Damit ihr es nicht tun müsst, habe ich einen Tag mit VR-Pornos verbracht [NSFW]

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Damit ihr es nicht tun müsst, habe ich einen Tag mit VR-Pornos verbracht [NSFW]

Das ernüchternde Fazit: Virtual-Reality-Pornos sind keinen Deut realistischer als konventionelle Sexfilme.

Bild: Motherboard

Überdimensionale, aufgeplusterte Brüste wippen in mein Gesicht. Mein Oberkörper ist überraschend perfekt rasiert und viel zu kurz—als sei mein Kopf durch eine Fügung des Schicksals viel zu nah an meine Genitalien montiert. Ist das noch ein Bug oder schon ein Feature von Virtual-Reality-Pornos?

Während ich mich frage, ob es überhaupt ausreichend Platz für all die überlebenswichtigen Organe in meinem Torso gibt, werde ich erbarmungslos von einer Dame geritten, die ihre Schambehaarung gegen ein Pfauen-Tattoo getauscht zu haben scheint. Im Hintergrund dieser hübschen Szenerie runden zwei zauberhafte Gemälde prähistorisch anmutender Käfer die romantische Atmosphäre ab.

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Vielleicht kann VR Intimität jenseits tradierter Geschlechterbilder schaffen—aber zuerst interessieren sich vor allem Pornoproduzenten dafür.

Nur wenige Minuten später habe ich mich in eine Frau verwandelt und liege neben einem idyllischen Pool. Ich strecke meine Beine gen Himmel und habe das Vergnügen die Bekanntschaft eines Typen, der sich Rob Diesel nennt, zu machen. Mein Blick wandert unschlüssig meinen virtuellen Körper herab, während Rob sich große Mühe gibt, komplizierte Penetrationstechniken vorzuführen. Der Wind rauscht durch die umliegenden Büsche und die Sonne steht für einen stimmungsvollen Sommertag in voller Pracht am Himmel.

Mit Robo-Interface und Oculus Rift zum authentischen Virtual-Reality-Sex

Pornos waren eine der ersten Anwendungen, die Menschen in den Sinn kam, als der erste Hype um Virtual-Reality-Brillen aufkam. Während das Gendertausch-Projekt des BeAnotherLabs gezeigt hat, wie Oculus Rift tradierte Männer- und Frauenrollen auflöst, interessierten sich schnell auch Pornoproduzenten für die Virtual Reality.

Denn wenn es irgendetwas gibt, was die Pornoindustrie wirklich beherrscht, dann ist es, sofort auf moderne Technologie zu reagieren und diese nahtlos in ihr Geschäftsmodell zu integrieren.

Damit ihr es nicht tun müsst, habe ich mir ein Testmodell der neuen VR-Brille von Samsung bestellt und mir (statt ins Redaktionsbüro zu gehen) einen romantischen Nachmittag mit Samsung Gear gemacht.

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Ich befinde mich in einem sparsam eingerichteten Apartment neben einem Schreibtisch mit Resten eines mäßig üppigen Frühstücks. Neben einem halbgeleerten Glas Orangensaft befindet sich auch noch eine knapp bekleidete, knieende Dame auf dem Tisch.

Sie wirft mir einen verführerischen Blick zu. Es dauert nicht lange, und meine VR-Identität wird von einem absehbaren morgendlichen Aktionismus übermannt.

Es gibt längst Virtual Reality-Anwendungen für ausschweifende psychedelische Drogen-Trips, als Trainingspartner für Fußballmannschaften, um sich in ein fliegendes Vöglein zu verwandeln oder als Lernhilfen im Klassenzimmer—nur bei einem der naheliegendsten Produkte der Konsumgesellschaft ist die Innovationskraft bisher noch mager.

Ich habe im vergangenen Jahr mit den niederländischen Entwicklern von Kiiroo gesprochen. Sie arbeiten an einem Programm, mit dem zwei Menschen zwei Sextoys mit Hilfe sozialer Netzwerke verbinden und interagieren lassen können. Damit die Nutzer tatsächlich mit den gezeigten Szenerien interagieren können, hat sich das Team von Kiiroo sich kürzlich mit VirtualRealPorn zusammengetan.

