Ein paar Bilder in diesem Artikel sind möglicherweise NSFW.
Ich verbringe viel Zeit auf Pornhub – für die Arbeit. Und bei der ganzen Bannerwerbung auf der Seite gibt es eine, die sich besonders fest in meine Synapsen eingebrannt hat. Ihre Aufmachung ändert sich, aber der Text ist oft der gleiche. Es ist eine Aufgabe, eine Herausforderung: “Try not to cum while playing this game” – “Versuch nicht zu kommen, während du dieses Spiel spielst.”
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Optisch begleitet wird diese Herausforderung oft von einem großbusigen Gothgirl à la Dungeons and Dragons. Oder einer anderen 3D-Figur, Hauptsache großbusig. In letzter Zeit sind in dieser Bannern häufig Elsa und Anna von Frozen aufgetaucht, die für Disney-Figuren untypische Dinge tun. Sie foppen mich: “Try not to cum.”
Aber sind diese Spiele wirklich so geil, die 3D-Figuren wirklich so sexy, dass niemand sie spielen kann, ohne unter orgasmischen Zuckungen zusammenzubrechen?
Im Dienst der Öffentlichkeit habe ich mich entschieden, die Herausforderung anzunehmen und diesen Pornospiel-Bannern auf den Grund zu gehen.
Das Erste, was du über diese Spiele wissen solltest: Sie sind nicht umsonst. Überraschung! Du kannst sie auch nicht einfach kaufen wie Spiele auf der Plattform Steam. Vielmehr leiten dich die Werbebanner auf Abos für Pornospiel-Seiten. Dahinter steht die Werbeplattform TrafficJunky der Firma Mindgeek. Pornhub gehört auch zu Mindgeek. Das Unternehmen betreibt ein ganzes Netzwerk von Pornoseiten. YouPorn, RedTube und viele weitere gehören ebenfalls dazu. Es ist ein geschlossenes Ökosystem aus Gratispornos und Werbung.
Auf seiner Website gibt TrafficJunky an, dass es mit seiner Werbung 1,6 Milliarden Impressions am Tag erreiche, also 1,6 Milliarden mal irgendeinem Nutzer angezeigt werden. Etwas vorsichtiger formuliert: Hunderte Millionen Menschen werden täglich mit der Herausforderung konfrontiert, genau das nicht tun, wofür sie eigentlich auf diese Webseite gekommen sind.
Ich soll meine “Schwanzgröße” wählen
Ich beginne meinen ersten Vorstoß in die Welt der Pornospiele zu Hause. Schließlich weiß ich nicht, was alles auf meinem Bildschirm auftauchen wird. Das Großraumbüro ist mir dann doch etwas zu heikel. Ich klicke das erstbeste Video auf der Pornhub-Startseite an: “TEEN GETS HER YOGA PUSSY LICKED BY MOM’S BFF”. Los geht’s.
Neben dem Video erscheint ein Banner für Cumshots: The Game. Als ich draufklicke, lande ich allerdings nur auf einer Seite mit animierten 3D-Pornos. Ich sehe Fantasy-Figuren, Blowjobs bei Männern mit zwei Schwänzen und die Hasen-Polizistin von Zoomania.
VICE-Video: Diese Tierpräparatorin macht Mäuse zu Pornostars
Ich klicke weiter und muss einen Fragebogen ausfüllen. Eine Seite pro Frage. Im Hintergrund rotieren Pornofiguren. Ich soll:
- Mein Geschlecht wählen. Ich wähle männlich.
- Meine Sexpartnerin wählen, Leliana oder Vereesa. Ich wähle Vereesa und frage mich, warum man davon ausgeht, dass ich ein heterosexueller Mann bin.
- Meine Schwanzgröße wählen: klein, mittel, groß oder gigantisch. Ich wähle gigantisch, was etwa so breit wie ein Skateboard ist.
- Die Brustgröße meiner Sexpartnerin wählen. Ich wähle wieder “gigantisch”. Vereesa bekommt zwei Bowlingkugeln verpasst, was ihrer Körperhaltung allerdings nicht zu schaden scheint.
Jetzt wird es ernst. Die Website bombardiert mich mit Fragen:
“In diesen Spielen kann alles passieren, auch aggressiver Sex, ist das OK?”
“Dieses Spiel wurde als das süchtig machendste Online-Spiel bezeichnet. Hast du das Zeug, es zu spielen?”
“Um Probleme zu vermeiden. Dieses Spiel beinhaltet viel Domination und weibliche Unterwerfungen. Ist das OK?”
“Hast du irgendwelche gesundheitliche Probleme, die vom Computerspielen kommen könnten? Zum Beispiel: Anfälle, Sucht oder aggressives Verhalten.”
