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Das größte Datenleck der Geschichte kommt auf uns zu

Was haben Messi, Putin und Poroschenko gemeinsam? Einen ziemlich ungemütlichen Montag dank der gigantischen #PanamaPapers-Recherche.
Bild: Panama Papers

Wir haben uns beinahe schon daran gewöhnt, dass sich jede Woche irgendein Datenleck auftut. Nicht immer sind diese Veröffentlichungen von solcher Bedeutung für unser aller Leben wie die Snowden-Leaks. Doch immer mal wieder gibt es Enthüllungen, deren Tragweite so enorm ist, dass sie das Potential haben, den Status Quo über alle Ländergrenzen hinweg heftig durchzuschütteln. Die Ergebnisse aus den gestern veröffentlichten #PanamaPapers gehören dazu. Sie sind das größte bekannte Datenleck der Geschichte—und die umfassendste internationale Zusammenarbeit von Journalisten aller Zeiten.

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Fast ein Jahr lang hat ein Team aus insgesamt 400 Investigativ-Journalisten aus rund 100 Medienteams an dem Leck recherchiert, das in US-Medien auch als „das Wikileaks der Ultra-Reichen und Ultra-Mächtigen" bekannt wurde.

Das ist keine Übertreibung: Es geht konkret um 11,5 Millionen Dokumente von einer anonymer Quelle, die zum Teil bis zu 40 Jahre zurückreichen und Auskunft über die Existenz und Besitzverhältnisse von 214.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen weltweit geben. Fast jedes Land der Erde ist von der Recherche betroffen. Die Daten wurden der Süddeutschen Zeitung zugespielt, die sie zur Koordination der Auswertung mit dem International Consortium for Investigative Journalists geteilt hatte.

Bild: Süddeutsche Zeitung

Reporter von Algerien über Indien bis Jemen beteiligen sich an den Recherchen und sorgen darfür, dass die PanamaPapers schon wenige Stunden nach der Veröffentlichung eine globale Story sind. Auch Edward Snowden selbst begrüßte das Leak enthusiastisch, während #PanamaPapers seit gestern auf Twitter zu den globalen Trending Topics gehört und Reddit einen eigenen Live-Update-Thread eingerichtet hat.

Biggest leak in the history of data journalism just went live, and it's about corruption. https://t.co/dYNjD6eIeZ pic.twitter.com/638aIu8oSU
— Edward Snowden (@Snowden) [April">https://twitter.com/Snowden/status/716683740903247…](<a href=) 3, 2016

Die Dokumente stammen aus der von einem Deutschen gegründeten Anwaltskanzlei Mossack Fonseca auf Panama. Sie hilft den Reichen und Mächtigen dieser Welt seit Jahrzehnten, ihr Vermögen in Scheinfirmen mit Scheindirektoren zu verstecken. Darunter sind neben FIFA-Funktionären und mexikanischen Drogenhändlern auch 140 Politiker, darunter 12 aktuelle oder frühere Weltpolitiker, wie der König von Saudi-Arabien, die Premierminister Islands und Pakistans und die Präsidenten der Ukraine und Argentiniens.

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Aber auch die Namen Verwandter und enger Freunde der Mächtigen, wie Bashar Al-Assads Cousins, David Camerons Vater, Wladimir Putins beste Freunde oder Kofi Annans Sohn finden sich in den Dokumenten. Rund zwei Billiarden US-Dollar Vermögen wurde allein durch Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin durch diverse Scheinfirmen und Banken gelotst.

Die Dokumente zeigen auch, wie über 500 große Banken bei der kreativen Erstellung der schwer zu verfolgenden Briefkastenfirmen halfen, um die Besitztümer ihrer Kunden zu verstecken. Dass diese Art der Vermögensverwaltung nicht ganz koscher ist, beweisen auch die 33 Namen von Unternehmen und Privatpersonen, die auf der Schwarzen Liste der USA stehen.

Die ersten Reaktionen gibt es auch schon, und sie sind erstaunlich: Über seine Firma Wimpris befragt, kommt der isländische Präsident ins Schwitzen. Als ein Journalist des schwedischen Fernsehsenders SVT ihn fragt, wieso er die Anteile der Firma 2009 für einen Dollar verkauft habe, antwortet der Präsident unwirsch: „Was versuchen Sie sich hier auszudenken? Das ist völlig unangemessen!", und bricht das Interview ab.

Und auch der Kanzleiteilhaber Ramón Fonseca Mora hat sich bereits zu den Vorwürfen geäußert—wenn auch etwas schwachbrüstig. „Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen", sagte der frühere Berater von Panamas Präsident Juan Carlos Varela im Fernsehsender TVN.

Mit perfektem Timing wurden die ersten Artikel aus den analysierten Dokumenten gestern um 18 Uhr veröffentlicht. Die maximale Aufmerksamkeit des Publikums war der SZ und anderen Medien sicher—sogar die Server der Süddeutschen Zeitung und des ICIJ gingen zeitweise in die Knie. Die beteiligten Journalisten scheinen eine ähnliche Veröffentlichungsstrategie wie im Fall Snowdens zu verfolgen und werden in den nächsten Tagen nachlegen. Sie machten bereits klar, dass die ersten Artikel nur der Anfang waren.