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Rechtspopulismus

Die AfD bietet Demonstranten Geld – und lügt dann darüber

"Ist doch nett!" – Uwe Junge, AfD-Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz
Uwe Junge, Collage aus: imago | Torsten Silz

10.000 Teilnehmer – eine sportliche Zahl, die die AfD für ihre Demo im Berliner Regierungsviertel am Sonntag angemeldet hat. Seit Wochen wirbt die Partei auf allen Kanälen für die Veranstaltung, die zum "Tag der Abrechnung mit der verantwortungslosen deutschen Politik" werden soll. Trotzdem gibt es offenbar Schwierigkeiten, genug Kameraden zusammenzubringen. Deshalb hat die AfD in Rheinland-Pfalz beschlossen, die Demo-Teilnahme mit 50 Euro zu belohnen.

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Das geht aus einer internen E-Mail hervor, die die Recherche-Plattform "Exif" auf Twitter veröffentlichte. Absender der Mail ist Uwe Junge, Landesvorsitzender der AfD in Rheinland-Pfalz und Besitzer eines beeindruckenden Walross-Schnurrbartes. Weil "die Resonanz auf unser Transportangebot mit Bussen sehr gering war und wir diese Idee deshalb verworfen haben", schreibt Junge, habe man entschieden, stattdessen "den ersten 30 Mitgliedern, die ihre Teilnahme an der Demonstration […] nachweisen können, einen Zuschuss von 50 € je Mitglied" auszuzahlen. Unterzeichnet ist die E-Mail von den beiden Organisatoren der Demo, Guido Reil und Steffen Königer, die auch Mitglieder des Bundesvorstands der Partei sind.


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Die Mail verbreitet sich seit ihrer Veröffentlichung gestern Nachmittag immer weiter im Netz – und sorgt für reichlich Spott. Das liegt auch daran, dass AfD-Politiker regelmäßig die Verschwörungstheorie verbreiten, die Regierung bezahle "die Antifa" dafür, gegen rechte Demos auf die Straße zu gehen. Der Vorwurf hat zahlreiche Satire-Seiten wie "Antifa GmbH" oder "Der Vorstand von Antifa e.V." ins Leben gerufen. Dass die AfD jetzt offenbar wirklich Menschen mit Geld auf ihre Demo locken will, ist für ihre Gegner natürlich eine Steilvorlage.

Dementsprechend kopflos reagierte dann auch die AfD-Führung – und verstrickte sich in immer eigenartigeren Lügen zum Thema. "Das ist absoluter Quatsch", sagte Steffen Königer, einer der Unterzeichner der E-Mail, der Berliner Morgenpost noch am Mittwochmorgen. "Weder die Partei noch irgendeine Untergliederung hat vor, Parteimitglieder dafür zu bezahlen, dass sie zu der Demo fahren."

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Als tagesschau.de dann aber im Laufe des Vormittags beim Parteisprecher Robin Classen in Rheinland-Pfalz nachfragte, bestätigte der die Echtheit des Schreibens. Weil der Bus eben nicht voll wurde, habe man sich "für die flexiblere Lösung des Zuschusses entschieden".

Kurz darauf gab dann auch Steffen Königer auf einer Pressekonferenz zu, dass die E-Mail echt sei, erklärte aber, das mit dem Zuschuss sei "die Idee eines Einzelnen, die nicht abgesprochen war" gewesen. Einen Beschluss des Landesvorstands in Rheinland-Pfalz habe es jedenfalls nie gegeben, sagte Guido Reil. "Bei uns gibt es so etwas nicht", fügte Königer hinzu.

Aber auch das scheint nicht zu stimmen: Ungefähr gleichzeitig erzählte der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge nämlich dem Portal t-online , dass der Landesverband wirklich 1.500 Euro genau dafür beiseite gelegt habe. Junge bezeichnete die Zahlung als eine Art "Gag": "Wir bezahlen ja nicht alle, sondern geben nur 30 Leuten einen Zuschuss und sie können sich mit mir fotografieren lassen. Ist doch nett." Pressesprecher Classen erklärte später, dass "eine subventionierte Anreise zu einer Parteiveranstaltung" nichts, aber auch gar nichts mit "bezahlten Demonstranten" zu tun habe.

In der Bundes-AfD sorgt die Initiative der Rheinland-Pfälzer augenscheinlich nicht für besonders viel Begeisterung. Dabei könnte die Partei dringend kreative Konzepte gebrauchen, um die Teilnehmerzahl für ihre Demo zu erhöhen: Auf Facebook haben nämlich bisher erst knapp über 750 Leute zugesagt.

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