“Was macht dich in Spielen an?”
Und so geht es weiter, bis ich endlich zu einer Seite komme, die nach meiner Kreditkarte fragt.
“Personen aus New York müssen eine Form von Altersnachweis erbringen (sie wird nicht belastet). Wir sind nach New Yorker Recht verpflichtet, das Alter der Spieler zu verifizieren”, heißt es dort. Das klingt zwar seriös, aber: Weder in New York noch in den USA existiert ein Gesetz, das Pornoseiten verpflichtet, anhand von Kreditkarten das Alter ihrer User zu kontrollieren.
Auf keinen Fall gebe ich hier meine Kartendaten ein. Ich warte, bis ich wieder im Büro bin, und beginne das ganze Prozedere von vorne – mit der VICE-Kreditkarte.
Hinter dem Spiel versteckt sich ein teures Abo
Dieses Mal zeigt das Werbebanner Elsa und Anna von Frozen.
Ich klicke mich wieder durch den Fragebogen zur Seite mit den Kreditkartendaten. Das Prozedere ist offensichtlich dazu da, um mich für zwei Probetage bei MyGamerVault.com anzumelden. Nach den zwei Tagen würde meine Kreditkarte monatlich mit 39,95 US-Dollar pro Monat belastet werden. Um das zu erfahren, muss ich das Kleingedruckte lesen. Auf der Rechnung würde BRANDHELPSVCS.COM stehen, heißt es dort weiter, ein Anbieter von Kundenservice- und Abrechnungsdiensten. Sehr diskret.
Wie auch immer. Nicht mein Geld!
Ich gebe der Seite die Kreditkartendaten und lande auf MyGamerVault. Im Menü der Seite finden sich Dutzende Pornoparodien bekannter Spieletitel, manche mehr, manche weniger kreativ. Als Teenagerin habe ich viel Call of Duty gezockt, also fällt meine erste Wahl auf Call of Booty.
Call of Booty
Ein kurzes Intro mit Standbildern erklärt mir meinen Auftrag: Ich muss die mit einem Tarn-Tanga bekleidete Sarah aus der Hand von Terroristen befreien. Das Spiel selbst ist ein einfacher und vor allem lieblos zusammengeklatschter Egoshooter. Bewaffnet mit einem Maschinengewehr starte ich in steinigem Terrain und stoße bald auf trottelige Terroristen zum Abknallen. Das Spiel läuft im Browser und das nicht besonders gut.
Die Steuerung ist grottig und ich weiß nicht, wie ich meine Waffe nachladen kann. Außerdem bin ich nicht besonders gut im Zielen und sterbe dreimal in fünf Minuten. Sorry, Sarah, ich habe versagt. Ich habe einfach nicht die Zeit und vor allem die Nerven, um gut in Call of Booty zu werden.
Fazit: Bislang bin ich nicht nur nicht gekommen – ich musste mich noch nicht einmal anstrengen, nicht zu kommen.
Grand Fuck Auto
Meine Aufgabe: “Finde die heißesten Babes in der Gegend und fick sie Grand Fuck Auto Style”. Puh, OK. Spielerisch ist GFA den ersten GTA-Titeln nachempfunden. Aus der Vogelperspektive steuere ich ein Auto durch die Stadt, um Sexarbeiterinnen einzusammeln, auf die widerwärtigste Weise mit ihnen zu sprechen und dann vor den Cops abzuhauen. Zwischendurch gibt’s immer wieder Einblendungen im Visual-Novel-Stil. Ich stoße frontal mit einem Auto zusammen und das Spiel ist vorbei.
Fazit: Definitiv nicht gekommen.
World of Whorecraft
Ich steuere einen Ork, der nicht aufhören kann zu rennen. Alles, was ich tun kann, ist springen, schlagen, ducken und sterben. Letzteres schaffe ich sechsmal. Zweimal, weil die Steuerung lahmt und ich statt zu springen mit dem Kopf in einen großen Felsen renne.
Fazit: So was von nicht gekommen.
Titris
Ich will Titris gerne spielen, ja wirklich, aber das Spiel benötigt Flash, eine veraltete Software, die einen ähnlich guten Ruf hat wie Pornoseiten, die aus fadenscheinigen Gründen deine Kreditkartendaten wollen. Der Name des Spiels ist zwar nicht schlecht, aber auch nicht so gut, dass ich davon kommen würde.
Fazit: Kein Orgasmus in Sicht, dafür aber fast meinen Computer gefährdet.