Die bisherigen Angebote von VirtualRealPorn werben aber erstmal vor allem mit dem Versprechen der Immersion: „Feel like you were there."

Für mein selbstloses Experiment habe ich mir also einige weitere Filme auf VirtualRealPorn betrachtet. Wenig überraschend konzentriert sich das Unternehmen momentan ausschließlich auf die immersive Erfüllung heterosexueller Fantasien.

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Während der ersten Videos fühle mich nicht wohl in meiner Haut—was nicht an den unangenehm unpersönlichen Hotelzimmern oder zu engen Buseness-Krawatten liegt, die ich tragen darf. Häufig funktioniert die Videodarstellung nicht einwandfrei und auch die Blickwinkel der verschiedenen, wechselbaren Kameras passen nicht immer perfekt zusammen. Gelegentlich kommt es auch zu einer unromantischen Pixel-Disco und Arme verrenken sich in vollkommen unrealistischen Winkeln.

Nach einigen Filmchen gewönnen ich mich jedoch an die Glitches der VR-Pornos und kann mich etwas mehr auf die unfreiwillige Immersion konzentrieren, also: von wem ich gerade genommen werde oder wer mich gerade nimmt.

Ich habe zwei verschiedene Arten von Videos heruntergeladen: In dem einen Format wird mir eine 180º Grad-Perspektive gewährt, während die anderen Videos eine Rundumsicht versprechen. Während die erste Option mehr oder weniger der Perspektive regulärer Point-Of-View-Pornos entspricht (mit dem Unterschied das die Welt zu verschwinden beginnt, wenn du zu weit nach links oder rechts schaust), so sind die 360 Grad-Videos eine ganz andere Geschichte.

Die Rundum-Perspektive, die zum Beispiel die Produzenten von Huccio für ihr Projekt mit dem schönen Titel 'World's First 42K GGGGG Virtual Reality Orgy' umzusetzen versuchten, könnte die Welt fauler Digital-Voyeuristen revolutionieren. Ich kann mir tatsächlich das Geschehen in jeder Ecke des Raums anschauen, was mich an diesem Nachmittag ehrlich gesagt erstmals wirklich überwältigt. Wo soll ich zuerst hinschauen? Ich will alles sehen.

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Ich befinde mich in einem abgedunkelten Raum mit ganzen vier Fernsehen an den Wänden (warum?) und in der Gesellschaft von sechs Damen.

Meine Vermutung, dass die Kleidung nur für einen kurzen Teil der Präsentation zu sehen sein wird, bestätigt sich umgehend. Meine Rolle in der folgenden Inszenierung ist die des Beobachters aller erdenklichen Bekanntschaften der Damen miteinander, während ich in der Mitte des Zimmers stehen bleibe. Na dann.

Ich bin beileibe nicht der erste, der über die Reize des VR-Pornos berichtet. Aber die Artikel, die ich bisher gelesen habe kamen zu solch unterschiedlichen Einschätzungen, dass ich es aus Gründen der journalistischen Sorgfaltspflicht für geboten hielt, die Sache mit einem Selbstversuch in die Hand zu nehmen.

Anders als die Videotitel („Trekkie Night"—soll das Star Trek-Marketing sein?) haben mich zumindest die Storys der Videos kein bisschen überraschen können. Aber darum geht es offensichtlich auch beim VR-Porno nicht.

Mein persönliches Fazit nach einem Nachmittag harter Arbeit lautet dennoch, dass es durchaus eine Zukunft für Virtual-Reality-Pornos geben dürfte. Unabhängig von den Glitches einer schwächelnden Grafik und den Möglichkeiten alternativer Porno-Narrative dank Gender-Swapping kann die Zukunft nur hochgradig aufregend werden.

Echten Sex wird eine VR-Brille trotzdem nie ersetzen können.