Wer ist Christian Hafenecker, der neue Generalsekretär der FPÖ?
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Schwarz-blaue Geschichten

Wer ist Christian Hafenecker, der neue Generalsekretär der FPÖ?

Christian Hafenecker folgt der Salzburger Parteichefin Marlene Svazek als Generalsekretär der FPÖ und steigt damit zu einem der mächtigsten Männer innerhalb der Partei auf.

Irgendwie erinnert Christian Hafenecker einen an Stan Smith aus der US-amerikanischen Zeichentrickserie American Dad – und das gleich auf mehreren Ebenen.

Da ist zum einen Hafeneckers Leidenschaft, sich auf Facebook selbst als Comicfigur darzustellen. In mindestens 17 Bildern tut er das: beim Feiern, beim Biertrinken, zu Weihnachten, beim Fußballspielen, als Jon Snow, beim Weinen, beim Freuen, beim Resignieren, beim Anpacken, beim Tagträumen und in einigen weiteren, nicht klar definierbaren Situationen.

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Zum anderen ist Christian Hafenecker für die FPÖ, was Stan Smith als Persiflage repräsentiert: ein Prototyp seiner Partei. Smith verkörpert in American Dad eine Art Urform des "White Trumpist", der als patriotischer CIA-Agent die republikanischen Werte Kapitalismus, Konservativismus und Gottesfürchtigkeit vertritt, einen notorischen Hass auf Homosexuelle hat, und unter panischer Angst vor einem Terroranschlag leidet, der irgendwo, irgendwann und irgendwie passieren könnte.

In Bezug auf Udo Landbauer, der wegen der Liederbuchaffäre in die Kritik geriet, sprach Hafenecker von einer "medialen Hetzjagd" und betont, dass sich seine Burschenschaft "nichts vorzuwerfen" habe.

Aber von Anfang an. Nach dem Wahlerfolg der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek bei den Landtagswahlen in Salzburg hatte diese angekündigt, den erst kürzlich durch die Einberufung Herbert Kickls als Innenminister freigewordenen Posten der Generalsekretärin wieder zu räumen.

Kurz darauf wurde medial bereits der bisherige FPÖ-Sekretär in Niederösterreich und Nationalratsabgeordnete Christian Hafenecker als potentieller Nachfolger Svazeks kolportiert. Mitte Mai sprachen sich schließlich alle Parteigremien einstimmig für den 37-jährigen Niederösterreicher aus, der künftig vor allem die parteiinternen Kommunikationsstrukturen weiterentwickeln und verbessern soll.

"Weil wir jetzt in der Regierung sind, muss der Informationsfluss in die Landesgruppen und Ladtagsklubs schneller werden. Wir müssen schauen, dass mit gleicher Sprache gesprochen wird", erklärte Hafenecker gegenüber der Tiroler Tageszeitung.

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Doch wofür steht Hafenecker, der sich selbst als Pragmatiker bezeichnet, und künftig also an einem einheitlichen FPÖ-Sprech feilen will?

Im Vergleich zu American Dad ist Hafenecker freilich zurückhaltender und, einfach gesagt, österreichischer. Ihm fehlt die parodistische Übertreibung eines Stan Smith. Und doch ist auch Hafenecker eine Art Prototyp des freiheitlichen Politikers: Hafeneckers Karriere startete wie viele Karrieren freiheitlicher Politiker Ende der 90er-Jahre beim "Ring Freiheitlicher Jugend" (RFJ) 2001 bis 2003 war er dann dessen niederösterreichischer Landesobmann. Von 1994 bis 1997 besuchte Hafenecker das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt.

Seit langem geht das Gerücht um, dass das Militärrealgymnasium eine Kaderschmiede für rechtsextreme Vereine und Burschenschaften sei. So waren es Schüler dieses Gymnasiums, die die Gruppe "Nationaler Widerstand Wiener Neustadt" ins Leben riefen, unter ihnen spätere Aktivisten der selbsternannten "Identitären Bewegung", gegen deren Führungskader momentan ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung läuft.

