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FIFA 16-Glitch könnte Millioneninvestitionen von Gamern wertlos gemacht haben.

Ein lang vermuteter, und gerade wahrscheinlich bewiesener Programmierfehler könnte die Millionenausgaben der FIFA Ultimate Team-Spieler wertlos gemacht haben.
Die Teamchemie spielt eine große Rolle bei FIFA Ultimate Team. | Bild: EA Sports, Screenshot Youtube

In einem kürzlich erschienen YouTube-Video nimmt sich ein Gamer einer der größten Mythen von FIFA 16 an. Und tatsächlich gelingt es ihm in dem Clip erstmals zu bestätigen, was von der Community schon lange beklagt wird, was aber bisher niemand eindeutig nachweisen könnte: Dass die vermeintlich wichtige Teamchemie beim beliebten Spielmodus FIFA Ultimate Team (FUT), die sich über In-Game-Käufe steigern lässt, tatsächlich fehlerhaft funktioniert.

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Um zu verstehen, was es mit dem Glitch auf sich hat, und wie groß die Auswirkungen tatsächlich sind, müssen wir einen Blick auf die Funktionsweise von FIFA Ultimate Team, den beliebtesten Spielmodus in der erfolgreichsten Fußballsimulation von Electronic Arts, werfen: Bei FUT geht es darum, sich anhand von Sammelkarten das bestmögliche Fußballteam zusammenzustellen und sich mit diesem Team mit anderen Spielern zu messen. Diese Karten bekommt man, indem man sie im Spiel für FIFA Coins kauft. FIFA Coins erhält man durch das Gewinnen von Matches, das Verkaufen von Spielerkarten und den Umtausch von Realgeld in FIFA Coins.

Jeder Spieler hat auf seiner Karte sechs verschiedene Attribute mit unterschiedlichen Ausprägungen (Schießen, Passen, Geschwindigkeit etc. auf einer Skala von 40 bis 99), je nach realer Spielstärke des Spielers. Neben der individuellen Stärke jedes einzelnen Spielers gibt es bei FUT noch den Wert der Teamchemie, der die Leistungsstärke der eigenen Mannschaft beeinflusst. Genau dieser Wert der Teamchemie sorgt aufgrund eines nun bestätigten Glitches für große Verwirrung und einigen Missmut unter den Gamern.

Wie die konkrete Mechanik hinter dem Faktor Teamchemie abläuft, ist ein wohlgehütetes Geheimnis von EA. Fest steht, dass das Spiel eine höhere Teamchemie ausgibt, wenn ein Spieler auf seiner bevorzugten Position und neben ihm bekannten Spielern spielt. Besitzt das eigene Team eine hohe Teamchemie (Wert zwischen 0 und 10) wirkt sich dies positiv auf die einzelnen Attribute der jeweiligen Spieler aus und verleiht ihnen einen zusätzlichen Bonus. Umso besser die Spieler und die Teamchemie, desto besser das Gesamtteam. Soweit die Theorie.

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Als FIFA 16 und das darin spielbare FIFA Ultimate Team im September 2015 veröffentlicht wurde, war bereits ein bestimmter Bestand an Spielerkarten im Spiel verankert. Diese Basiskarten haben eine große Bedeutung für das Auffinden des nun nachgewiesenen Glitches—doch der Reihe nach: Im Laufe der Zeit existieren nämlich mehrere Versionen von einzelnen Spielern, da deren Leistung über die Saison schwankt oder zur Winterpause beispielsweise der Verein gewechselt wird. Um immer auf dem neusten Stand zu sein, werden also regelmäßig neue Karten (Nicht-Basiskarten) für die selben Spieler veröffentlicht. Die alten Karten werden nicht automatisch auf den neuesten Stand gebracht, da man diese Karten nur bekommt, wenn man sich ein Bündel Sammelkarten kauft. Es kann also vorkommen, dass man mehrere Karten des selben Spielers mit unterschiedlich ausgeprägten Attributen besitzt.

An dieser Stelle liegt nun der jetzt diskutierte Glitch begraben: Der Youtuber RighteousOnix meint herausgefunden zu haben, dass Nicht-Basiskarten nicht von Teamchemieeffekten verstärkt werden—und hat seine Beweisführung in einem Video festgehalten.

