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1.000 Dollar für einen Artikel bei EDM.com? Diese geleakte E-Mail macht uns Sorgen

Sie könnte erklären, warum mittelmäßige Musik gerade so sinnlos gepusht wird.

Wenn du wüsstest, dass Musik auf einer Webseite vor allem deshalb besprochen wird, weil jemand dafür bezahlt hat, würdest du der Webseite dann noch als journalistische Autorität anerkennen? In welchem Umfang ist eine bezahlte Platzierung von Musik noch akzeptabel in der Welt von „Native Advertising"? Neue Informationen rund um die Praktiken der EDM.com-Redaktion werfen diese und mehr Fragen auf.

Eine geleakte E-Mail vom EDM.com-Management deckt auf, dass der bekannte Dance-Music-Blog eine Vertriebsstrategie betreibt, bei der Künstler für redaktionelle Berichterstattung und Promotion auf sozialen Netzwerken für ihr Werk bezahlen können. Diese E-Mail, die THUMP vor ein paar Tagen erhalten hat, wurde im späten Juli 2015 Dayna Young (Sales & Marketing-Director der Seite EDM.com) an einen bekannten nordamerikanischen DJ gesendet. Sie gibt dem DJ mehrere Optionen, sein Musikvideo auf der Website und den Social-Media-Kanälen von EDM.com zu platzieren.

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Young bietet dem DJ mehrere Optionen an: Ein EDM.com-Artikel über sein Video, der auch auf den Facebook- und Twitter-Accounts der Seite gepusht wird, kostet 1000 Dollar. Wenn der Artikel auf dem hauseigenen Instagram-Account und bei Vine geteilt werden soll, kostet das 350 Dollar. Zusätzlich bietet die Managerin an, den Track bei „Slingshot" von EDM.com zu posten—eine Playlist auf der Hauptseite, die durch Social Media-Kanäle promotet wird—für 600 Dollar.

Als wir Ethan Baer, den Geschäftsführer von EDM.com, via E-Mail kontaktierten, merkte er an, dass Slingshot „ein sehr öffentlicher Service ist, bei dem die Preisgestaltung öffentlich beworben wurde." (Ob das jeder Leser merkt, wenn der die Slingshot Playlist sieht? Hmm … ).

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Baer erwähnte außerdem, dass es nichts koste, wenn der Track auf dem Account von EDM.com gehostet würde. Die Bezahlservices in Youngs E-Mail richten sich laut Baer an Künstler, die die Plays auf ihrem eigenen SoundCloud-, YouTube-Profil oder anderen Plattformen erhöhen möchten. Diese Künstler können EDM.com bezahlen, um eine umfassende Marketing-Kampagne zu erstellen. Inklusive redaktioneller Artikel, Snapchat-Übernahmen, Twitter-AMAs und Vorschau-Videos auf Facebook. Baer betonte außerdem, dass die Redakteure nur Artikel schreiben würden, bei denen sie denken, dass diese mit den Lesern von EDM.com zusammenpassen. „Wir fragen uns immer: Ist das Inhalt, der zu unserem Publikum passt? Wenn nicht, dann tun wir es nicht."

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Weil dieser bezahlte Inhalt laut Bear trotzdem noch von der EDM.com Redaktion durchgewunken werden muss, bezahlen die Künstler das Unternehmen „um ein Projekt zu unterstützen, an das wir glauben. Sie bezahlen für Support und wir produzieren die Inhalte dafür."

Also warum fühlt sich die Idee, dass Künstler für Berichterstattung bezahlen, immer noch so seltsam an? Eine bekannte Webseite bringt im Monat ein paar tausend Dollar durch Werbeeinnahmen ein, von denen das meiste für Betriebskosten und Gehälter aufgebraucht wird. Webseiten wie EDM.com oder ihre Konkurrenz Earmilk, Hilly Dilly oder Indie Shuffle müssen deshalb andere Wege finden, Profit zu generieren.

Dennoch ist bezahlter Inhalt in einer Welt von Native Advertising normalerweise als solcher gekennzeichnet. EDM.com zeigt nicht an, ob Artikel oder Social Media-Posts Teil einer bezahlten Marketing-Kampagne sind, was es erschwert, zwischen gesponsertem und redaktionellem Content auf EDM.com zu unterscheiden.

Es ist nicht das erste Mal, das EDM.com dabei erwischt wurde, wie sie die Grenze zwischen Werbung und Redaktion verschwimmen lassen. Im Juli 2014 hat Michael Abernathy (AKA Nappy) gefragt, ob Slingshot ein Beispiel für Schmiergeld ist—definiert als „geheime Bezahlung im Gegenzug für die Promotion eines Produkts oder Services."

Projekte wie Slingshot, meinte Abernathy, haben „eine Flut von unglaublich durchschnittlichen Tracks mit beeindruckenden Wiedergabezahlen ohne Berichterstattung durch glaubwürdige Magazine verursacht. Künstler können diese Zahlen nehmen und sich von Promotern buchen lassen, die sich nur mit Zahlen auskennen und nicht mit Qualität." Laut dem Artikel antwortete EDM.com mit einer E-Mail an seine Kunden, in der Abernathy ein „verägerter Ex-Angesteller" genannt wurde und Slingshot als eine „komplett optionale" Promotion-Kampagne beschrieben wurde.

Schließlich, als wir Baer fragen, ob sein Team den „Pay To Play"-Mechanismus verstärkt, indem sie Geld von Künstlern akzeptierten, um Inhalte zu erstellen—auch wenn es Inhalte sind, die sie „cool" finden—antwortet er: „Ich schätze, so kann man das sagen."

„Es kommt darauf an, das Publikum nicht zu täuschen," fährt er fort. „Wenn die Inhalte nicht zu unserem Publikum passen, machen wir es nicht. Unser Ziel ist es, ein System zu erschaffen, in dem Künstler sich mit einem Publikum beschäftigen können, das es interessiert—für einen erschwinglichen Preis."

Michelle Lhooq ist Feature-Redakteurin bei THUMP. Folge ihr bei Twitter.

Ziad Ramley ist ein Multimedia-Journalist. Folge ihm bei Twitter.