Dieses Restaurant serviert Wurst in 20 Gängen
Top left: neck of pork (aged eight months), below: back loin of pork (aged six months) and on the right-hand side: chuck roll of beef (aged eight months). Photo courtesy of Omakase Köttslöjd.

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Schweden

Dieses Restaurant serviert Wurst in 20 Gängen

Im Omakase Köttslödj in Stockholm werden einem die verschiedensten selbst gemachten Wurst- und Schinkensorten, fein säuberlich angerichtet mit anderen regionalen Zutaten in einem 15- bis 20-Gänge-Menü von den Köchen persönlich serviert.

Ihnen gehören bereits sieben Bars und Restaurants, ein weiteres steht in den Startlöchern: Gastronom Daniel Crespi und Koch Mikael Einarsson sind das wohl aktivste Duo in der Food Szene in Stockholm. Einige ihrer Restaurants sind ganz „normal", was sie aber wirklich berühmt gemacht, sind ihre gewagteren Projekte. Zum Beispiel das Bakfickan Djuret: Hier gibt es Mehr-Gänge-Menüs, die sich allein um ein einziges Tier aus nachhaltiger Haltung und Schlachtung drehen. Wenn das eine Kuh ist, gibt es Tatar aus dem Fleisch vom Hüftdeckel, Würstchen vom Halsfleisch mit cremigem Kartoffelpüree und Knochenbrühe sowie Sirloin-Steak in Heu gebraten mit in Entenfett gebackenen Pastinaken.

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Noch ungewöhnlicher ist das Leijontornet 12 x 8, ein Pop-up-Event für acht glückliche Gäste, das 12 Mal im Jahr stattfindet. 3.750 Schwedische Kronen [circa 450 Euro] pro Person sind zwar ein wuchtiger Preis, aber genauso dekadent ist auch das Menü, zu dem es seltene, alte gereifte Weine gibt. Für das letzte Event im Herbst haben sich bereits jetzt 11.000 Menschen angemeldet.

Im September haben sie ihr neuestes Konzeptrestaurant Omakase Köttslöjd eröffnet, wo sie nach dem Nose-to-tail-Ansatz kochen und wie bei einem Omakase-Menü alles komplett selbst zusammenstellen. Viermal die Woche bekommen 16 Gäste die Chance, ein 15- bis 20-Gänge-Menü zu verköstigen: detailverliebt angerichtete Wurst und Schinken, dazu Meeresfrüchte und Zutaten aus der Region. Man könnte es auch die Fleischversion der japanischen kaiseki-Menüs nennen.

Links oben: Fenchel-Schweine-Wurst mit Fenchel und Muscheln. Oben rechts: Eingelegte Karotte mit Mädesüß und luftgetrockneter Rinderhüfte. Unten rechts: Kartoffel mit Schinken vom Schwein. Unten links: Knusprige Artischocke gefüllt mit einem Püree aus Wurststücken und Artischocke. Foto mit freundlicher Genehmigung von Omakase Köttslöjd

Die Chance, einen Tisch zu bekommen, ist noch geringer, als in diesem Restaurant einen Veganer anzutreffen, aber ich habe es geschafft, die beiden an einem Nachmittag abzufangen und mit ihnen übers Jagen, über Wurstvorräte im Keller und Wikinger-Wurst gesprochen.

MUNCHIES: Fangen wir mal ganz von vorn an. Wie seid ihr auf die Idee zum Omakase Köttslöjd gekommen? Mikael Einarsson: Vor vier, viereinhalb Jahren haben wir angefangen, Fleisch bei uns im Keller reifen zu lassen, so als Experiment. Das hat ziemlich gut geschmeckt. Seitdem wollten wir ein Restaurant eröffnen, wo es nur selbst gemachte Wurstwaren gibt. Gut anderthalb Jahre vor der Eröffnung haben wir mit der Wurstherstellung angefangen.

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Daniel Crespi: Die handgemachte Wurst steht im Mittelpunkt, deswegen auch köttslöjd.

Mikael: Das bedeutet so viel wie Fleischhandwerk.

Daniel: Wurstwaren im südeuropäischen Stil sind ja sehr verbreitet, wir wollten aber etwas anderes machen. Uns gefällt, wie man in Japan direkt an der Theke arbeitet, auf Augenhöhe mit den Gästen. Auch wenn wir ein japanisches Wort im Namen haben, ist unser Restaurant nicht wirklich japanisch. Wir haben uns nur von einigen Techniken und japanischen Herstellungsweiseninspirieren lassen.

Mikael: Und von ihrem respektvollen Umgang mit den Zutaten.

Daniel: Es ist eher ein japanisch inspiriertes nordisches Menü. Dieses „Fleischhandwerk", also die Haltbarmachung mit Salz und das Reifen, kommt auch gar nicht ursprünglich aus Südeuropa, sondern von den Wikingern. Es ist also eigentlich eine nordeuropäische Zubereitungsart, die von den Wikingern auf ihren Reisen dann bis nach Südeuropa gebracht wurde.