In dem Video zeigt er, dass die Basiskarten der Spieler durch die Teamchemiewerte effektiv stärker werden, als die verbesserte Nicht-Basiskarte des selben Spielers samt Teamchemieeffekten. Dies hat er dadurch nachgewiesen, dass die Spieler ab einem Dribblingwert von 86 einen bestimmten Trick beim Dribbeln durchführen können, den sie bei einem Wert von 85 nicht können. Anhand einiger Spieler, die rund um den Wert 86 liegen, führt er vor, dass die Teamchemieeffekte effektiv nur auf die Basiskarten wirken und die Nichtbasiskarten von diesen Effekten nicht, oder nur in abgeschwächter Weise, betroffen sind. Diese Basiskarte eines Spielers mit entsprechenden Teamchemieeffekten kann also besser sein, als eine verbesserte Nicht-Basiskarte des selben Spielers unter den selben Bedingungen.

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Ganz links die Basiskarte mit Teamchemiewert von 4, 2 v.l. Basiskarte mit einem Teamchemiewert von 10, 3v.l. Neuere Version mit einem Teamchemiewert von 4, 4v.l. "In Form"-Karte mit Teamchemiewert von 4. Wie man sieht, hat der "Not in Form" Aubameyang mit einem Teamchemiewert von 10 bessere Attributswerte als der "in Form" Aubameyang mit einem Teamchemiewert von 4 (angenommener Teamchemiewert für Nicht-Basiskarten) Screenshot Vgl Auba. https://twitter.com/masakariprime

Spieler, die viele FIFA Coins und eventuell einiges an realem Geld in ihre FUT-Mannschaft gesteckt haben, können daher durchaus gegen statistisch schwächere Teams rein aus Basiskarten bestehend keine Chance haben. Ein Blick auf die offiziellen Zahlen von EA für das Geschäftsjahr 2016 gibt eine Ahnung, wie hoch die Umsätze des Studios durch In-Game-Verkäufe tatsächlich sind: Insgesamt belaufen sich diese innerhalb eines Jahres auf fast 1.9 Milliarden US-Dollar mit ihren Titeln FIFA Ultimate Team und Star Wars: The Old Republic. Sollte dieser Programmierfehler seit der Einführung von FUT 2009 bestehen, lässt sich erahnen, wie hoch der Gesamtbetrag an realem Geld ist, den Gamer in die virtuellen Kartenpäcken investiert haben.

EA bezieht zum neuesten Glitch-Fund gegenüber Gamestar folgendermaßen Stellung:

„Die FUT-Community hat auf eine mögliche Fitness- und Chemie-Unstimmigkeit bei einigen FUT-Objekten hingewiesen. Nachdem wir das gehört haben, haben wir die Informationen bereits am Wochenende intensiv geprüft und werden den Fall auch weiterhin gründlich untersuchen. Wir werden die Öffentlichkeit bezüglich der Untersuchungen auf dem Laufenden halten. Unser Anspruch ist weiterhin ein unterhaltsames, faires und sicheres Spielerlebnis in FIFA und FIFA Ultimate Team zu liefern und das Feedback aus der Community hilft uns dabei, dieses Ziel zu erreichen. An dieser Stelle gilt unserer Community ein besonderer Dank für den kontinuierlichen Einsatz auf allen Kanälen."

Konkret bestätigen wollte Electronic Arts den Glitch jedoch nicht.

Ob EA diese Fehlfunktion, die theoretisch seit der Einführung von FUT im Jahre 2009 im Spiel vorkommen könnte, tatsächlich jetzt erst aufgefallen ist, lässt sich nicht klären.

Allerdings bekommt ein Foreneintrag von November 2015 eines gewissen hckissa64 durch die neuesten Entdeckungen eine ganz neue Bedeutung. In einem angeblichen Gespräch mit einem Mitarbeiter des EA-Support wird ihm vermeintlich empfohlen, die Teamchemie zwischen 80 und 90 Prozent zu halten, da sich dies besser auf die Mannschaft auswirkt, als eine Teamchemie von 99. Sollte dies tatsächlich so passiert sein, wäre es ein Indiz dafür, dass EA bereits seit längerem von dieser Fehlfunktion weiss.

Wäre dies tatsächlich der Fall, dürfte sich EA großen Problemen gegenüber sehen, geben FUT-Spieler doch jährlich mehrere Millionen Euro für die virtuellen Kartenpäckchen aus, um aufgewertete Spielerkarten zu bekommen. Es bleibt abzuwarten, wie EA mit dem vermeintlichen Fund dieses Glitches umgeht und ob das Problem bis zur Veröffentlichung von FIFA 17 im Herbst behoben werden kann.