Paula steht vor einem Haus, sie trägt einen Zopf, man sieht sie nur von hinten. Paula ist ein Sugarbabe
Alle Fotos: Rebecca Rütten
Menschen

10 Fragen an ein Sugarbabe, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Hattest du schonmal einen Orgasmus beim Sex mit deinen Daddys? Wie ist deine Preisliste? Haben deine Daddys Familien?

Im Grunde ist es ein Nebenjob: Während manche Menschen kellnern, um sich ein paar Euro dazu zu verdienen, trifft Paula* ältere, vermögende Männer für Sex. Die Mitte Zwanzigjährige ist seit einem Jahr Sugarbabe. Oder wie sie sagt: "Ich habe neben meinem normalen Job einen sehr anstrengenden aber verdammt gut bezahlten 450 Euro-Job".

Anzeige

Ihre Dates lernt sie im Internet auf einer Vermittlungsplattform kennen. Sie lasse sich ausschließlich in Bargeld bezahlen. Luxusgüter und das damit verbundene Lebensgefühl seien für sie irrelevant, sagt Paula. 

Wir haben Fragen.

VICE: Hast du mit all deinen Daddys Sex?
Paula:
Insgesamt gab es nur zwei Treffen, bei denen ich keinen Sex hatte. Für mich muss es nicht gleich beim ersten Treffen passieren. Dennoch ist es in der Regel das, worauf es hinausläuft – in 99 Prozent der Fälle auch schon beim ersten Treffen. Letztendlich ist Sex mit inbegriffen und es hat sich auch noch nie jemand aus anderen Gründen mit mir getroffen. Aber nur weil es bei mir so ist, muss es nicht bei allen Babes so sein. Ich kenne auch Girls, die eine weniger sexuelle Beziehung zu ihren Daddys haben.

Was kosten deine Dienste?
Pro Abend nehme ich 350 Euro. Das entspricht etwa zwei bis drei Stunden. Meist gehe ich mit meinen Daddys in Bars, Restaurants oder wohin sie mich auch einladen. Im Anschluss gehen wir dann "wohin". Du weißt schon, was ich meine: ins Hotel eben. Mit manchen Daddys gehe ich aber auch direkt "wohin" und wir skippen das Ausgehen. Im Schnitt verdiene ich so im Monat um die 700 Euro. Ich lasse mich auch nur in Geld bezahlen. Muss aber wieder sagen, dass es von Babe zu Babe unterschiedlich ist. Ich kenne auch welche, die sich in Spa-Behandlungen, Reisen, Schmuck und Klamotten bezahlen lassen. Da geht es dann um ein Lebensgefühl. Bei mir geht es nur um die Kohle.

Anzeige
Sugarbabe Paula hält einen Spiegel vor ihr Gesicht

Müssen deine Daddys reich sein, damit du dich mit ihnen triffst?
Reich ist ja relativ. Auf jeden Fall sind sie alle vermögend. Damit meine ich keine Millionäre. Viele sind Anwälte, Politiker, Unternehmensberater. Voll das Klischee, ich weiß. Aber es ist so. Keiner von denen lässt sein letztes Hemd für mich, aber die gönnen sich auch keine tausend Euro Escort-Dame.

Bist du eine Sexarbeiterin?
Oh, ja. Absolut! Und ich bin stolz darauf. Sehr sogar. Das macht mich in meiner Rolle als Frau so viel stärker.  Ich schrecke auch nicht davor zurück zu sagen: Ich bin Prostituierte. Für mich ist das ehrlicherweise ein Synonym, weil das Kerngeschäft dasselbe ist. 

Ich weiß einfach, dass ich deswegen nicht weniger wert bin. Ich bin noch genau dasselbe Mädchen, das ich war, bevor ich Sugarbabe geworden bin. Nur weil ich härtere Dinge als andere für mein Geld tue, bin ich kein schlechterer Mensch. Aber genau das ist es, was gegen diesen gesellschaftlichen Konsens geht. Ich finde das total ungerechtfertigt. Wegen sowas können ganze Leben von Frauen zerstört werden. Dabei ist das ein gewagter Schritt sein Geld mit Sex verdienen zu wollen, der absolut nicht zur Zerstörung der Frau beitragen darf. Sondern ganz im Gegenteil! Bei jedem, der sich für Sex bezahlen lässt, ist die Lage ernst.

