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Käse

‚Hausgemachter‘ Ricotta ist kein Ricotta!

Ich sehe mich als Käsehändlerin in der Pflicht, einen falsch gebrauchten Begriff ins rechte Licht zu rücken: Ricotta. Ich erkläre euch hier fachmännisch, wie Ricotta wirklich hergestellt wird, damit ihr das nächste Mal im Restaurant nicht mehr...
Photo by Janelle Jones

Ich sehe mich irgendwie in der Pflicht, einen häufig falsch verwendeten Käse-Terminus ins rechte Licht zu rücken. Wie oft bist du nicht schon in das von Kerzenschein erleuchtete, italienische ‚Vom Erzeuger zum Verbraucher'-Bistro gegangen (ich lebe in New York, aber das gilt für San Francisco, London, Berlin, Paris oder sogar Nashville genauso) und hast dir die auf alt gemachte, gefärbte Karte durchgelesen, auf der „hausgemachter Ricotta" angepriesen und normalerweise mit irgend einem Focaccia mit Rosmarin und Pancetta (eigentlich nur normaler Speck!) serviert wird. Als Käsehändlerin muss ich hier jetzt Einspruch einlegen. Sofern die Köche in ihrer Küche nicht fässerweise aussortierte Molke von einem riesigen Käsehersteller um die Ecke stehen haben—der richtige Herstellungsprozess von Ricotta ist nicht sehr ertragreich, da das meiste Eiweiß und der meiste Bruch schon bei der eigentlichen Käseherstellung Verwendung fand—, dann ist der Scheiß in Wahrheit nur Milch mit irgend einer Säure, die sie richtig stocken lässt. Folgt mir ins Labor, wo wir darüber reden, wie Ricotta wirklich hergestellt wird. Bitte zieht eure Haarnetze und eure Laborkittel an, denn das kann eine ziemliche Sauerei werden.

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Aber keine Angst, ihr werdet immer noch wie richtige Player aussehen.

Ricotta (italienisch für „erneut gekocht") ist eine Erfindung von ziemlich cleveren Milchmännern, die das, was sie hatten, strecken mussten. Wenn den ganzen Tag lang verdammt guter Käse (ungefähr so gut, wie das Siegtor deiner Lieblings-Fußballmannschaft in der 90. Minute) hergestellt wird, dann bleiben viele Eimer voller Molke übrig— sonst aber nicht viel mehr, das du deiner Familie geben oder noch auf dem Markt verkaufen kannst. Irgendein durches Genie hat sich dann gedacht: „Vielleicht kommt ja was Großartiges bei rum, wenn wir die Molke noch mal richtig aufkochen." Und der- oder diejenige hatte verdammt Recht.

Das Meiste des Milcheiweißes (auch Kasein genannt) wird dazu verwendet, um verdammt köstlichen Käse herzustellen. Was dann übrig bleibt, ist trübe, flüssige Molke, die aber hammermäßiges Keratin enthält. Wenn du die Molke jetzt etwas stehen lässt, dann fängt sie an, zu fermentieren—nur ein klein wenig—, was den Säuregrad steigen lässt. Wenn du den würzigen Shit dann aufkochst, haftet das ganzen Keratin aneinander und HEUREKA!, du hast jetzt heftig guten Ricotta am Start (natürlich erst, nachdem du ihn durch ein Käsetuch, ein Küchensieb, ein Pfeifensieb oder irgendwas anderes passiert hast).

Ricotta ist aber nicht nur ein bisschen Milch mit einem Schuss Zitrone, aufgekocht und passiert. Das würde man, nun, „Milch mit einem Schuss Zitrone, aufgekocht und passiert" nennen. Aber das kommt auf einer Speisekarte nicht so gut und mal ehrlich, wer außer Käsehändlern und Käseherstellern weiß über so was Bescheid? Naja, du bist jetzt eingeweiht und es ist nun an dir, die Dinge ins rechte Licht zu rücken. Denk einfach mal daran, wie angepisst du wärest, wenn jemand ein schlecht geschossenes Elfmeter-Tor als „Tor des Jahres!" bezeichnen würde. Also lass uns mal 'n bisschen Wissen unter die Leute bringen.