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Fußball

Die Ultras Ex-Jugoslawiens sabotieren schon jetzt die Balkan-Liga

Ab 2018 soll die Balkan-Liga für mehr Wettbewerbsfähigkeit für die Vereine des ehemaligen Jugoslawien sorgen. Gemäßigte Fans sind dafür, doch nationalistische Ultras machen schon jetzt Stimmung gegen die Liga. So wie die Torcida am Wochenende.
Foto: Imago

Ab 2018 soll auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien eine Balkan-Liga gestartet werden. Die UEFA soll dem Vorschlag der regionalen Fußball-Verbände bereits zugestimmt haben. Grund dafür ist eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Clubs. Seit dem Verfall Jugoslawiens und dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister durch Roter Stern Belgrad haben die Ligen international komplett an Bedeutung verloren. Ursachen hat das viele: Bestechung, schlechte Infrastruktur und der Zwang, talentierte Spieler früh verkaufen zu müssen. Mit dem Geld, das beispielsweise Dinamo Zagreb durch den Verkauf seiner ausgebildeten Spieler wie Modrić, Kovačić, Lovren oder Pjaca gesammelt hat, müsste man in der Lage sein, den Stall, den man Maksimir-Stadion nennt, aufzuwerten und sich europaweit konkurrenzfähig zu machen. Doch da wäre ja noch Zdravko Mamić, der den Verein immer noch abpumpt. Zagreb gelangen dieses Jahr in der Champions League null Punkte und null Tore, dabei ist man in der kroatischen Liga seit elf Jahren Abo-Meister. Für den slowenischen UEFA-Präsidenten Aleksander Čeferin ist die Balkan-Liga die einzige Möglichkeit, um die Vereine dort wieder wettbewerbsfähig zu machen. Allerdings ist noch nicht klar, wie das Sicherheitskonzept einer solchen Liga aussehen soll. Werden beispielsweise in den Duellen zwischen den großen kroatischen und serbischen Clubs Gästefans zugelassen?

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Vielleicht die Lösung? Hajduk-Fans kleideten sich als Häftlinge, während sie in Rijeka in den komplett abgesperrten Auswärtsbereich mussten. Foto: Imago

Während sich normale Fans im Internet mit einer sachten Vorfreude über eine Balkan-Liga äußern, könnte man denken, dass vor allem die mächtigen Ultragruppen ein Duell mit den anderen Clubs aus der Region herbeisehnen. Allerdings sprachen sich die Ultras und Hooligans der großen Vereine unisono gegen eine einheitliche Liga aus. Hier sind ein paar repräsentative Aussagen der größten Gruppierungen:

Kroatien:

Hajduk Split:

„Wir sind absolut gegen irgendeinen Wettbewerb zwischen den Vereinen des ehemaligen Jugoslawien. Sie sagen, es würde die Qualität des Fußballs erhöhen, dass es eine gute Idee sei. Das interessiert uns nicht. Wegen aller Vorkommnisse in der Vergangenheit wollen wir mit ihnen keine Liga", sagte der Sprecher der Torcida Split, Damir Grujić.

Dinamo Zagreb:

„Eine Jugoliga kommt für uns absolut nicht in Frage, uns interessiert nur Kroatien", erklärten die Bad Blue Boys.

HNK Rijeka:

„Die Fans sind absolut gegen eine regionale Liga, es gibt keinen Grund, 20 Jahre zurückzugehen, damit sich bestimmte Szenen wiederholen, und außerdem, dazwischen gab es einen Krieg," sagte schon 2012 der Sprecher der Rijeka-Fans, Denis Povh.

Serbien:

Roter Stern Belgrad:

Einer der Anführer der Delije erklärte dem serbischen Telegraf anonym seine Sicht zur Balkan-Liga: „Unsere Einstellung ist klar. Mit denjenigen, mit denen wir uns durch Schussvisiere beobachtet haben, wollen wir niemals in einer Liga sein. Uns interessiert nicht, was die UEFA und ein Slowene an ihrer Spitze sagen. Viele unserer Brüder sind im Krieg in Kroatien Anfang der Neunziger gefallen. Wie viele Serben wurden von Kroaten vertrieben und umgebracht?! Das ist unverzeihlich. Wie sollen wir uns mit ihnen messen? Wenn sie uns diese verschissene Liga aufdrängen, dann werden viele von der Reaktion der Delije überrascht sein, da könnt ihr euch sicher sein."

Partizan Belgrad:

„Die Kroaten sollen zu Gott beten, dass es diese Liga niemals geben wird, denn dann können sie nicht weglaufen. Wir sind bereit, und die sollen selber sagen, ob sie bereit sind oder nicht. Sie sollen mal darüber nachdenken, wie sie bisher in gemeinsamen Aufeinandertreffen weggekommen sind", sagt Ćume, einer der Anführer der Grobari.

Bosnien-Herzegowina:

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Željezničar Sarajevo:

„Im Grbavica wird Geschichte geschrieben, eine regionale Liga soll es nie wieder geben". Die Manijaci des Arbeitervereins aus Sarajevo bezogen sich in ihrem Banner auf die geschichtliche Situation ihres Vereins. Das Stadion Grbavica lag bei der Besetzung Sarajevos genau auf der Frontlinie zwischen serbischen und bosniakischen Kämpfern.


Während die gemäßigten Fans durchaus eine Chance sehen, durch gemeinsamen Fußball eine Annäherung herzustellen, wollen die meist nationalistischen Ultras mit den Clubs der anderen Länder also nichts zu tun haben.

Am Wochenende spielten Hajduk Split und Dinamo Zagreb ihr Derby in der kroatischen Liga aus (0:1). Während des Spiels machte die Torcida deutlich Stimmung gegen eine Balkan-Liga. Sie provozierte mit einer Schwenkfahne des „HOS" („Hrvatske obrambene snage"), einer kroatischen paramilitärischen Einheit, die sich in den Balkan-Kriegen an Verbrechen gegen die serbische Zivilbevölkerung beteiligte. Auf Transparenten schrieben sie: „Gegen die Diebe und Mafia für eine stärkere Liga, mit Gesetzen im Sport! Verbrüderung ist keine Option, Torcida gegen die Jugo-Liga!"

Dabei skandierten sie den „Za dom spremni" („Für die Heimat bereit"). Der Spruch wurde zwar schon im 16. Jahrhundert in den Türkenkriegen verwendet, wurde aber vor allem von den faschistischen Ustaschas während des 2. Weltkriegs als Gruß und Schlachtruf eingesetzt. Es gab nur vereinzelt Pfiffe.

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Unmittelbar danach rief die Kurve „Ubi Srbina"—„Töte den Serben". Den Spruch gibt es auch als serbische Version („Töte den Ustascha"). Diese Parolen werden gezielt genutzt, um den kroatischen Verband zu provozieren und zu schwächen, weil er jedes Mal von der UEFA Strafen aufgebrummt bekommt. So auch in Sachen Pyrotechnik. Bengalos wurden vom Verband verboten. Ein Polizist fasste einen Fan, der 115 Bengalos und andere Pyro-Gegenstände bei sich trug. Trotzdem wurde immer noch massig Pyro gezündet:

Die Bad Blue Boys von Dinamo konzentrierten sich eher auf den Protest gegen ihren Lieblingsfeind Mamic:

Foto: Imago