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Petscop: Tausende Gamer rätseln, was ein unfertiges Spiel mit einem Kindermord zu tun hat

Das Video namens “Petscop” beginnt wie ein ganz normales Let’s Play: Ein junger Mann, vielleicht ein Teenager, kommentiert das Geschehen auf dem Bildschirm, während er sich durch das Hauptmenü eines Videospiels klickt. Doch die Anmoderation von “Paul”, wie er sich selbst nennt, irritiert.

Statt seine YouTube-Zuschauer zu begrüßen, beginnt er mit dem Satz: “Ich mache das hier um zu beweisen, dass ich nicht gelogen habe, als ich von diesem Spiel erzählte. Es ist alles genau so, wie ich es beschrieben habe.” Was er damit meint, erklärt “Paul” nicht, sondern startet stattdessen hochkonzentriert den ersten Level des Videospiels.

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Nein, das Video “Petscop”, auf das bis heute noch zwölf weitere Teile folgen sollen, ist alles andere als ein typisches Let’s Play, sondern der zentrale Bestandteil einer Online-Schnitzeljagd, die sich um vermutete Kindermorde, von Geistern besessene Videospiele und Zeitreisen dreht. Mittlerweile ist ein regelrechter Hype um die Videoreihe entstanden, der vor allem von der Creepypasta-Community getragen und genährt wird – Spieler, die von ungewöhnlichen, gruseligen, verstörenden Videospielen fasziniert sind.

Hunderte Gamer versuchen seit Monaten, das Geheimnis um “Petscop” zu knacken

Und “Petscop” ist in der Tat auf vielerlei Weise verstörend und eigenartig. Das große Rätsel um das ungewöhnliche Let’s Play beginnt bereits bei dem gleichnamigen Videospiel selbst: Wie das Intro des Videospiels zeigt, scheint das Spiel ursprünglich für die PlayStation 1 irgendwann in den 1990er Jahren entwickelt, aber nie fertiggestellt worden zu sein. So entdeckt “Paul” in seiner Videoreihe immer wieder unfertige Level und Wege, die ins Nichts führen.

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Auch das eigentliche Abenteuer wirft Rätsel auf: Eigentlich soll der Spieler insgesamt 48 Haustiere (“Pets”) in den Häusern, Gärten und Kellern des Spiels einfangen, aber “Paul” kann während seines 13-teiligen Ausflugs nur insgesamt sechs dieser Haustiere ausfindig machen. Dabei ist der Begriff “Haustier” zusätzlich irreführend, denn in “Petscop” fangen wir keine Hunde oder Katzen, sondern Regenwolken, apathisch grinsende Blumentöpfe und einen grauen Flummi mit Hut.

Was das soll, wissen wir heute, rund ein Jahr nach Upload des ersten Videos, noch immer nicht. Garalina, die laut Intro des Spiels mutmaßlichen Entwickler von “Petscop”, können wir diese Frage leider nicht stellen – denn die Firma scheint es nie gegeben zu haben, wie unsere und auch die Recherche der Reddit-Community offenbart hat. Aus diesem Grund vermuten viele Fans des geheimnisvollen Spiels, dass “Petscop” in Wirklichkeit viel später entwickelt und als Teil eines Alternate Reality Games veröffentlicht wurde: Ist die Suche nach Hinweisen, was es mit diesem Spiel auf sich hat, also vielleicht von irgendeinem Mastermind völlig beabsichtigt?

Neben der zweifelhaften Existenz des Entwicklerteams spricht laut Community-Detektiven noch eine weitere Beobachtung dafür, dass “Petscop” womöglich deutlich später als Ende der 1990er Jahe entwickelt wurde: So referenziert das Spiel in kurzen Dialogen und Hinweistexten immer wieder den dramatischen Todesfall von Candace Newmaker, einem jungen Mädchen, das in den USA im Jahr 2000 während ihrer sogenannten Festhaltetherapie in einer künstlichen Gebärmutter erstickt wurde.

Bei dieser vom Ärztebund nicht anerkannte Form der Psychotherapie simulieren die Teilnehmer eine Geburt, um Bindungsstörungen bei Kindern und Teenagern zu heilen. Der “Patient” wird üblicherweise in mehrere Laken eingewickelt und anschließend dazu aufgefordert, sich aus dem engen Stoffkanal zu befreien. Die umstehenden “Helfer” drücken dabei die Stoffenden fest aneinander und versuchen, die “künstliche Geburt” so lange wie möglich hinauszuzögern – das soll sicherstellen, dass der “Patient” auch wirklich bis ans Äußerste geht, um schließlich “neu geboren” zu werden.

Auch Candace Newmaker musste diese Tortur im Alter von 11 Jahren über sich ergehen lassen. Ihr gelang es allerdings nicht, sich aus dem eng gewickelten Stoff zu befreien und erstickte schließlich nach einem verzweifelten Überlebenskampf, der über 75 Minuten andauern sollte.

Der Let’s Player gerät in den Fokus des Verdachts

Was diese Anspielungen auf ein reales Verbrechen in der Spielwelt von “Petscop” zu suchen haben, bleibt ebenso unklar wie die Motivation, die hinter der Entwicklung dieses Spiels stand. Einige Fans mutmaßen sogar, dass das Videospiel durch die Zeit gereist ist – oder sogar von Geistern heimgesucht wird, die “Petscop” eine zeitlang “geupdated” haben, um auf Ereignisse wie den Newmaker-Todesfall anspielen zu können. Gruselig.

In ihrem Community-Kompendium tauschen sich die Fans über neue Theorien aus und sammeln Hinweise zu jeder einzelnen Spielfigur | Screenshot: Motherboard, Bild: Petscop-Community

“Paul” scheint an vielen Stellen seines ungewöhnlichen Let’s Plays ebenso verwirrt zu sein wie seine Zuschauer. Immer wieder erklärt er, dass er selbst nicht wisse, was da gerade auf dem Bildschirm passiert – aber die Community ist skeptisch und vermutet, dass auch “Paul” ein Teil des Alternate Reality Games ist. Um diese Theorie zu beweisen und das Geheimnis um “Petscop” zu lüften, haben sich seit Veröffentlichung des ersten Let’s Play-Videos dutzende Spieler zusammengetan und alle möglichen Hinweise und Beobachtungen in einem Community-Dokument gesammelt – und das ist mittlerweile stolze 81 Seiten dick.


Auf Motherboard: The Secret of Monkey Island


Hier füllen Theorien über jede einzelne Figur und Person, die mit der Videoreihe in Verbindung steht, ganze Absätze, während die Detektive auf ihrem eigenen Discord-Channel in Echtzeit diskutieren. Eine Auflösung, was sich hinter “Petscop” wirklich verbirgt, ist allerdings noch nicht in Sicht.

Wer sich selbst in diese spannende Schnitzeljagd nach des Rätsels Lösungs einklinken will, sollte direkt auf dem YouTube-Kanal von “Paul” beginnen und sich alle 13 Folgen seines eigenartigen Let’s Plays ansehen. Selbst, wer anschließend nicht das umfangreiche Theorie-Kompendium zur Rate zieht, kann hier zumindest ein paar spannende, aber auch gruselige Stunden vor dem Bildschirm erleben.

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