Auch Sebastian Ploner, jener ehemalige parlamentarische Mitarbeiter des FPÖ-Politikers Martin Graf, der beim neonazistischen "Aufruhr-Versand" Bestellungen tätigte, war Schüler am Militärrealgymnasium Wiener Neustadt. Und Udo Landbauer, der wegen der Liederbuchaffäre seiner Burschenschaft Germania in Kritik geratene Parteikollege Hafeneckers, besuchte das Gymnasium ebenfalls.

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In die Zeit am Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt dürfte jedenfalls auch Hafeneckers Eintritt in die pflichtschlagende Burschenschaft Nibelungia zu Wien fallen, die in der rechtsextremen Deutschen Burschenschaft korporiert ist.

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich Hafenecker derzeit für die Rückkehr seines Bundesbruders und Parteikollegen Udo Landbauer in die Politik stark macht. Gegenüber der Tiroler Tageszeitung spricht Hafenecker in Bezug auf Landbauer von einer "medialen Hetzjagd" und betont, dass sich seine Burschenschaft jedenfalls "nichts vorzuwerfen" habe.

Den deutschnationalen Charakter seiner Burschenschaft verschweigt aber auch Hafenecker nicht. So postete er im Dezember 2014 ein Foto eines Christbaums vor einer Art burschenschaftlichen Ahnentafel und betitelte es schlicht mit "Jul" – wohl eine wenig subtile Anspielung auf das Julfest, eine Art nordischer Weihnacht, die zwar auch heute noch in Norwegen gefeiert wird, aber auch von den Nationalsozialisten als germanische Alternative zum christlichen Weihnachtsfest propagiert wurde.

Dass Hafenecker innerhalb der FPÖ ganz klar dem rechten Rand zuzuordnen ist, zeigt neben seinem burschenschaftlichen Engagement auch seine Funktion als Obmann-Stellvertreter des "Österreichischen Kameradschaftsbunds Ortsverband Kaumberg", der jährlich zu Allerheiligen "allen gefallenen oder vermissten Kameraden der beiden Weltkriege", also auch jenen der Wehrmacht und SS-Kampfverbände, gedenkt.

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Noch während seiner Zeit beim RFJ wurde Hafenecker Mitglied des Gemeinderats der Gemeinde Kaumberg. 2005 stieg er zum Bezirksparteiobmann der FPÖ in Lilienfeld auf. 2008 wurde Hafenecker Mitglied des niederösterreichischen Landesparteivorstandes der FPÖ und ab 2010 Abgeordneter des niederösterreichischen Landtags. Im Zuge der Nationalratswahlen 2013 schaffte er schließlich den Einzug ins Parlament. Im selben Jahr wurde Hafenecker außerdem zum Landesparteisekretär der FPÖ Niederösterreich ernannt.

Auf Bundesebene ist Hafenecker Bereichssprecher für Petitionen und Bürgeranliegen und stellvertretender Obmann des Verkehrsausschusses. Außerdem vertrat er die FPÖ im Hypo-Untersuchungsausschuss und ist designiertes Mitglied im dritten Eurofighter-Untersuchungsausschuss. Im Südtirol-Unterausschuss setzte sich Hafenecker außerdem wiederholt für die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtirolerinnen und Südtiroler ein.

Öffentlich aufgefallen ist Christian Hafenecker in der Vergangenheit aber vor allem durch seine verbalen Attacken gegen politische Kontrahenten und regierungskritische Journalistinnen und Journalisten.

So warf er zum Beispiel dem Falter vor, Sympathien für die RAF zu haben und berief sich dabei via Twitter (Handle: @hafi1980) auf einen Artikel des FPÖ-nahen, hetzerischen Rechts-Blogs Wochenblick. Dem Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter empfahl Hafenecker in Erwägung zu ziehen, "künftig Chefredakteur der Micky Maus zu werden", nachdem Brandstätter einen Fehler in einem Kurier-Bericht eingestanden hatte.

