Paris Hilton hat sich als Meme-Königin neu erfunden

Am 9. Juli, rund zehn Jahre nachdem sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, postete Paris Hilton bei Twitter: “Sie: Du kannst nicht einfach Menschen aus deinem Leben löschen”, gefolgt von “Ich:” und einem Bild von ihr in Gefängnisuniform, wie sie ein Graffiti übermalt. Die selbstironische Anspielung auf ihre Sozialstunden brachte ihr über 100.000 Retweets und fast 200.000 Likes. Es sollte nicht ihr letzter viraler Tweet sein.

War die Hotelerbin vor den Hochzeiten der Kardashians noch vor allem als Prototyp des Promis bekannt, die vermeintlich nichts kann und genau dafür berühmt ist, hat sie es mittlerweile zur Internetkönigin gebracht. Alte Bilder aus den 2000ern – wie das, auf dem sie sich selbst in einem Seitenspiegel anstarrt – sind auf Instagram und Twitter zu vielgeklickten Memes geworden. Ihr Post mit einer The Simple Life-Anspielung wurde über 116.000 mal geteilt. Noch vor elf Monaten schaffte es ein Bild von ihr mitsamt 08/15-Hashtag auf gerade mal 167 Retweets.

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Wie uns die Geschichte Hollywoods lehrt, haben sich Stars wie Betty White und Angela Lansbury so lange im Geschäft gehalten, weil sie schafften mit der Zeit zu gehen und dabei sie selbst zu bleiben. Hiltons neues Image als FuckJerry des 2000er Popkultur-Twitterversums funktioniert aufgrund ihres Status als Ikone simplerer Zeiten. Sie ist ein Symbol für das, wonach sich viele junge Menschen in Zeiten von Terror, Flüchtlingskrise und drohenden Atomkriegen sehnen.

“Für Paris lief es 2005 ziemlich gut. Es ist fast beruhigend, sich an diese Zeit zurückzuerinnern, weil sie wortwörtlich sorgenfrei war”, erklärt der Marketing-Experte Wynter Mitchell, der schon an Social-Media-Kampagnen für andere Stars wie Joss Whedon mitgearbeitet hat. “Hilton ist unglaublich eng mit dieser Ikonographie verbunden.”

Gleichzeitig hat die 36-Jährige verstanden, wie sie ihre absurdesten Momente aus der Vergangenheit mit Aussagen verbinden kann, mit denen sich auch ein Teenager identifizieren kann, der nicht mit reichen Eltern aufgewachsen ist. Unter “Mein Schwarm: Ich will jemanden, der weiß, wie man kocht. Ich:”, packte sie das legendäre Video, in dem sie mit einem Bügeleisen kocht. Ein Foto von ihr, auf dem sie in einem pinken Kleid aus einem pinken Auto steigt, versah sie mit der Bildunterschrift “Mittwochs tragen wir pink”. Auf “Wenn jeder erwartet, dass du verkatert aufwachst, aber du dich morgens gut fühlst” folgte ein gutgelauntes Foto mit der Aussage “Bonjour Bitch”.

Über 19.000 Menschen retweeteten: “Wenn dich Leute hassen, die du gar nicht kennst, dann weißt du, dass du zu den Besten gehörst”, und über 48.000 Menschen teilten das Wortspiel: “What is Walmart, do they sell like wall stuff?”, was sich einfach nicht angemessen ins Deutsche übersetzen lässt.

“Die banalsten Statements haben die größte Zugkraft”, erklärt Mitchell. Vor allem, wenn die Posts uns so sehr an die Zeiten erinnern, in denen pinke Velour-Trainingsanzüge noch angesagt waren und nicht Trump sondern Lindsay Lohan und Britney Spears die Titelseiten dominierten.

Interessant ist dabei allerdings, dass viele Vertreter der Generation Z Paris Hilton erst durch ihre viralen Tweets kennenlernen dürften. Jugendliche, die nie The Simple Life geguckt oder sich ungläubig gefragt haben, ob man wirklich allein dadurch zum Superstar wird, dass man reich ist und sich vor der Kamera zum Affen macht. Zur Hochphase von MySpace lernte die Generation Z gerade Laufen. Die Jugendlichen von Heute wachsen mit einer Medienlandschaft auf, in der Reality-Stars keine krude Neuerscheinung, sondern die Regel sind.

Hiltons selbstreferentiellen und sich oft selbst auf die Schippe nehmenden Memes illustrieren, wie sie sowohl Pionierin in Sachen “famous for being famous”, als auch der Archetyp des frechen und mit der Öffentlichkeit kommunizierenden Reality-Stars war. “Ihre Tweets sprechen die Generation Z an, die sich wahrscheinlich darüber wundert, wie das Starlet sich so lange im Geschäft hält und was es für die Ära von vor zehn Jahren bedeutet hat”, erklärt Mitchell.

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Auch wenn Paris Hilton insbesondere zu Beginn ihrer Karriere als naives Dummchen abgetan wurde, hatte sie schon immer ein Talent dafür, sich im Rampenlicht zu halten. Als sie dem Reality-TV den Rücken zukehrte, erfand sie sich inmitten des EDM-Hypes als DJ neu. Heute erreicht sie die junge Zielgruppe eben mit selbstironischen Memes und bleibt ihrem öffentlichen Bild dabei trotzdem treu.

“Egal, was sie tweetet”, sagt Mitchell, “sie bleibt immer Paris.” In diesem Sinne: Lang lebe die Meme-Königin!

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