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​In Österreich gab es 2015 bereits 15 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte

Die Palette der Attacken reicht von Brandanschlägen über Sachbeschädigung, dem Werfen explosiver Gegenstände bis zu Bombendrohungen.

Laut dem österreichischen Innenministerium wurden im Jahr 2015 bereits 15 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte verübt. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervor, die am 12. November veröffentlicht wurde. Die Anfrage war vom Grün-Abgeordneten Albert Steinhauser gestellt worden. Er zählte in seiner Anfrage neun Attacken auf, laut Steinhauser all jene, die bis dahin medial bekannt waren.

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Nun wurde in der Antwort des BMI mit 15 Attacken sogar eine deutlich größere Anzahl von Attacken angeführt. Das BMI selbst zählt 17 Attacken auf, allerdings werden hier auch zwei Vorfälle erwähnt, die innerhalb der Heime stattfanden, mit der konkreten Thematik also nichts zu tun haben.

Die Palette der Attacken reicht von Brandanschlägen über Sachbeschädigung, dem Werfen explosiver Gegenstände bis zu Bombendrohungen. Auf seinem Blog zählt Albert Steinhauser die Anschläge im Einzelnen auf.

Die tatsächliche Anzahl der Attacken könnte aber noch deutlich größer sein: Steinhauser stellte seine Anfrage am 17. September, das BMI zählt in seiner Antwort Attacken bis zum 24. September auf. Allerdings wurden mehr als die Hälfte der Attacken im Zeitraum August und September verübt, es ist also ein sehr deutlicher Anstieg zu vermerken—und es ist somit leider durchaus möglich, dass sich der Trend fortgesetzt, wenn nicht sogar verstärkt hat.

Ebenfalls unklar ist, ob das BMI tatsächlich alle Attacken erfasst und genannt hat. In der Vergangenheit wurden Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sehr oft zuerst als unpolitisch dargestellt oder als Auseinandersetzung unter MigrantInnen dargestellt. Sogar im Falle von Opfern des Nazi-Netzwerks NSU in Deutschland stand jahrelang die Diffamierung als Drogenhändler im Raum.

Albert Steinhauser spricht von einem deutlichen Anstieg der Attacken gegenüber den Jahren davor: „Diese Zahlen belegen, dass der zunehmenden Hetze, etwa im Internet, auch konkrete Taten folgen." Steinhauser betont auch, dass es sich nicht um Lausbubenstreiche handeln würde: „Hier geht es um Strafdelikte und hier ist mit aller Konsequenz vorzugehen."

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Bisher wurde immer betont, dass es in Österreich in Relation zu Deutschland weit weniger Attacken auf Flüchtlingsheime gibt. Erklärt wurde diese unterschiedliche Entwicklung mit einer anderen Ausformung des Rechtsextremismus. Während in Deutschland keine große rechtsextreme Wahlpartei existiert, dafür aber eine Vielzahl von (militanten) Neonazi-Gruppen, ist in Österreich die offene Nazi-Szene eher schwach. Dafür gibt es aber mit der FPÖ eine der größten rechtsextremen Wahlparteien Europas. Diese tritt nicht militant auf, doch auf den Facebook-Seiten der Partei werden laufend Gewaltfantasien sichtbar.

Auffallend ist, dass bisher nur in wenigen Fällen Täter ausgeforscht werden konnten. Steinhauser kritisiert auch, dass die öffentlichen Empörung über rechte Anschläge sehr begrenzt wäre: „Während auf Demonstrationen eingeschlagene Schaufensterscheiben die öffentliche Debatte tagelang in Atem halten, sind diese Attacken oft nur eine Randnotiz oder schaffen es gar nicht, die Wahrnehmungsschwelle zu überschreiten."

Folgt Michael auf Facebook und Twitter @michaelbonvalot.


Titelfoto: Sylvain Pedneault | Wikimedia | CC BY-SA 3.0