Obwohl er schon in den 80er Jahren zu einem “ernsthaften Sammler von Fastfood-Spielzeug” wurde, hätte Percival R. Lugue niemals gedacht, dass ihm seine Leidenschaft zu internationalem Ruhm verhelfen würde. Aber dann bekam er Besuch von einem Freund, der seine beeindruckende Sammlung noch nicht gesehen hatte.
“Mein Gott, die ist ja riesig”, sagte Lugues Freund damals. “Das muss ein Rekord sein.”
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Diese Aussage brachte Lugue – der die Geschichte so erzählt – tatsächlich dazu, das Guiness-Buch der Rekorde zu kontaktieren und sich für einen Eintrag zu bewerben. So stellte er 2014 offiziell den Weltrekord für die größte Sammlung an Spielzeug aus Fastfood-Restaurants auf – mit sage und schreibe 10.000 Figuren und anderen Teilen.
Fast sieben Jahre später sagt Lugue, dass sich seine Sammlung inzwischen wohl verdoppelt habe: “Es sind jetzt mit ziemlicher Sicherheit über 20.000 Teile”. Aber auch wenn Lugue keine genaue Zahl nennen kann, ist seine Leidenschaft für das Sammeln von Fastfood-Spielzeug kein bisschen abgeflaut.
“Ich kann unmöglich in einem Fastfood-Restaurant essen, ohne ein Spielzeug mitzunehmen. Das ist nicht verhandelbar”, sagt Lugue. Zum Glück hat er über die Jahre eine effiziente Strategie entwickelt, die sowohl seinen Magen als auch seinen Geldbeutel schont.
“Ich gehe immer mit meinen Freunden essen”, sagt Lugue. “Wenn wir zum Beispiel in der Mittagspause in einem Fastfood-Restaurant sind, holt sich jeder ein Spielzeug und ich bekomme auf einen Schlag direkt ein ganzes Set – ohne dabei selbst zu viel essen zu müssen.”
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Zwar brächten einige Fastfood-Restaurants auf den Philippinen laut Lugue lange nicht mehr so oft neues Spielzeug raus wie früher, aber die McDonald’s- und Jollibee-Filialen bei ihm in der Nähe hätten dennoch jeden Monat neue Teile im Programm. Und die lässt sich Lugue nicht entgehen.
Der Philippiner, der in der Provinz Pampanga nördlich von Manila lebt, hat schon lange ein Faible für Spielzeug: Schon mit fünf Jahren begann er mit seiner Sammlung. Die ältesten Teile in seiner Fastfood-Kollektion sind dabei Popeye-Figuren aus den 80er Jahren. Zu dieser Zeit eröffneten die ersten Fast-Food-Filialen in seiner Gegend.
“Ich weiß noch, als ich mich entscheiden musste, ob ich meine Spielzeugsammlung fortführe oder nicht”, sagt Lugue. Während seines Studiums seien nämlich selbst die günstigeren Figuren fast schon zu viel für sein begrenztes Budget gewesen.” Aber nachdem ich mir das Popeye-Set von Jollibee gekauft hatte, war es einfach um mich geschehen.”
Als seine Spielzeugsammlung rasant wuchs, wurde es für Lugue und seine Familie – inklusive Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen – immer schwieriger, weiter normal in ihrem Haus zu wohnen.
“Das Haus war im Grunde bis obenhin vollgepackt. In allen Ecken und Winkeln stapelten sich Fastfood-Spielzeuge”, sagt Lugue. “Irgendwann war es uns kaum mehr möglich, problemlos durchs Haus zu laufen.”
Im Januar 2014 entschieden Lugue und seine Familie, ein eigenes Haus extra für die Spielzeugsammlung zu bauen. Als dieses Haus fertig war, sah der Philippiner in der Architektur eine bekannte Silhouette: die einer Happy-Meal-Box von McDonald’s. Deshalb bezeichnet Lugue das Haus jetzt liebevoll als “Happy Meal House”.
“Es ist nur einen Katzensprung von unserem eigentlichen Haus entfernt. Und ich liebe es, dort zu sein, weil ich dann immer in schönen Erinnerungen schwelge”, erzählt Lugue.
