Über 20 Millionen Dollar. So viel sollen laut einem Bericht von ESPN Organisationen zahlen, die ein Team in der Overwatch League platzieren wollen, die noch dieses Jahr starten soll. Das fällt zusammen mit dem Ausstieg von gleich sechs Profi-Teams in kurzer Zeit. Die Gerüchteküche brodelt: Ist Blizzard vom immensen Erfolg von Overwatch (laut Blizzard über 30 Millionen Spieler weltweit) geblendet und setzt deshalb auf sympathische Milliardäre? Lässt Blizzard die Spieler und die Organisationen zurück, die es erst so groß gemacht haben? Die tatsächliche Lage ist etwas komplizierter.
Alleine die Regeln für die Teilnahme an der Overwatch League sind nicht gerade einfach: Unternehmen können von Blizzard einen Team-Slot für eine US-Großstadt wie New York oder Los Angeles kaufen. Damit erwerben sie das Recht, das Team für diese Stadt zu stellen, wie Blizzard in einem Video erklärt. Die passenden Spieler sollen sie in der Vor-Saison finden. Geld verdienen die eSports-Unternehmen dann klassisch durch Sponsoring-Verträge und durch eine Beteiligung an Blizzards Gewinnen aus Shirts, Merchandising und was auch immer alles bei großen Sportveranstaltungen eben so anfällt. Hier werden die Probleme mit den wirklich hohen Einkaufssummen deutlicher. Denn erst 2021, also vier Jahre nach dem Start der Overwatch League, soll überhaupt Geld fließen.
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Sind also die hohen Gebühren und die unsicheren Gewinnbeteiligungen schuld daran, dass jetzt Organisationen wie Complexity, Team SoloMid oder Splyce ihre Overwatch-Teams fallen lassen? Wahrscheinlich (das legt zumindest ein ehemaliger Team SoloMid-Spieler nahe), aber nicht nur. Denn wie der Co-Besitzer von Splyce, Marty Strenczewilk, in einem Video erklärt gibt es noch mehr Probleme bei Overwatch als eSport: “Bevor wir mehr Geld in dieses Spiel investieren, möchten wir verstehen, worin wir überhaupt investieren. Es gibt im Moment ein paar Meisterschaften mit Preisgeldern von 5.000-10.000 US-Dollar, insgesamt gibt es aber einfach nicht so viel zu holen.”
Strenczewilk betont dabei, es ginge Splyce explizit nicht um die Berichte über die hohen Registrierungsgebühren oder den Ausstieg anderer Teams, die Entscheidung sei schon Wochen davor getroffen worden. Auf eine Anfrage, das zu präzisieren, hat sich Strenczewilk vor Redaktionsschluss nicht bei Motherboard zurückgemeldet.
Mit eSport-Innovationen auf die noch größere Bühne
Das Franchising-Modell, das Blizzard aktuell wohl plant, ist für eSports relativ neu. Riot Games, Entwickler von League of Legends, der Nummer Eins unter den eSports-Spielen, plant für seine Liga LCS dieses Jahr ein ähnliches Modell, zumindest in den USA und in China, sagt uns eine Sprecherin. Wie viel Slots für Teams kosten werden, wird aber noch nicht nach außen kommuniziert. Der Kauf und Verkauf von Slots war bisher nur möglich, wenn Teams ihren Platz aus diversen Gründen räumen mussten. Dann hat aber immer das verkaufende Team den Preis selbst bestimmt.
Bleibt also die Frage: Warum könnte Blizzard eine solche Aktion überhaupt planen? Eine Antwort bleibt uns der Entwickler schuldig. Sie wollen den ESPN-Bericht aktuell nicht kommentieren und verweisen uns auf Anfrage nur auf die – wenig aussagekräftige – offizielle Infoseite der Overwatch League. Denkbar ist aber eben der Versuch, Overwatch aufgrund seiner Beliebtheit auf die ganz große US-Sport-Tribüne zu hieven, neben Basketball, Football und Eishockey. Wie ESPN berichtet könnte das eben mit Hilfe der Besitzer großer Teams wie der New England Patriots passieren. Ein Move, der tatsächlich klappen könnte. Oder auch nicht. Auf jeden Fall scheinen die Probleme von Overwatch als eSport tiefer zu liegen als nur die 20 Millionen Dollar hohen Registrierungsgebühren.
Update (12.05.17, 14:53): Mittlerweile gibt es auch von Blizzard eine Stellungnahme, hier aus dem Englischen übersetzt und leicht gekürzt: “Erstens: Unser Ziel ist es, ein spannendes Overwatch eSports-Ökosystem zu kreieren, dessen Höhepunkt eine Overwatch League werden wird, die für ein breites Publikum zugänglich ist, nachhaltig und lohnenswert für alle Beteiligten ist. Wir tun unser Bestes, dieses Ökosystem zu bauen und, wie mit vielem, was wir tun, verraten wir nichts bis es für uns Sinn ergibt. Zweitens: Wir möchten die Gerüchte zerstreuen, wir würden eSport-Organisationen ignorieren. Sie sind uns bei Blizzard im Gegenteil sehr wichtig. Die Liga ist aufgebaut aus den besten Element von eSports-Organisationen und traditionellen Sport-Organisationen und wir sind in aktiven Verhandlungen mit vielen Teams und Besitzern aus beiden Welten. Diese Gespräche laufen gut und es gibt hohe Vorfreude auf unsere ambitionierten Pläne.” Ein längere Fassung, inklusive Medienschelte, gibt es hier.