Diese Frauen sollte man eher unterstützen anstatt ihre Leben zu ruinieren.

Anzeige

Ich bin für Prostituierte und gegen Prostitution. Jede Frau sollte selbst entscheiden können, ob sie Kapital aus ihrem Körper schlagen möchte.  Aber dennoch muss die Prostitution an sich auf lange Sicht abflachen. In meinen Augen hat nämlich niemand einen Vorteil davon, weder die Arbeiterinnen noch ihre Kunden und deren Familien. Das ist wie mit Fleisch essen. Auf lange Sicht würde ich mir auch wünschen, dass die Welt vegan wird, weil es einfach besser für uns alle wäre.

Hattest du schonmal einen Orgasmus beim Sex mit deinen Daddys?
Klares Ja! Ich trenne das aber voneinander. Ein Orgasmus ist eine ganz natürliche körperliche Reaktion. Das ist mir zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, als ich in dem Film 3096 Tage über Natasche Kampusch gesehen habe, wie sie bei der Vergewaltigung durch ihren Entführer einen Orgasmus hatte. In meinem Fall spreche natürlich absolut nicht von Vergewaltigung, mein favorisierter Sex ist der mit meinen Daddys dennoch auch nicht. Trotzdem weiß ich seitdem: Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Also wenn's passiert, gut für mich.

Was ist das Unangenehmste, was jemals ein Daddy von dir verlangt hat?
Ich habe unfassbares Glück, denn es gab bis jetzt noch keinen Moment, in dem ich etwas nicht wollte oder mich gefragt habe, was für ein widerlicher Mensch mir gegenüber sitzt. Ich habe mit meinen Daddys sogar zum Teil sehr viel bessere Gespräche geführt, als mit den Typen, die ich privat date. Nur  einmal habe ich mich vor einem Typen geekelt. Der war echt eine unschöne Mischung: Die Sachen, die er gesagt hat, waren voll daneben, er hat sich im Restaurant schlecht benommen und sah obendrein noch richtig eklig aus. Bestimmt findet ihn irgendjemand attraktiv, aber er war dicklich, hatte ungepflegte Zähne und ich mochte sein Gesicht einfach nicht.

Anzeige

Außerdem hat er mich spüren lassen, wie jung und machtlos ich in seinen Augen bin, wie alt und mächtig er anscheinend sei und dass er mich nun hat für diesen einen Abend. Bei diesem Date hatte ich aber zum ersten Mal sowas wie ein Kundengefühl. Also habe ich an diesem Abend das komplette Paket mit ihm durchgezogen. Ich wollte ihm kein schlechtes Gefühl geben. Außerdem wollte ich das Geld. Ein zweites Treffen gab es aber nicht.

Sugarbabe Paula sitzt auf einer Treppe, bei ihren Treffen hat sie fast immer auch Sex


Hat sich schon mal ein Daddy in dich verliebt?
Ich will mir nicht anmaßen zu sagen, dass jemand verliebt in mich war oder ist. Aber ein Daddy war von mir schwer begeistert. Der wollte ständig mit mir verreisen, sagte mir ununterbrochen, wie toll er mich findet und stellte mir viele persönliche Fragen. Er wollte unsere Beziehung vertiefen. Damit hat er meine Grenzen überschritten. Mir ging das viel zu weit. Ich musste das irgendwann aktiv und konsequent unterbinden. Und das ist OK, ich habe deswegen kein schlechtes Gewissen. Weil ich weiß, dass ich für meine Daddys ersetzbar bin und sie sind es auch für mich. Bis auf diesen Daddy, der so begeistert von mir war, mag ich den Rest eh nicht. Ich will mit denen gar nicht auf eine emotionale Ebene kommen. Daran habe ich absolut kein Interesse.

