte eine Top-10-Platzierung in der "Mercer"-Studie zu den lebenswertesten Städten der Welt – Zürich belegt dabei zum wiederholten mal hinter Wien den zweiten Platz. Wir müssten also alle glücklich durch die Gegend hüpfen, nachdem wir den Gipfel der maslowschen Bedürfnispyramide erklimmt haben.

Höre ich den Leuten im Tram zu, sind es oft die gleichen Dinge, die sie bewegen: Der zu kalte Sommer, der zu warme Winter und die zwei Minuten verspätete S-Bahn. Wirkliche Probleme scheinen sie kaum zu haben. Wir haben uns bei den Alltagsexperten in Sachen Glück umgehört, was das Potential hat, selbst so problembefreite Menschen wie sie in Abgründe zu stürzen.

Pascal, 22

VICE: Die Schweiz ist beinahe das glücklichste Land der Welt. Wann wirst du unglücklich?
Pascal: Wenn ich ins Casino gehe und Geld verliere. Dort gehe ich gerne hin, in der Regel so zweimal im Monat.

Was müsste in der Schweiz besser werden, damit du glücklicher wirst?
Ich wünsche mir, dass die Schweiz toleranter wird. In der aktuellen Flüchtlingskrise ist von vielen Seiten zu viel Hass zu spüren. Die Leute sind zu wenig aufgeklärt und informiert, darum wünsche ich mir auch mehr Bildung für alle.

Die Schweiz zählt zu den glücklichsten Ländern der Welt. Bist du es auch?
Mal so, mal so. Jetzt gerade schon, nachdem ich gut zu Mittag gegessen habe.

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Jessica, 24

VICE: Mit was für Problemen schlägst du dich im Alltag rum?
Jessica: Der Prüfungsstress nervt mich. Das ist eigentlich das einzige zur Zeit. Oder vielleicht, wenn es nichts Gutes zu essen gibt.

Was muss – neben gutem Essen – erfüllt sein, damit du glücklicher wirst?
Vielleicht etwas weniger Leistungsdruck. Heutzutage musst du in der Arbeitswelt fast immer einen Studienabschluss haben, wenn du Karriere machen möchtest. Darum habe ich mich jetzt entschieden, auch studieren zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass ich mit meinem Abschluss als Kauffrau nicht den Lebensstandard erreiche, den ich mir für die Zukunft wünsche. Grosse Ansprüche habe ich keine, aber für Ferien sollte es dann schon reichen.

Bist du heute auch ohne Studium glücklich?
Ja, da ich bald mit der Lehre fertig bin. In meinem Privatleben mit Freunden, Familie und meinem Freund läuft ja alles bestens.

Anna-Lisa, 50

Wollte kein Foto

VICE: In der Schweiz sind gemäss einer Studie fast alle glücklich. Was bringt dich denn überhaupt noch auf die Palme?
Anna-Lisa: Wenn ich es nicht schaffe, Dinge die ich mir vorgenommen habe, zu erledigen. Sachen wie Staubsaugen, putzen oder Haare waschen! Wohl also eher Luxusprobleme. Oder dass ich rauche, das macht mich etwas unglücklich.

Was wünscht du dir für die Schweiz, damit du glücklicher wirst?
Mir würde gefallen, wenn sich die Leute spontaner miteinander unterhalten würden. Ein bisschen so wie in Amerika.

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Und für dein Kind, dass gerade glücklich auf der Wiese spielt?
Weniger Leistungsdruck. Aber das schicke ich ja in die Steiner-Schule, dort lernt es ganz ohne Druck.

Tim, 35

VICE: Wann wirst du unglücklich?
Tim: Wenn die Work-Life-Balance nicht stimmt. Man muss halt doch ziemlich viel arbeiten, um mit dem hohen Kostendruck hier klarzukommen. Wegen meinem Kind habe ich gerade erst auf ein Pensum von 80 Prozent reduziert. Sonst sind es Dinge, wie wenn es in der Beziehung oder Familie nicht gut läuft, die mich unglücklich machen. Materiell kann man sich in der Schweiz ziemlich wohl fühlen.

Was würdest du in der Schweiz ändern wollen, damit wir glücklicher werden?
Das ist eigentlich verrückt, dass die Leute hier trotz dem Wohlstand nicht wirklich glücklicher scheinen. Ich würde mir etwas mehr Entspanntheit und Freiheit wünschen, um Sachen zu machen, auf die man gerade Lust hat.

Du wirkst ziemlich glücklich, warum?
Mein Kind macht mich glücklich. Und ich bin auch nicht so der Typ, der auf Materielles Wert legt.

Noam, 17

VICE: Über was kann man sich in der Schweiz heute überhaupt noch aufregen?
Noam: Ich rege mich ab und zu über den ganzen Rechtspopulismus zur Zeit auf. Oder wenn es mit der Schule zu viel wird, aber das geht in der Regel schon.

Was soll sich in der Schweiz ändern – abgesehen von Prüfungen abschaffen – damit du hier glücklicher wirst?
Die Schweiz dürfte etwas sozialer sein, beispielsweise sollten wir in der Flüchtlingsfrage nicht so streng sein. Aber das betrifft mich ja nicht direkt. Das Wetter könnte auch besser sein, im Winter kann das auch mal auf die Laune drücken. Die Leute dürften hier in Zürich auch mal freundlicher sein.

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Bist du ebenso glücklich wie der Durchschnittsschweizer?
Ich bin eigentlich sehr glücklich in der Schweiz. Ich gehe in die Schule und werde studieren dürfen. Ich muss mir eigentlich keine Sorgen über meine Zukunft machen oder etwas fürchten.

Beatrice, 66

VICE: Was macht Sie unglücklich in der Schweiz?
Beatrice: Die Ungleichheit zwischen Frauen und Männer, Arm und Reich und das viele Unverständnis gegenüber anderen Kulturen und anderen Menschen. Im Alltag nervt mich einfach Achtlosigkeit im Umgang miteinander. Das sollte in der Schweiz besser werden.

Sind Sie trotzdem glücklich?
Ja, sehr. Ich habe immer meine Projekte und Herausforderungen, die man meistern muss. Das gelingt mir aber meistens gut.

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