Daniel Crespi mit Koch Mikael Einarsson. Foto von der Autorin

Natürlich: Damit das Fleisch so eine Seefahrt übersteht, muss es haltbar gemacht werden. Das ist also die nordische Seite eures Restaurants. Was ist mit „omakase"? Daniel: Es ist einfach toll, wie man in Japan in ein Restaurant kommt und sieht, wie die Köche eigentlich fast alles machen. Sie können das Menü ganz anders gestalten, nur wenige Restaurants hier können das, hier ist alles größer. Deshalb haben wir uns für eine kleine Location entschieden. Wir haben nur 16 Plätze, deshalb können wir die besten Jakobsmuscheln, die besten Karotten aussuchen und wir können alles verändern. Es kommt alles auf die Köche an.

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Wie oft verändert ihr das Menü? Daniel: Jeden Tag bauen wir es aufs Neue zusammen, je nachdem welche Zutaten wir bekommen können. Einiges wird wild gesammelt, anderes kommt aus unserem Garten. Und dazu gibt es immer unsere selbst gemachten Wurstwaren.

Wie viel Fleisch hängt durchschnittlich in eurem Keller? Mikael: [lacht] Inklusive Würste vielleicht so 30 Stücke. Das meiste kommt vom Schwein, aber wir haben auch Rind, Elch, Bärenfleisch, Biber, Rentier und Wild …

Oh, Biber habe ich noch nicht probiert. Wie wählt ihr euer Fleisch aus? Mikael: Genauso wie die anderen Zutaten. Wir stehen in engem Kontakt mit Kleinbauern. Am liebsten nehmen wir Linderöd-Schweine, daraus kann man die beste Wurst machen, die Marmorierung ist fantastisch.

Daniel: Die Schweine sind quasi groß und fett. Sie gehören zu einer alten schwedischen Rasse, den Waldschweinen. Mikael geht auch ab und zu jagen, aber eher im Herbst.

Mikael: Na ja, eigentlich gehe ich morgen zum Jagen. Wildschwein.

Du sagst das einfach so. Habt ihr jemals Probleme mit dem Nachschub gehabt? Daniel: Nehmen wir mal Elchfleisch. Das wollen wir demnächst mit ins Menü nehmen. Eigentlich ist gerade keine Elchsaison, aber für uns schon, denn wir können erst jetzt das Fleisch verwerten, das wir letzten Herbst geschossen haben. Wir müssen immer darüber nachdenken, was wir den Gästen in sechs oder neun Monaten servieren wollen, damit wir auch Verschiedenes anbieten können: geräuchert, nicht geräuchert und so weiter. So bleibt das Menü abwechslungsreich. Klar gibt es „Lieferprobleme", aber das sind …

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Mikael: … eher Planungsprobleme.

Daniel: Und weil wir hier in Schweden sind, nehmen wir auch Zutaten aus der Region ins Menü auf. Das heißt für uns, dass wir gerade jetzt extrem schuften müssen: Alles muss eingekocht oder eingelegt werden, damit wir auch den Rest des Jahres genug haben.

Sautierter Kaiserhummer mit Schweinespeck, lila Bohnen und Kapuzinerkresse. Foto mit freundlicher Genehmigung von Omakase Köttslöjd

Wie war das Feedback bis jetzt? Daniel: Die meisten sind überrascht, dass es gar nicht so fleischlastig ist. Es ist vielsubtiler. Fleisch ist für uns eine Art Geschmacksverstärker, es ist so wunderbar umami.Etwas, das man gut mit anderen Zutaten kombinieren und so noch mehr herausholen kann. Nur die ersten drei Gänge bestehen ausschließlich aus Fleisch. Die restlichen Cuts servieren wir mit Gemüse oder Fisch und Meeresfrüchten. Einige halten uns für ein Steakhouse, aber das trifft es überhaupt nicht. Wie viel Fleisch servieren wir noch mal in einem Menü?

Mikael: Vielleicht so 180 Gramm?

Was im Endeffekt so viel ist wie in einem Burger. Wie soll sich euer Restaurant in der Zukunft weiterentwickeln? Mikael: Ich glaube, wir haben von Anfang an den Nagel auf den Kopf getroffen. Jedes Restaurant verändert sich mit der Zeit, so auch wir, aber das werden wahrscheinlich nur kleine Änderungen sein. Aber wer weiß schon …

Daniel: Das Schwierigste ist, bei der selbst gemachten Wurst immer wieder etwas Neues zu erfinden.

Mikael: Wir fragen uns immer wieder, ob wir das Gleiche auch mal mit Fisch machen sollten.

Und? Werdet ihr? Mikael: [lacht] Keine Ahnung.

Daniel: Wir werden es versuchen.

Mikael: Mal gucken, ob das geht. Man braucht ja immer Herausforderungen.

Vielen Dank für das Gespräch.