Im dreistöckigen Happy Meal House stehen Lugues Spielzeuge entweder hübsch aufgereiht in Regalen an den Wänden oder sie stapeln sich sonst überall auf jeder freien Fläche des Gebäudes. Lugue fühlt sich inmitten seiner chaotisch anmutenden Sammlung aber richtig wohl: “Für mich ist das, als würde ich Willy Wonkas Schokoladenfabrik betreten”, sagt er.
“Das Ganze ist quasi ein Abbild meines Lebens. Jedes Spielzeug steht für eine bestimmte Erfahrung, die ich gemacht habe”, sagt Lugue. “Ich liebe Cartoons einfach. Und diese Charaktere haben einen Großteil meines Lebens wirklich stark beeinflusst. Für mich sind das nicht nur animierte Figuren. Ich sehe sie als beste Freunde.”
Die meisten von Lugues Spielzeugen stammen von den Philippinen, aber mit der Zeit hat er auch immer mehr Teile aus der ganzen Welt angesammelt – dank Freunden, die ihm immer wieder etwas von ihren Auslandsreisen mitbringen.
Aber welche Figuren stechen nun heraus?
Das interessanteste Spielzeug erhielt Lugue, als er eBay durchforstete und umgerechnet knapp 35 Euro für einige Dennis-Figuren aus Frankreich bezahlte. Obwohl sie ihm recht teuer erschienen, schlug Lugue zu, weil die Männchen ganz anders aussahen als die ihm bekannten Dennis-Figuren.
Was ihn ebenfalls fasziniere, sagt Lugue, seien die kleinen Unterschiede bei den Happy-Meal-Boxen aus der ganzen Welt. Deswegen habe er ihnen auch einen eigenen Schaukasten im Happy Meal House gewidmet.
Das größte Fastfood-Spielzeug in Lugues Sammlung ist eine gut 1,2 Meter große Plüschkuh der Restaurantkette Chick-fil-A.
Einen ganz besonderen Platz in Lugues Herz hat aber eine kleine Figur des Jollibee-Maskottchens Hetty Spaghetti, die er zusammen mit seiner Mutter gekauft hat als er jünger war. Lugue sagt, er wisse noch genau, wie er seine Mutter so lange genervt hat, bis sie mit ihm in den Fastfood-Laden ging, um die Figur zu kriegen. Obwohl sie der Meinung gewesen sei, dass er schon genug Spielzeug besitze, habe Lugues Mutter immer wieder nachgegeben, weil sie gewusst habe, wie wichtig ihm seine Sammlung war. Und so aßen sie zusammen, während Lugue mit einem breitem Grinsen im Gesicht seine neueste Figur in der Hand hielt.
“Ich habe in ihren Augen gesehen, wie aufrichtig sie sich darüber freute, dass ich so glücklich war”, sagt Lugue. “Diese bestimmte Hetty-Spaghetti-Figur steht für mich seitdem sinnbildlich dafür, wie sehr mich meine Mutter unterstützt hat.”
Die Hetty-Spaghetti-Figur spendete Lugue auch Trost, als seine Mutter vor einigen Jahren verstarb.
“Als ich das Hetty-Spielzeug ansah und berührte, wurde ich direkt in die wunderschöne Zeit zurücktransportiert, in der meine Mutter und ich richtig glücklich waren”, erzählt er.
Lugues intensive Leidenschaft für Spielzeug findet zum Glück auch in seinem Berufsleben Platz: Er arbeitet als Grafiker bei einer überregionalen Zeitung, wo er unter anderem auch einen Comic-Strip über ein Kind zeichnet, das riesiges, lebendig werdendes Spielzeug besitzt. Außerdem betreibt Lugue einen Blog, auf dem er regelmäßig Geschichten über seine Spielzeugsammlung veröffentlicht.
Selbst die Corona-Pandemie hat Lugue nicht davon abgebracht, seine Sammlung zu erweitern. Er macht das Beste aus der Situation, indem er Fastfood für sich und seine Kolleginnen und Kollegen ins Büro liefern lässt. Und dabei besteht er natürlich darauf, dass sich alle ein Spielzeug zu ihren Bestellungen aussuchen.