Panzer für die Polizei: Das große CSU-Terror-Bullshitbingo geht weiter

Eines der Panzerfahrzeuge, mit denen die CSU die Polizei ausrüsten will: der Eagle IV. Foto: IMZ (Bundeswehr)

Genau an dem Tag, als in Paris zwei mit Sturmgewehren bewaffnete Männer in die Büros von Charlie Hebdo stürmten und 12 Menschen erschossen, hatten sich die Bundestagsabgeordneten der CSU wie jedes Jahr zur „Winterklausur” in Wildbad Kreuth versammelt, um über Sicherheitspolitik zu diskutieren.

Als Reaktion auf den Angriff verfassten die Abgeordneten ein Positionspapier, das mit den Worten „Der barbarische, abscheuliche und menschenverachtende Anschlag auf eine französische Zeitung in Paris erschüttert uns alle zutiefst” beginnt. Die Erschütterung schien bei den Abgeordneten aber nicht so weit zu gehen, dass man sich ernsthaft überlegt hätte, wie man solche Terroranschläge in Zukunft verhindern kann.

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Stattdessen lassen CSU-Innenpolitiker seit den Anschlägen keine Gelegenheit aus, um lautstark jeden daran zu erinnern, dass sie aus der Realität absolut nichts gelernt haben. Zuletzt war es der innenpolitische Sprecher der Union, Stephan Mayer, der in einem Vortrag zum Thema „Lehren und Konsequenzen aus dem Pariser Attentat” auf dem Europäischen Polizeikongress allen Ernstes forderte, die Bundespolizei müsse jetzt mit Panzern ausgestattet werden. Außerdem solle man darüber nachdenken, Polizisten mit schusssicheren Westen auszustatten, die auch Kugeln einer Kalaschnikow abhalten können—was bedeuten würde, dass die Beamten sich daran gewöhnen müssten, mit 12 Kilo schweren SK4-Westen durch die Gegend zu stapfen.

Falls die Polizei darauf keine Lust hat, hat Mayer aber schon eine andere Lösung parat: Einfach die Armee gleich selbst im Innern einsetzen. „Es ist selbstverständlich, dass der Staat bei herausragenden Gefährdungen seiner Bürgerinnen und Bürger alle ihm zulässigerweise zur Verfügung stehenden Mittel nutzen muss, um diese Gefahren abzuwehren”, hatte er dem Handelsblatt schon im Januar erzählt. Das könne „unter engen Voraussetzungen auch im Falle einer terroristischen Bedrohung in Betracht kommen”. Auch wenn das ein altes Lieblingsthema der CSU ist (der damalige Innenminister Friedrich hatte das schon 2011 gefordert), sollte das schwierig werden, da die Bundeswehr nach dem Grundgesetz nur in absoluten Ausnahmefällen im Inland eingesetzt werden darf.

Wieso man Anschläge wie die in Paris ausgerechnet dadurch verhindert, indem man die Polizei mit Kriegsgerät ausstattet oder die Bundeswehr im Land patrouillieren lässt, das erklärte Mayer beim Polizeikongress nicht. Stattdessen ging er nahtlos zu seinem echten Lieblingsthema über: der Vorratsdatenspeicherung.

In der CDU/CSU gilt die Vorratsdatenspeicherung immer noch als ein großartiges Instrument zur Terrorismusbekämpfung—auch nach den Pariser Anschlägen wurden Unionspolitiker von Merkel über de Maizière zu Mayer nicht müde, ihre Wiedereinführung zu fordern. Der CSU ist das Thema sogar so wichtig, dass sie dazu ein kleines Erklärvideo gedreht hat—obwohl das vor Fehlern und Verharmlosungen so strotzt, dass man eigentlich von einer Desinformationskampagne sprechen kann:

Das Problem ist nur, dass es bis jetzt immer noch keinen einzigen Hinweis gibt, dass diese Maßnahme irgendwas zur Verhinderung von Terroranschlägen beiträgt—tatsächlich gibt es Vorratsdatenspeicherung in Frankreich schon seit 2006. Die französischen Behörden hätten die aber nicht mal gebraucht, um die Kouachi-Brüder zu überwachen—die waren den Geheimdiensten schon länger als gefährlich bekannt.

Diesen Einwand findet Mayer allerdings „zynisch”. „Die Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel, aber der Zugriff auf Kommunikationsdaten zeigt schnell, ob es sich bei einem Anschlag um einen Einzeltäter oder um ein Netzwerk handelt, wie es die Kouachi-Brüder bildeten.”

Das mag stimmen, aber diese Art der Nachbereitung müsste man gar nicht erst machen, wenn man die Attentäter vorher genauer beobachtet hätte—wozu offensichtlich ausreichend Verdacht bestand. Stattdessen will die CSU (und mit ihr die Union und Teile der SPD) die Daten von allen Bürgern speichern lassen.

Terroranschläge wie die von Paris und Kopenhagen sind auch deshalb schwer zu verhindern, weil die Terroristen—anders als normale Bürger—sich vorher natürlich alle Mühe geben, ihre Kommunikation und Bewegungen geheim zu halten. Um sie trotzdem zu entdecken und vorzubeugen, muss man weder die Kommunikationsdaten aller Bewohner Deutschlands aufnehmen, noch an jeder größeren Kreuzung Panzer aufstellen. Vielleicht sollte man lieber mehr Geld für Beamte ausgeben, die gezielt auf intelligente Art und Weise Terroristen jagen. Oder man spielt halt weiter Bullshitbingo.