Haben deine Daddy Familien?
Nicht alle, aber einige. Und die meisten von ihnen gehen erschreckend

offen damit um. Wenn die von ihren Familien gesprochen haben, hatte ich oft das Gefühl einen trotzigen Unterton raus zu hören. Ich habe dann manchmal gezielt pikante und private Fragen gestellt, die ich an ihrer Stelle niemals beantwortet hätte. Denen hat es aber absolut nichts ausgemacht. Die lästern zwar nicht über ihre Frauen, aber trotzdem war ich zum Teil entsetzt.

Anzeige

Bei meinem ersten Sugar-Date hat mich mein Daddy zu sich nach Hause eingeladen. Als ich da war, stand ich in einer Familienwohnung! Die Frau war gerade auf Geschäftsreise und die Kinder keine Ahnung wo. Ich war in dem Moment viel zu aufgeregt, um einen klaren Gedanken zu fassen, aber es war einfach super komisch. Ich meine: Was habe ich bitte in dieser Wohnung verloren?

Verabscheust oder belächelst du manche deiner Daddys?
Ja, auf jeden Fall. Den besonders ekligen Typen verabscheue ich einfach nur. Der hat mir auch versucht zu erklären, dass der Preis für ein Sugarbabe nicht mit der verbrachten Zeit steigen dürfe. Dazu muss man wissen, dass einige pauschal und einige pro Stunde abrechnen. Und wenn der dreistündige Abend auf fünf oder mehr Stunden ausgedehnt wird, will ich mehr Geld. Ist doch klar. Er hat das nicht eingesehen. Seine Erklärung war, wenn man vor dem Sex noch ausginge, könne man das nicht nach Stunden abrechnen. Denn dort würde das Babe ja auch eingeladen werden – und man müsse doppelt Geld ausgegeben. Mich und meine Zeit so zu relativieren und den Geldwert so runterzuspielen, war für mich sehr unangenehm. Nur weil er vor dem Sex essen will, kostet meine Zeit doch trotzdem.

Der, bei dem ich zum ersten Treffen in der Wohnung war, ist auch der, der so begeistert von mir war. Auch wenn ich ihn grundsätzlich mochte, kann ich ihn nur belächeln. Ein Mann, der seine Frau mit so reinem Gewissen betrügt, sich dann noch emotional zu mir hingezogen fühlt, muss mir wirklich nichts erzählen. Ich kann ihn echt nur auslachen, weil ich dadurch auch einfach eine gewisse Macht über ihn habe. Ich weiß genau, wer er ist. Er weiß aber überhaupt nicht, wer ich bin. Bei mir hat er sich ausgelassen und sich geöffnet. Ich schütze mich aber, bin verschlossen und kriege dadurch die Macht. Und das Beste daran: Er hat es nicht einmal gecheckt.

Anzeige
Sugarbabe Paula trägt einen Wintermantel und einen karierten Schal, ihr Gesicht sieht man nicht

Wirst du es mal bereuen, ein Sugarbabe gewesen zu sein?
Niemals. Ich würde so gern mit viel mehr Leuten drüber sprechen, weil ich wie gesagt auch stolz darauf bin. In meinen Augen mindert das meine Vorbildfunktion auch überhaupt nicht. Ich habe schon ganz andere Jobs gemacht. Mir stundenlang den Hintern abgearbeitet, mich körperlich und psychisch an meine Grenzen gebracht und da hat auch keiner was gesagt, weil es gesellschaftlich der Norm entsprach – auch wenn ich mir damit richtig geschadet habe.

Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass es total easy ist ein Sugarbabe zu

sein. Es ist verdammt harte Arbeit. Man muss sich immer wieder selbst reflektieren, um nicht daran kaputt zu gehen und sich vor Augen halten, warum man das macht. Und dass es einen nicht zu einem schlechteren Menschen macht. Doch genau das fällt mir immer schwerer. Aber das Leben ist kein Ponyhof. Einen Kampf müssen wir alle kämpfen und wenn das meiner ist, beiße ich eben die Zähne zusammen.

*Name geändert. Paulas richtiger Name ist der Redaktion bekannt.

Folge VICE auf FacebookInstagramYouTube und Snapchat.