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Das Wissen der Menschheit soll ein Backup auf dem Mond bekommen

Sollte eines Tages die Welt untergehen, wird zumindest Wikipedia überleben. Ein ambitionierter Unternehmer will jetzt 25 Millionen Seiten der Enzyklopädie ins All schicken.
Bild: Arch Mission Foundation 

Die Zukunft der Menschheit ist ungewiss. Es könnte ja ein Finger auf dem Atomknopf ausrutschen oder ein Killer-Asteroid aus dem Nichts kommen. Damit das Wissen der Menschheit auch bei der schlimmsten Katastrophe erhalten bleibt, möchte ein US-Unternehmer nun eine Sicherungskopie erstellen – und zwar auf dem Mond. Dazu möchte er mikroskopisch kleine Kopien aller englischsprachigen Wikipedia-Artikel ins All schicken.

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Die Idee erinnert an die Bibliothek von Alexandria, die bedeutendste Bibliothek der Antike, die bei einem großen Feuer zerstört worden sein soll, wodurch der Wissensstand der Menschheit um Jahrhunderte zurückgeworfen worden sei. Historisch belegt ist diese Geschichte aber nicht. Heute gilt die Online-Enzyklopädie Wikipedia als moderne Bibliothek der Menschheit: Hier sammeln sich in über 300 Sprachen Millionen Beiträge über Geschichte, Literatur, Wissenschaft und Pop-Kultur. Dieses Wissen muss unbedingt bewahrt werden, finden der US-amerikanische Investor Nova Spivack und die von ihm mitgegründete Arch Mission Foundation.

Schon jetzt ist Wikipedia deutlich besser geschützt als die antike Bibliothek von Alexandria: Die Enzyklopädie existiert nicht an einem Ort, sondern ist auf verschiedene Server auf der ganzen Welt verteilt. Somit sind die Inhalte vor Zensur oder einem Großbrand geschützt. Auch ist es heute viel einfacher, Inhalte von Wikipedia lokal abzuspeichern. Sie müssen schließlich nicht mühsam per Hand auf Schriftrollen übertragen werden wie vor mehr als 2.000 Jahren.

Eigentlich kann Wikipedia nur zerstört werden, wenn die Erde zerstört wird – und deshalb möchte die Arch Mission Foundation alle 25 Millionen Seiten der englischen Version von Wikipedia ausdrucken und auf den Mond schicken. Selbst wenn die Menschheit eine globale Katastrophe erleben sollte, kann so ein umfassendes Zeugnis unserer Existenz viele Jahrtausende überdauern.

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Kleine Archen sollen das Wissen der Menschheit bewahren

Die Arch Mission Foundation wurde 2016 gegründet und hat das Ziel, Archive des menschlichen Wissens ins Weltall zu schicken. Diese Archive werden von den Initiatoren selbst als Archen bezeichnet. Die Idee zu dem Projekt stammt aus der Foundation-Trilogie von Isaac Asimov. In der Science-Fiction-Reihe versuchen Wissenschaftler und Künstler, das Wissen der Menschheit vor dem drohenden Untergang des galaktischen Imperiums zu retten.

Drei der Quarz-Scheiben, auf denen Asimovs 'Foundation'-Trilogie gespeichert ist. Eine von ihnen wurde mit Elon Musks Roadster ins All geschossen | Bild: Arch Mission Foundation

Anfang des Jahres ist die erste "Arche" bereits mit Elon Musks Roadster ins All gestartet. Musk war über Twitter auf Spivacks Projekt aufmerksam geworden. Die Arche bestand aus einer Quarz-Glasscheibe, auf der Isaac Asimovs Foundation-Trilogie mit der vom Physiker Peter Kazansky entwickelten 5D-Technik eingraviert worden war.

Auf solchen Quarz-Glasscheiben sollen eines Tages bis zu 360 Terabyte Daten gespeichert werden können. Noch ist das aber zu zeitaufwändig und teuer, wie Spivack im Gespräch mit Motherboard erklärt. Um alle Einträge von Wikipedia zum Mond schicken zu können, musste daher eine effizientere Methode gefunden werden, um viele Daten auf kleinstem Raum zu speichern, die den rauen Bedingungen auf dem Mond trotzen können.

Wie man eine Bibliothek für die Ewigkeit erstellt

Spivack wollte keine traditionellen Speichermedien wie SSD-Laufwerke verwenden, sagte er, weil sie anfälliger für Schäden durch Weltraumstrahlung sein könnten. Außerdem ist nicht garantiert, dass jemand, der die Daten in der Zukunft findet, solche Geräte auslesen kann. Stattdessen beschloss Spivack, eine Kopie der gesamten englischsprachigen Version von Wikipedia in einem mikroskopisch kleinen Format abzudrucken. Es handelt sich um etwa 6 Millionen Artikel, die sich über 25 Millionen Seiten erstrecken.

Ein Prototyp der Nickelplatte, auf der Hunderte Seiten gedruckt sind. Sie können mit einem Mikroskop mit 1.000-facher Vergrößerung gelesen werden | Bild: Arch Mission Foundation

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Dafür tat sich die Arch Mission Foundation mit einem Chip-Hersteller zusammen, dessen Namen Spivack aber nicht nennen wollte. Gemeinsam entwickelten sie eine Technik weiter, mit der sich sehr kleine Bilder auf Metall drucken lassen. Dabei werden sie auf hauchdünne Nickel-Plättchen gedruckt. Eigentlich wird das benutzt, damit Betrüger nicht einfach so Münzen fälschen können. Nun will Spivak damit eine Disk mit 25 Millionen Wikipedia-Seiten bedrucken. Sie soll in etwa so groß wie eine DVD sein und aus Hunderten übereinanderliegenden Schichten bestehen.

Spivack zufolge sollte jeder Mensch (oder Außerirdische), der das Mond-Archiv in der fernen Zukunft findet, die Wikipedia-Seiten mit einem Mikroskop bei 1.000-facher Vergrößerung lesen können – vorausgesetzt, er kann etwas mit Englisch anfangen.

Das Mond-Backup der Wikipedia wird von einem Laser gedruckt, der 300.000 Punkte pro Zoll drucken kann. Zum Vergleich: Die meisten handelsüblichen Drucker kommen auf 4.800 Punkte pro Zoll. Spivack schätzt, der Laser wird für die 25 Millionen Wikipedia-Seiten einen Monat lang arbeiten.

So sehen die Seiten auf der Nickel-Platte aus der Nähe aus | Bild: Arch Mission Foundation

Die Wikipedia-Kopie soll 2020 auf dem Mond landen

Zusätzlich zur englischsprachigen Version von Wikipedia soll die Mond-Arche auch eine Kopie des Rosetta-Projekts beherbergen – eine digitale Bibliothek aller Sprachen, die von der Long Now Foundation zusammengestellt wurde. Auch Wikipedia-Artikel in anderen Sprachen sollen auf die Platte gedruckt werden, wenn noch genügend Platz ist.

Die Mond-Arche soll von Astrobotic transportiert werden; das ist ein privates Unternehmen, das bis 2020 auf dem Mond landen will. Astrobotic wird neben der Mond-Arche unter anderem auch das "Moon Museum" der Carnegie Mellon University, einen kleinen Rover und die Asche von Verstorbenen mit sich führen. Spivack hofft derweil, dass seine kosmische Sicherungskopie der Wikipedia Menschen inspiriert – auch ohne drohenden Weltuntergang.

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