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Umwelt

In weniger als 40 Jahren gibt es mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen

Bereits jetzt vergiftet Plastik Fische und andere Meerestiere. Die Zukunft sieht aber noch düsterer aus: Bis 2025 kommen auf drei Tonnen Fisch im Schnitt je eine Tonne Plastikmüll. 2050 wird sogar mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen schwimmen.
Photo via Flickr user vintagedept

Schon Dustin Hoffman hat 1967 in Die Reifeprüfung einen weisen Rat fürs Leben bekommen: Plastik ist die Zukunft. Wer schon damals in Plastik investiert hat, steht jetzt wahrscheinlich ganz schön gut da, schließlich ist fast alles aus Kunststoff: Spielzeug, Einwegflaschen und Einkaufstüten.

Rückblickend könnte man diese Szene aber auch als eine dunkle Prophezeiung interpretieren: Mittlerweile ertrinkt unser Planet förmlich in Plastikmüll, denn ein Großteil davon landet in den Ozeanen—das ist die traurige Wahrheit. Ein neuer Bericht der Ellen MacArthur Foundation und des Weltwirtschaftforums zeichnet aber ein noch düsteres Bild für die Zukunft: Bis 2025 kommen auf drei Tonnen Fisch im Schnitt je eine Tonne Plastikmüll. 2050 wird sogar mehr Plastik als Fische nach Masse in unseren Ozeanen schwimmen.

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Letztes Jahr berichtete eine Forschergruppe aus Los Angeles, dass über fünf Billionen Plastikteile in unseren Weltmeeren treiben, die oft so klein sind, dass Meerestiere sie einfach essen. Über die Fische gelangt das Plastik dann in die menschliche Nahrungskette und landet somit am Ende auf unseren Tellern.Die gefährlichen Folgen für die Gesundheit durch Chemikalien, Zusatzstoffe und Hormone in Kunststoffen sind seit langem bekannt. Plastik zieht außerdem andere Schadstoffe und Umweltgifte im Wasser magisch an. In Studien hat sich gezeigt, dass Fische, die Plastikteile fressen, häufiger Leberschäden und Tumore aufweisen.

Der riesige Müllstrudel im Nordpazifik, der „Great Pacific Garbage Patch", ist bei Weitem nicht das Ende der Fahnenstange. Die Zahlen im neuen Bericht gehen noch einen Schritt weiter in Richtung Plastik-GAU: Zur Zeit landen pro Jahr mindestens acht Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren, was einer ganzen LKW-Ladung pro Minute entspricht. Bis 2030 wird das auf zwei und bis 2050 auf vier Lastwagen pro Minute ansteigen.

Derzeit werden weltweit 311 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Allein in den nächsten 20 Jahren wird sich diese Menge verdoppeln und bis 2050 dann auf 1,12 Milliarden Tonnen ansteigen. Sicher kann Recycling dabei helfen, dass kein Plastikmüll mehr im Ozean landet. Allerdings ist das nicht das einzige Problem bei Einwegprodukten aus Plastik—egal ob sie recycelt werden oder nicht.

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„Plastik ist wegen seiner Eigenschaften das ideale Material unserer modernen Wirtschaft", so Dr. Martin R. Stutchey vom McKinsey Center for Business and Environment, das an dem Bericht mitgewirkt hat. „Leider ist Plastik aber eben auch ein Einwegprodukt. Je mehr produziert wird, desto kostenintensiver wird das und desto mehr schadet es auch der Wirtschaft."

Sechs Prozent des weltweit geförderten Erdöls wird heute für die Plastikproduktion verwendet—genauso viel, wie im Luftfahrtsektor verbraucht wird.Das soll bis 2050 noch auf 20 Prozent steigen. Für die Herstellung von Plastik wird 1 Prozent des sogenannten Kohlenstoff-Budgets verbraucht, also der Maximalmenge an Emissionen, die eine Erderwärmung um mehr als zwei Grad Celsius verhindern kann. Weltweit sind sich Experten einig: Um die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, darf diese Temperaturgrenze nicht überschritten werden. 2050 wird die Plastikproduktion 15 Prozent des Kohlenstoff-Budgets verschlingen.

Das Gute ist, dass Plastik recycelt werden kann, allerdings trifft das tatsächlich nur auf fünf Prozent aller Kunststoffprodukte zu. 40 Prozent landen auf den Müllkippen und ein Drittel in der freien Natur. Auch wirtschaftlich rentiert sich das Recycling nicht: Weil der Ölpreis derzeit so niedrig ist, ist es billiger, neues Plastik herzustellen, als altes zu recyceln.

Um das Schreckensszenario einer Plastikpandemie noch abzuwenden, müssen wir unseren Umgang mit Kunststoffen komplett überdenken, so der Bericht. Das Wichtigste wäre dabei, Recycling wirtschaftlich rentabler zu machen und die Recyclingmethoden zu verbessern. Plastikmüll müsste gesammelt werden, sodass er dann recycelt werden kann—dafür braucht es entsprechende Anreize und Maßnahmen. Außerdem müssten neue Materialien als Plastikersatz entwickelt und das Produktdesign verbessert werden, damit Verbraucher Kunststoffprodukte auch wiederverwenden.

Wenn man das Plastikproblem nicht in den Griff bekommt, steht unsere gesamte Lebensmittelproduktion auf dem Spiel. Plastik ist nicht nur gefährlich für Fische und andere Meeresbewohner, die ein wichtiger Bestandteil der natürlichen und menschlichen Nahrungskette sind, sondern auch gefährlich für den Planeten: Das Erdöl für die Plastikherstellung heizt unsere Erde auf und führt in der Folge zu erschwerten Anbaubedingungen für andere Lebensmittel. Wenn wir auf Plastik verzichten, können wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, andere Gefahren, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen, abzuwenden oder zumindest abzuschwächen.

Doch das wird nicht leicht. Dafür sind Schritte notwendig, die einer Reise zum Mars gleichkommen. Wenn wir aber in Zukunft Fisch ohne Plastik essen wollen, sollten wir unsere Köpfchen mal anstrengen und nach praktikablen Lösungen suchen, um endlich keinen Plastikmüll mehr zu produzieren.