Sex am Strand und kostenlose Schirmchendrinks: Meine Zeit als Animateur in einem All-Inclusive-Ressort

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Sex am Strand und kostenlose Schirmchendrinks: Meine Zeit als Animateur in einem All-Inclusive-Ressort

„Ich hatte es voll drauf, tagsüber die Kinder zu unterhalten und am Abend die dazugehörigen Mütter um den Finger zu wickeln. Ich machte innerhalb von 24 Stunden quasi zwei Generationen glücklich."

Eigentlich bin ich Anfang der 90er Jahre eher durch Zufall bei der Urlaubsressort-Kette Club Med gelandet. Und trotzdem sollte ich dort insgesamt sieben Jahre lang als Animateur angestellt sein. Meine Tätigkeit beinhaltete dabei die Unterhaltung der Gäste sowie das Organisieren von sportlichen Tätigkeiten und anderen Aktivitäten. Man könnte meinen, dass das doch ziemlich leicht sein sollte, aber das war es wirklich nicht. Rückblickend waren es jedoch trotzdem die besten Jahre meines Lebens.

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Das Konzept des Feriendorfs kam zum ersten Mal in den 50ern auf. Club Méditerranée war dabei eine der ersten Hotelketten, die auf All-Inclusive-Urlaube setzten. Im Grunde erfüllten sie damit auch den Traum eines jeden Urlaubers: Eine große offene Bar an einem sonnigen Traumstrand. Dem Unternehmen war dabei vollkommen bewusst, was passiert, wenn man kostenlosen Alkohol und sommerliche Sexiness verbindet, und erfand so quasi eine neue Art des Tourismus, die sich vor allem auf die beiden eben genannten Aspekte konzentriert.

Meine Geschichte nimmt ihren Anfang in Marseille, genauer gesagt in einem Bus. Ich fuhr zum Alten Hafen und traf dabei zufällig auf meinen Cousin, den ich seit gut einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir, dass er als Animateur in irgendeinem Club Med in Griechenland arbeiten würde—seiner Aussage nach die „perfekte Flucht".

Die Busfahrt dauerte eine knappe halbe Stunde und mein Cousin erklärte mir, welche Aufgaben seine Arbeit beinhalten würde: Er kümmerte sich bei Ausflügen um die Urlauber, organisierte Strandaktivitäten und stellte abends dann noch diverse Shows auf die Beine, um die Gäste bei Laune zu halten. Dabei erwähnte er immer wieder, wie viel Spaß das alles machen würde und wie viele hübsche Frauen er dabei schon abgeschleppt hätte. Auch die traumhaften Strände, an denen er sich die Sonne auf den Bauch schienen ließ, wurden bis ins kleinste Detail beschrieben. Zwar neigte mein Cousin auch immer mal wieder gerne zu Übertreibungen, aber diese Geschichte klang für mich trotzdem recht plausibel. Wenn auch nur ein Drittel von dem, was er mir da erzählte, stimmen sollte, musste ich diese Erfahrungen selbst machen.

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Ich muss an dieser Stelle jedoch auch erwähnen, dass mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt nicht gerade rosig verlaufen war: Mit 22 wohnte ich immer noch bei meinen Eltern und stand kurz davor, Sportlehrer zu werden. Also dachte ich mir, dass eine Anstellung als Sportlehrer in einem paradiesischen Hotel wohl meine beste Chance auf eine spaßige Zukunft sein würde. Außerdem war ich noch nie wirklich aus Frankreich rausgekommen und diesen Umstand wollte ich schleunigst ändern. Je mehr ich über das Ganze nachdachte, desto überzeugter wurde ich davon, dass mein Cousin Recht hatte.

Ein paar Wochen später machte ich mich dann auf nach Paris, um mich in der Club-Med-Zentrale vorzustellen. Vor dem Gespräch gab es erstmal eine Präsentation zur Geschichte und zum Konzept des Unternehmens. Mir wurde das Leben im Feriendorf näher gebracht und dazu noch das Gehalt (bei einer Sechs-Tage-Woche um die 5000 Francs [gut 760 Euro] im Monat) verraten. Da man mir Unterkunft, Verpflegung und sonstige Dinge jedoch stellte, war das vollkommen OK. Das eigentliche Gespräch verlief dann auch sehr gut, was bei doch recht einfach gehaltenen Fragen allerdings auch kein Wunder war. Da ich zudem alle körperlichen Voraussetzungen mitbrachte, hatte ich den Job in der Tasche.

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Schon in der darauffolgenden Woche ging es los in Richtung Spanien. Ich war von da an der offizielle „sportliche Leiter" des Resorts und diesen Job nahm ich auch sehr ernst. Meine erste richtige Festanstellung schien wie für mich gemacht: Der Club-Med-Alltag war relativ entspannt und gleichzeitig unglaublich pervers.

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Nicht nur die spanische Küstenlandschaft hat mich total umgehauen, sondern auch das Hotel, das aus einem großen Haupt- und mehreren Nebengebäuden bestand. Nach meiner Ankunft bekam ich meine Arbeitskleidung ausgehändigt und ein Zimmer zugeteilt. Danach lernte ich meine zukünftigen Kollegen kennen—darunter viele Belgier, einige Franzosen und auch ein paar Deutsche. Dazu wurden mir noch einige Gäste vorgestellt und ich musste eine Reihe an vorgeschriebenen Tanzchoreographien einstudieren.

