Die Surrealität einer chinesischen Kreuzfahrt

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Die Surrealität einer chinesischen Kreuzfahrt

Für sein aktuellstes Fotoprojekt hat der australische Fotograf den Alltag auf einem chinesischem Kreuzfahrtschiff dokumentiert.

Chris Round ist ein australischer Fotograf aus Sydney. In seinen Arbeiten konzentriert er sich vor allem auf menschenleere Orte, die jedoch offensichtlich von Menschenhand erschaffen oder verschandelt wurden. Die Palette reicht dabei von heruntergekommen Glashäusern in den Royal Botanic Gardens von Sydney über verlassene Krankenhäuser bis hin zu tristen australischen Landschaften.

Die aktuellste Fotoserie Cruise wurde an Bord eines chinesischen Kreuzfahrtschiffs geschossen, das drei Tage lang von Shanghai nach Hongkong unterwegs war—inklusive Zwischenhalt im japanischen Okinawa.

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Wir haben uns mit Chris unterhalten und dabei über sein nautisches Fototagebuch, das Dasein als einziger nicht chinesisch sprechender Kreuzfahrtpassagier sowie die wachsende Beliebtheit von Kreuzfahrten in China gesprochen.

VICE: Hey Chris. Deine Fotos lassen das Kreuzfahrtschiff wie eine Art surreale Miniwelt erscheinen. Wie war es an Bord?
Chris Round: Das Schiff war riesengroß und ist mit 18 Decks und 2.000 Zimmern wohl auch eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt. Und ja, der Ausdruck Miniwelt trifft es schon ganz gut. An Bord gab es viele verschiedene Restaurants, Bars, Theater, ein Casino, Kunstgalerien, Cafés und ein Einkaufszentrum. Man kam sich unter Deck gar nicht vor wie auf einem Schiff.

Wie haben sich die Passagiere die Zeit vertrieben?
In China ist eine Kreuzfahrt sehr oft ein Erlebnis für die ganze Familie, weil die jüngeren Familienmitglieder mit mehr Geld ihre Eltern und Großeltern zu der Reise einladen. Deshalb war da eine interessante Mischung aus Familien, Pärchen und jungen Reisegruppen an Bord.

Die jüngeren Passagiere waren an Deck aktiver und machten von dem Surf-Simulator, dem Kletterpark und den Joggingwegen Gebrauch. Die älteres Gäste entspannten sich hingegen eher an den Pools oder in den Spa-Anlagen und genossen die Aussicht. Im Schiff waren dann die Unterhaltungsbühnen mit ihren Live-Bands und Karaoke-Maschinen sowie die Discos und das Casino bei allen Altersklassen sehr gefragt.

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Wie beliebt sind Kreuzfahrten in China?
Kreuzfahrten werden dort immer beliebter. Das liegt meiner Meinung nach zum Teil auch an der gesellschaftlichen Wandlung der vergangenen Jahrzehnte. Der wachsende Reichtum der Mittelschicht ermöglicht natürlich auch immer mehr Urlaubsvarianten wie eben Kreuzfahrten.

Viele ältere Chinesen waren wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben außerhalb des Landes und genau diese Menschen wollen ja auch eher eine bequeme All-Inclusive-Reise, die eine Kreuzfahrt ja darstellt. Ein weiterer Faktor, der zur Popularität beiträgt, ist vielleicht auch die Tatsache, dass eine Kreuzfahrt vor allem für viele Chinesen aus dem Inneren des Landes ein Statussymbol darstellt.

Du sprichst ja bestimmt weder mandarin noch kantonesisch. War die Kreuzfahrt für dich deswegen ein ziemlich einsames Erlebnis?
Es handelte sich um meine allererste Kreuzfahrt und es mutete doch sehr surreal an, mich zusammen mit 4.000 Chinesen auf einem großen Schiff zu befinden. Ich kannte jedoch auch ein paar Leute—darunter einen Dolmetscher, der mir im Zweifelsfall zur Seite stand.

Die anderen Passagiere haben jedoch wirklich kein Wort Englisch gesprochen und deshalb fühlte ich mich auf eine positive Art und Weise ganz weit weg von zu Hause. Außerdem waren sie unglaublich neugierig und wollten wissen, warum ich eine chinesische Kreuzfahrt machte. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, auf wie vielen Gruppenfotos und Selfies ich zu sehen bin.

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Was wolltest du mit deinen Fotos einfangen?
Da sich das Schiff unter Deck eher wie ein luxuriöses Einkaufszentrum oder ein vornehmes Hotel anfühlte, war ich vor allem draußen unterwegs, denn in den Pool- und Spa-Bereichen wirkten die Passagiere sehr entspannt, während sie die frische Luft einatmeten, Bilder machten und die Aussicht genossen. Ich wollte vor allem das Reisegefühl rüberbringen, die Häfen festhalten und dazu noch die verschiedenen Aspekte des chinesischen Kreuzfahrtalltags dokumentieren.

Was hat dir persönlich an Bord am meisten Spaß gemacht?
Da ich ja arbeitete, konnte ich leider nicht bei allzu vielen Aktivitäten mitmachen. Ein paar meiner Kollegen und ich haben eines Abends jedoch zusammen mit anderen Passagieren zu einer vierköpfigen Jackson-5-Coverband aus China getanzt. Das war echt witzig und surreal.

Das Interview führte Maddison Connaughton.