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Ein russischer Milliardär will mit Laser-Shuttlen Alpha Centauri erschließen

Stephen Hawking, Mark Zuckerberg und Yuri Milner machen gemeinsame Sache bei der Suche nach Aliens.
Milner, Hawking und weitere beteiligte Wissenschaftler präsentieren Breakthrough Starshot vor der versammelten Weltpresse. Screenshot: Motherboard, Breakthrough Starshot Livestream

„Heute stelle ich die Frage: Werden wir je zu den Sternen kommen?"—So leitete der russische Millionär Yuri Milner gestern Abend die geheimnisvoll angekündigte Pressekonferenz ein, die er mit Stephen Hawking einberufen hatte. Viel wurde im Vorhinein gemunkelt, worum es bei dem neuesten Projekt ihrer gemeinsamen Weltraumforschung wohl gehen könnte, von dem bisher nur der Name „Starshot" an die Öffentlichkeit vorgedrungen war. Hatten sie möglicherweise bereits Aliens entdeckt?

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Nein, außerirdische Intelligenzen waren ihnen bei Breakthrough Listen, einem Forschungsprojekt, das die beiden erst letztes Jahr vorgestellt hatten, und bei dem mit akustischen Signalen und zwei der größten Teleskope der Welt das All abgesucht wird, noch nicht begegnet. Doch jetzt zünden Hawking und Milner, dessen Vorname Yuri auf den berühmten Kosmonatuen Gagarin zurückgeht, eine neue Aktivitätsstufe: „Mit Lichtstrahlen und neuem Antrieb können wir innerhalb der nächsten Generation zu Alpha Centauri fliegen", so Milner bei der Pressekonferenz.

Das grundlegende Problem, dem die beiden sich annehmen wollen, ist die Langsamkeit der bisherigen Weltraumreisen. Mit unseren bisherigen Technologien kommen wir in einer Generation nicht besonders weit, was bedeutet, dass wir auch unseren potentiellen Freunden am anderen Ende des Universums in absehbarer Zeit wohl nicht begegnen werden.

Das wollen Hawking und Milner nun ändern. Hawking und ein internationales Forscherteam bringen ihr wissenschaftliches Know-How und ihre enormes Wissen in das SETI-Programm ein. Milner macht ganze 100 Millionen Dollar locker, um die Frage, wie wir im Weltraum schneller und weiter vorwärts kommen können, möglichst zeitnah zu beantworten. „Wir sind Menschen; es liegt in unsere Natur zu fliegen", so Milner.

Ein neuer Laser-Antrieb auf dem Weg zu den Sternen

Um jedoch Gegenstände auf einen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen zu können, müssen neue Antriebstechnologien jenseits des gängigen Treibstoffantriebs entwickelt werden. Welche das sein könnte, erklärte Milner gestern und leitete zu der Hauptattraktion des Abends über: Breakthrough Starshot.

Im Kern handelt es sich dabei um Nanosatelliten, deren Ultraleichtsegel („Lightsail") mit Lasern beschleunigt werden und die so ins Alpha-Centauri-System geschickt werden sollen. Ihre Geschwindigkeit könnte 20 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Neben der neuen Antriebstechnologie heißt das Zauberwort hier Miniaturisierung.

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Anstatt ein riesiges Raumschiff loszuschicken, welches allein durch seine Masse kaum von der Stelle kommt, soll bei Starshot eine ganze Flotte briefmarkengroßer Nanogefährte in Richtung Alpha-Centauri abgeschickt werden. Sollten unterwegs ein paar ihren Geist aufgeben bzw. verglühen, bleiben immer noch ein paar übrig, die die intergalaktische Reise fortsetzen können.

Der Briefmarken-Prototyp

„Das was ich hier in der Hand halte ist die erste Version—mit beschränkter Funktionalität—ein sogenannter StarChip", stellte Milner den Prototyp der Mini-Flotte der versammelten Weltpresse vor. „Es ist der Silicon-Valley-Ansatz der Weltraumreisen, unser Segelboot."

Der Ansatz, fundierte Forschung und innovationsorientierte private Förderung zu verbinden, wird noch einmal dadurch unterstrichen, dass sogar Mark Zuckerberg als einer der Berater des Projektes fungiert. „Die Handytechnologie hat uns dramatische technische Fortschritte im Bereich der Mikroelektronik beschert. Was ich hier in der Hand halte ist die erste Version eines Silizumchips mit Kamera, Photonen-Steuerrakete, Energieversorgung und Kommunikationsgeräten. Alles auf der Größe einer Briefmarke und massenproduzierbar zum Preis eines iPhones."

Angetrieben werden soll StarChip durch Sonnensegel, die den Chip durch den Rückstoß auftreffender Lichtteilchen vorwärts treiben. Da die Energie der Sonne für ein derartiges Unterfangen jedoch zu gering ist, benötigen wir einen gigantischen Laser, der die Sonnensegel der Chips mit der nötigen Energie versorgt, nachdem sie von einem Mutterschiff im Weltraum ausgesetzt wurden.

Der Haken: Energieschleudern und verglühende Mini-Shuttles

Damit wären wir auch schon beim bisher größten Haken des Plans: Der benötigte Laser wäre eine gigantische Energieschleuder und müsste für ein bis zwei Minuten die hundertfache Leistung eines Kernkraftwerkes aufbringen. Das wäre so viel Energie wie heute bei dem Start eines großen Spaceshuttles verbraucht wird und was ungefähr 200 Tonnen Treibstoff entspricht, erklärt Avi Loeb, Harvard-Astronom und Chef des Starshot-Beraterstabs in der New York Times. Gleichzeitig müssen die Laser mittels Phased-Array, einer Art Gruppenstrahlertechnik, alle synchron schwingen und Störungen durch die Atmosphäre dabei korrigiert werden.

Würde der Laserstrahl nicht vom Chip vollständig reflektiert, sondern auch nur ein hundertstel der Energie vom ihm aufgenommen werden, ist ein Teil der Nano-Flotte auch schon hinüber, denn der Chip würde schlicht verglühen. Es klingt unglaublich, doch die Erde hinter einer Laser-Tarnkappe zu verstecken ist momentan eine auf technischer Ebene realistischere Idee als die intergalaktische Erkundungstour mittels Nano-Raumschiffen.

Ob Starshot also eine große Utopie bleiben wird oder nicht wird sich zeigen. Auch, ob die Kombination von großem Budget und Hawkings Vorwissen in dem Projektzeitraum von 20 Jahren Lösungen für alle Probleme entwickeln kann. Bisher ist Breakthrough Starshot nämlich vor allem eine ambitionierte Vision und eine riesige Ingenieursherausforderung. Das ist auch Hawking und Milner klar und so präsentierten sie gestern eine Folie mit circa 35 Problemen, die es noch zu lösen gilt. Sobald die Reise losgehen kann, wollen die Forscher die StarChips auch erstmal mit einem kleineren Ausflug testen. Die erste Nano-Flotte soll sich zum Mond aufmachen und Fotos von unserem Trabanten einsammeln.