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Den ORF bezeichnet Hafenecker, wie viele seiner Parteikolleginnen und -kollegen, gerne als Rotfunk. In Zusammenhang mit einem Ö1-Bericht über die BVT-Affäre und den von der SPÖ beantragten Untersuchungsausschuss sprach Hafenecker gar von einer "Medienergebenheit", bei der "sogar Erdoğan vor Neid erblassen" würde.

Hafeneckers Medienverständnis zeigt sich in einem weiteren Tweet besonders gut: Nicht nur, dass er Armin Wolf aufgrund des ORF-Programms zum Rücktritt auffordert (als Moderator hat Wolf keinen Einfluss auf das Fernsehprogramm des ORF), er fordert auch Bundespräsident Van der Bellen dazu auf, politischen Einfluss auf den ORF zu nehmen – einen (in dieser Form nicht existenten) Einfluss von Politikerinnen und Politikern und Parteien, den er, wie im Absatz zuvor geschildert, in anderen Tweets heftig kritisiert.

Als im Mai 2015 der Gloggnitzer Gemeinderat Gerald Hraball Flüchtlinge als "wertloses Menschenmaterial" bezeichnete, wollte Hafenecker zuerst nicht nur "keinen Nazi-Sager" darin sehen, sondern zeigte generell kein Verständnis für die Kritik an Hraballs Aussage. Gegenüber dem ORF erklärte Hafenecker damals, die "Wortklauberei" sei "nervig" und man solle die "Kirche im Dorf" lassen.

Hafenecker, der auf Vorschlag von Bundesparteiobmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache nunmehr zum Parteisekretär gewählt wurde, gratulierte 2011 zudem der rechtsextremen Zeitschrift Aula zum 60. Geburtstag. Die Aula sei "ein traditionelles Medium in freiheitlichen Kreisen" und "keine verbotene Zeitschrift", so Hafenecker damals.

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Insofern kann Hafeneckers Berufung zum Parteisekretär auch als beruhigendes Signal und Zugeständnis an den rechten Rand und burschenschaftlichen Flügel innerhalb der FPÖ gedeutet werden, hat sich die Parteispitze zuletzt doch hochoffiziell darum bemüht, Abstand zu rechtsextremen Burschenschaften und Publikationen wie der Aula zu bekommen.

Immer wieder griff Hafenecker auch seine politischen Mitbewerberinnen und Mitbewerber verbal frontal an: Nach der Nationalratswahl 2017 twitterte Christian Hafenecker bezugnehmend auf den grünen Bildungssprecher Harald Walser: "Jedes mal wenn aufwache freue ich mich den #Walser nicht mehr im Nationalrat zu sehen. Arm sind die Kinder, die er nun wieder unterrichtet."

Neben Walser, Julian Schmid und einer Reihe weiterer grüner Politikerinnen und Politiker bekam während des Bundepräsidentschaftswahlkampes 2016 vor allem Alexander van der Bellen Hafeneckers fast schon pathologisch erscheinenden Hass auf alle grünen "Clorophyllmarxisten" zu spüren. Das ging sogar so weit, dass Hafenecker ankündigte, dass er im Falle eines Sieges des "rot-grün-kommunisten" Van der Bellen die Wahl gewinnen würde, er, Hafenecker, einen Baum umschneiden würde. Van der Bellen gewann die Wahl bekanntlich. Ob Hafenecker deshalb tatsächlich einen Baum gekillt hat, wissen wir nicht.

Wir schließen aber daraus: Was für Stan Smith aus American Dad Homosexuelle sind, scheinen für Hafenecker die Grünen zu sein. Da passt es auch, dass Hafenecker Teil jener freiheitlichen Delegation war, die Anfang 2017 im Rahmen der Conservative Political Action Confrence in Washington Donald Trump die Ehre erwies. Aber genau genommen steckt in Hafenecker doch nicht genug Stan Smith. Denn im Gegensatz zu ihm ist er ganz und gar nicht fiktiv, sondern so real, dass es weh tut.

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