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Physiker erschafft Schwarzes Loch im Labor, um die Hawking-Strahlung zu beweisen

Jeff Steinhauer könnte eine Theorie bewiesen haben, die die Astrophysik seit 40 Jahren umtreibt.
Bild: Jeff Steinhauer | Mit freundlicher Genehmigung

Jeff Steinhauer hat sein Leben den Schwarzen Löchern verschrieben. Allerdings nicht auf diese abstrakte Weise, mit der Astrophysiker Theorien über den Weltraum entwickeln, die erst im Laufe von Jahrzehnten bewiesen werden können. Der Leiter des Labors für Atomphysik am israelischen Forschungszentrum Technion in Haifa baut die Schwarzen Löcher einfach selbst und hat sich mit seiner Forschung in die Riege bedeutender Physiker hochgarbeitet.

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„Mein aktuelles Paper befindet sich gerade in Peer-Review bei einem bedeutenden Wissenschaftsmagazin", schrieb Steinhauer Motherboard in einer E-Mail. „Es behandelt die thermische Hawking-Strahlung in einem analogen Schwarzen Loch." Das ist alles andere als ein physikalisches Nischenthema, sondern eine der großen Herausforderungen für die Astrophysik der letzten Jahrzehnte: Seit 40 Jahren wird an der Existenz der von Stephen Hawking beschriebenen Strahlung geforscht, die besagt, dass am Ereignishorizont Schwarzer Löcher Teilchen entstünden, die dem Einflussbereich des Dichtephänomens entkommen können. Nun sieht es so aus, als wäre Steinhauer der Durchbruch gelungen, diese bisher nicht experimentell bestätigten Teilchen, die unter dem Begriff Hawking-Strahlung zusammengefasst werden, nachzuweisen.

Schwarze Löcher sind Objekte in unserem Universum, in denen die Gravitation so stark ist, dass sie jegliches Licht vollständig absorbieren, sobald es den Ereignishorizont passiert hat. So lautet die allgemeine Annahme, welche unsere dunklen Mitbewohner zu geheimnisvollen Einbahnstraßen macht. Dem wiedersprach Stephen Hawking im Jahr 1975 indem er eine Strahlung postulierte, die aus dem Schwarzen Loch wieder zurückkehrt. Allerdings konnte die Hawking-Strahlung bisher nicht bewiesen werden, da sich diese Lichtjahre entfernte und gleichzeitig minimale Strahlung selbst mit den besten Instrumenten nicht messen lässt. Steinhauer, der bereits vor Jahren diesen Beweis zum Ziel seiner Forscherkarriere ausgerufen hatte, entwickelte jedoch im Labor einfach selbst ein Modell eines Schwarzes Loch.

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Für sein Exemplar, das anstelle von Licht Schall absorbiert, kühlten der Physiker und sein Team Helium in einer Magnetfalle auf weniger als ein milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt von −273,15 °C ab, und erzeugten ein Bose-Einstein-Kondensat. In einem solchen Aggregatzustand befinden sich alle Teilchen in dem selben quantenmechanischen Zustand. Sie sind nicht mehr voneinander zu unterscheiden und verhalten sich wie ein einziges quantenmechanisches Objekt.

Um dieses Kondensat nun in ein Schwarzes Loch zu verwandeln, musste eine Art Strudel erzeugt werden. Dafür beschleunigten die Forscher mit einem Laser einen Teil des Kondensats auf Überschallgeschwindigkeit, sodass in dem Objekt Regionen mit Überschallgeschwindigkeit und andere mit Unterschallgeschwindigkeit vorherrschten. Somit entstand eine Barriere, dem Ereignishorizont ähnlich, der kein akustisches Signal mehr entkommen konnte.

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Doch die Theorie wurde eines besseren belehrt, als Steinhauer durchaus Spuren von Phononen, winzigen Schallquanten, aus denen sich Soundwellen zusammensetzen, feststellen konnte. Das bedeutet, dass Informationen wieder über den Ereignishorizont hinaussickern könnten.

Fünf Jahre hat Steinhauer an den Messungen und der Interpretation seiner Daten gearbeitet—ein Teil seiner Ergebnisse ist bereits in einem Paper bei arXiv.org einzusehen. Längst debattieren zahlreiche Wissenschaftler über seine erstaunlichen Untersuchung und darüber, ob sich die Hawking-Strahlung wirklich auf diese Weise nachbauen lassen kann. „Die Ergebnisse sind großartig", äußerte sich beispielsweise die Physikerin Silke Weinfurtner von der University of Nottingham, die ebenfalls über die Hawking-Strahlung forscht gegenüber dem Telegraph. „Jeff hat unglaubliche Arbeit geleistet, auch wenn ein paar seiner Behauptungen noch diskutiert werden müssen. Aber die Diskussion lohnt sich."

Sollten die Ergebnisse verifiziert werden, könnte sie nicht nur eine Grundlage für eine Quantentheorie der Gravitation liefern, sondern Jeff Steinhauer könnte Stephen Hawking für sein Lebenswerk den Nobelpreis bescheren.