In jedem Club-Med-Ressort stellen die Animateure jeden Abend eine Unterhaltungsshow auf die Beine. Dieser nervige Auftritt dauerte bei uns immer zwischen 30 und 45 Minuten und war so ziemlich das Einzige, das mich störte, als ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieb. Ich redete mir jedoch ein, dass ich im Gegenzug für diese Bürde viele weibliche Gäste abschleppen würde.

Da im Club Med von den Outfits bis hin zum Gehalt alles einheitlich ist, kann man sich bei seinen Kollegen eigentlich nur durch die Anzahl der One-Night-Stands profilieren.

Nach einer gewissen Zeit hatte ich dann eine tägliche Routine entwickelt: Ich wachte um 09:00 Uhr auf, frühstückte, bereitete alle Aktivitäten, Spiele und den Kaffee vor, aß dann schnell einen Mittagssnack, organisierte das nachmittägliche Sportangebot, gönnte mir einen Drink, spulte die Abendshow ab und rundete dieses Programm schließlich noch mit einer Stunde Animation im hoteleigenen Club ab. Und das Ganze sechs Mal die Woche. Diese Routine war richtig anstrengend und an den geschäftigsten Tagen ging ich so gegen 01:00 Uhr ins Bett, um so viel wie möglich zu schlafen. Meistens gab ich jedoch meinem jugendlichen Leichtsinn nach und blieb bis in die frühen Morgenstunden im Club—und meinen Status als Animateur nutzte ich natürlich aus, um junge Frauen kennenzulernen und mit in meine Unterkunft zu nehmen.

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So kam ich auch zu der Erkenntnis, dass Männer und Frauen im Urlaub eigentlich nur auf eine Sache aus sind. Im Club Med einen Sexpartner bzw. eine Sexpartnerin zu finden, ist unglaublich einfach—ich meine, jeder will dort etwas erleben und ist ständig betrunken. Das ist ja quasi die Definition von Sex um des Sexes Willen. Dazu kommt dann noch, dass die Urlauber den ganzen Tag in Badekleidung rumlaufen, was die Fantasie natürlich noch zusätzlich anheizt.

Noch nie zuvor konnte ich so vielen Leuten beim Ficken zuschauen—vor allem am Strand. Ich selbst habe während meiner sieben Jahre andauernden Anstellung pro Woche im Durchschnitt mit zwei Frauen geschlafen. Das macht insgesamt ungefähr 750 Bettgeschichten. Da im Club Med von den Outfits bis hin zum Gehalt alles einheitlich ist, kann man sich bei seinen Kollegen auch eigentlich nur durch diese Anzahl der One-Night-Stands profilieren.

Durch meinen Job bei Club Med wurde mir jedoch auch noch eine andere Sache bewusst: Geld allein macht nicht glücklich. Zum einen kann man sich dort nämlich gar nichts kaufen, weil ja alles im Urlaubspreis drin ist, und zum anderen fühlt es sich doch irgendwie unglaublich befreiend an, wenn man nicht ständig über seine Finanzen nachdenken muss.

Nach einer Weile wurde es dann richtig schwer, unter der Arbeitslast nicht einzuknicken. Da ich mich ja quasi im Paradies befand, wollte ich meine freien Tage natürlich dementsprechend voll ausnutzen, aber mein Job war so anstrengend, dass ich nicht die Energie hatte, noch anderweitig große Sprünge zu machen. Und so kam es, dass ich eigentlich nur schlief, am Pool abhing oder am Strand spazieren ging. Deshalb erfuhr ich auch fast nichts über die Orte, an die es mich aufgrund meiner Arbeit verschlug.

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Als Club-Med-Animateur ist man normalerweise zwischen vier und sieben Monaten in einem Ressort angestellt und wechselt danach in ein anderes Land. So kam es, dass ich nach Spanien noch in Griechenland, der Türkei, auf den Bahamas, in Senegal und schließlich nochmals in der Türkei die Gäste bespaßte.

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Meine letzte Anstellung in der Türkei war dabei wohl die verrückteste Zeit meines Lebens. Das Ressort befand sich in Bodrum, was so etwas wie das türkische Äquivalent zu Saint Tropez darstellt. Die Gäste waren total locker drauf und abends wollte jeder Party machen. Nach sechs Jahren des Animateur-Daseins wusste ich damals auch, welche verschiedenen Arten an Urlaubern es alles gibt. Außerdem hatte ich es voll drauf, tagsüber die Kinder zu unterhalten und am Abend die dazugehörigen Mütter um den Finger zu wickeln. Ich machte innerhalb von 24 Stunden quasi zwei Generationen glücklich.

Obwohl ich heutzutage nicht mehr alles gut finde, was damals abgegangen ist, versetzt es mich doch trotzdem immer wieder in gute Laune, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Nach sieben Jahren als Animateur musste ich jedoch einen Schlussstrich ziehen, denn wenn man zu lange in der Club-Med-Blase lebt, kann einem der Absprung unter Umständen unglaublich schwer fallen. Ich war damals 29 und mich sehnte es nach einer Arbeit mit wirklicher Zukunft. Als mir dann ein Job in Paris angeboten wurde, musste ich nicht zweimal überlegen.

Die Rückkehr in ein „normales" Leben war nicht gerade einfach—vor allem weil ich mich während meiner Anstellung bei Club Med um nichts kümmern musste. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich den Animateurs-Lifestyle wirklich komplett hinter mir gelassen und wieder eine gewisse Stabilität in meinen Alltag gebracht hatte. Seitdem habe ich auch nie wieder einen Fuß in ein Club-Med-Ressort gesetzt.