CyberFuck
CyberFuck soll wohl eine Anspielung auf das Rollenspiel Cyberpunk 2020 sein und macht einen vielversprechenden Eindruck. In der Beschreibung geht es darum, eine Frau zu befriedigen. Werde ich endlich kommen – oder wenigstens ein bisschen versuchen müssen, nicht zu kommen?
Zu früh gefreut. Hinter der sexy Anleitung verbirgt sich ein verdammtes Puzzle-Spiel. Ich bin eine absolute Puzzle-Niete. Irgendwie bekomme ich es sogar hin, beim Versuch, eins dieser Puzzle zu lösen, zu sterben. Ich habe die Schnauze voll.
Fazit: Nein.
Gotham Sluts
Endlich bekomme ich etwas Sex zu sehen. Catwoman, Poison Ivy und Harley Quinn vögeln mit Batman – leider wieder nur in dürftig animierten Grafiken. Das einzige, was sich hier bewegt, sind die Brüste und ein Schwanz – und das auch nur, wenn du mit dem Mauszeiger vor- und zurückwischst.
Ganz im Stil einer Visual Novel ist auch dieses Spiel nicht besonders interaktiv. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich durch eine dröge Storyline zu klicken. Der Spielaspekt von Gotham Sluts beschränkt sich darauf, mit der Maus herumzuwischen, um Batmans Bumsbewegungen zu simulieren.
Fazit: Immerhin Sex, aber ich hatte keine Probleme, nicht zu kommen.
Going All The Way
Vielleicht sollte ich mal von den Parodien wegkommen und ein Spiel spielen, das ohne halbgare Wortspiele auskommt. Ich wähle Going All The Way, schließlich suggeriert der Titel, dass ich auf meine Kosten kommen werde.
Leider entpuppt es sich um ein Pick-up-Artist-Spiel wie Super Seducer.
Das Spiel ist im Grunde ein einziges Dialoggeklicke, bei dem ich Frauen zu verführen versuche. Obwohl die Fragen extrem bescheuert sind, versuche ich, sie “korrekt” zu beantworten. Vielleicht schafft es ja wenigstens meine Spielfigur, heute noch zu kommen.
Das ist das erste Spiel aus dieser ganzen Liste, bei dem man innerhalb von zwei Minuten zum Sex kommen kann – oder immerhin einen entblößten Nippel zu sehen kriegt. Nach ein paar Zeilen Dialog hatte ich die Frau zum Sex überredet. Als ich zur Sache kommen kann – “finger ihre saftige Muschi” –, bekomme ich eine Großaufnahme von einer Hand und einer nackten Vulva präsentiert. Die Vorstellung, im Büro energisch auf diesem Bild rumzuwischen, ist mir dann aber doch zu viel. Ich schließe das Spiel.
Fazit: Ich sage es wirklich ungern, aber Going All The Way dürfte die höchste Punktzahl von allen Spielen bekommen, die ich auf der Seite gespielt habe. Es hat Brüste versprochen und prompt Brüste geliefert. Allerdings: Auch hier musste ich nicht versuchen, nicht zu kommen.
Plötzlich finde ich ein Malspiel für Kinder
Auf der Suche nach dem nächsten Spiel – schließlich bin ich immer noch nicht gekommen – mache ich eine interessante Entdeckung. Bislang hatte ich MyGamerVault.com nach kürzlich hinzugefügten Spielen durchsucht. Als ich die Spiele allerdings nach ihren Bewertungen sortiere, bin ich überrascht: Alle Top-Spiele sind Safe for Work, viele sogar für Kinder geeignet: Super Cowboy Run, Cake Connect, Monkey Banana Jump. Bei Coloring Book Animals male ich einen Löwen aus. Es ist so unschuldig, dass mir fast die Tränen kommen.
Was machen Kinderspiele auf einer Seite, die auf Pornhub beworben wird? Eine Google-Suche ergibt, dass zumindest einige der Titel nicht exklusiv für MyGameVault gemacht wurden. Cake Connect zum Beispiel finde ich auch auf einer Seite für Lernspiele. Monkey Banana Jump kann man auch auf einer anderen Seite für Kinder spielen. Aber bei MyGameVault stehen sie direkt unter einem Haufen Ads für Camshows und neben Spielen wie XXX-Men: Mutant Orgy. Es ist etwas unheimlich.
Ich schreibe eine E-Mail an MyGamerVault.com, um zu fragen, warum Kinderspiele auf einer Seite mit Camshow-Werbung und Pornospiele auftauchen. Keine Antwort.
Enttäuscht kündige ich mein Abo, bevor die VICE-Kreditkarte belastet wird. Ich bin nicht gekommen und werde es vielleicht auch nie wieder.