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Sex

Will ich wirklich einen Sexsklaven?

Ich soll Männer finanziell, körperlich oder emotional dominieren. Aber macht mich das geil?

Ich weiß endlich, auf welchen Typ Mann ich stehe. Nachdem ich jahrelang keinen blassen Schimmer davon hatte, was ich da eigentlich verzapfe, habe ich es endlich begriffen. Wie sich herausstellt, will ich einen Typen, der es mir recht machen will, der sich herumkommandieren lässt, mir dauernd Komplimente macht und mich ausgiebig oral befriedigt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Anscheinend habe ich ungewöhnliche sexuelle Vorlieben.

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Hätte ich zwar nicht von mir gedacht, aber wenn du wegen etwas, das dich anzieht, einer „Gemeinschaft von Gleichgesinnten" beitreten musst, dann ist das ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass du Kurs in Richtung Kink genommen hast. Ich kann nicht einfach eine romantische Verabredung mit einem potentiellen Liebhaber in einem Café haben. OK, vielleicht schon, aber es ist schon etwas schwierig, mit einem Typen über Femdom zu sprechen, den du gerade erst kennengelernt hast. Besonders wenn der einfach nicht damit aufhören will, über den dritten Entwurf seines beeindruckend originellen Drehbuchs zu sprechen.

Die grundlegendste Form weiblicher Dominanz ist eine Beziehung, in der die Frau das Sagen hat. Mir war gar nicht klar, dass ich so etwas wollte, bis ich über Tinder jemanden kennenlernte, der mein Sexsklave sein wollte. Die Geschäftsführer von Tinder dürfen diese Geschichte gerne als Erfolgsgeschichte vermarkten.

Bevor ich Winston (nicht sein richtiger Name) kennenlernte, war meine Vorstellung von Dominanz und Unterwerfung wohl ziemlich durchschnittlich. Die Domina trägt immer Leder und High Heels, in denen man sich die Beine brechen kann. Sie hat eine Peitsche dabei, mit der sie Männer schlägt und erniedrigt, bis diese ihr gehorchen. Das stimmt an sich auch. Letztes Jahr habe ich sogar einen Kurs in finanzieller Dominanz besucht, der diese Vorstellungen eher bestätigt als widerlegt hat. Doch erst mit Winston habe ich gelernt, dass zu weiblicher Dominanz mehr gehört als Spanking und Ballknebel.

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Winston und ich hatten ein paar Dates, bevor wir über das Thema Dom/Sub gesprochen haben. Ich wusste allerdings vorher schon, dass etwas im Busch ist. Ich fragte ihn ab und an, ob er mich irgendwohin fahren könnte, und er machte das immer, ohne sich zu beschweren. Er kochte für mich und massierte mir die Füße, ohne dass ich darum bitten musste. Das waren eindeutige Anzeichen dafür, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging.

Bevor ich Winston kennenlernte, war Dating harte Arbeit. Die Typen, die sich als „mein Freund" bezeichneten, brachten mir keine aufrichtige Zuneigung entgegen. Sie vernachlässigten mich und unsere Beziehung. Männer haben mich noch nie auf die gleiche Weise begehrt, auf die ich sie begehrt habe, weshalb ich mich immer wie ein Stück Scheiße fühlte. Wenn ein Mann dann doch mal normale Anzeichen von Zuneigung zeigte, fand ich das gruselig. Wie, du willst meine Hand halten? In der Öffentlichkeit? Was läuft denn bei dir falsch? Bist du ein Serienmörder?

Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich dachte, dass Dating nichts für mich war. Ich war es leid, Männern hinterherzulaufen, und wollte stattdessen an mir selbst arbeiten. Wenn ich nicht in einer Beziehung war, war ich ein ganz anderer Mensch, viel selbstbewusster und mit Selbstwertgefühl. Lange Zeit war ich überzeugt, dass ich einen Teil von mir selbst verlieren würde, sobald ich eine Beziehung eingehe.

Tatsächlich war Winston nur ein Zufall. Ich hatte mir überlegt, dass es wohl ganz hilfreich wäre, wenn ich mich der Übung halber weiterhin mit Männern verabrede, weshalb ich sogar meinen Tinder-Account behielt. Es überraschte mich, dass es überhaupt zu einem Treffen kam. Noch mehr überraschte es mich allerdings, dass mich seine Zuneigung nicht abschreckte.

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Eines Abends, nachdem wir eine ganze Flasche Wein ausgetrunken hatten, kamen wir auf das Thema BDSM. Winston nahm die Gelegenheit war, um mir zu beichten, dass er gern dominiert wird. Weil ich betrunken war, war ich selbstsicher genug, um es auszuprobieren. Wir sind sofort im Bett gelandet, wo ich damit anfing, ihn zu beschimpfen. An das Meiste kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber es ging so in die Richtung: „Du hast einen kleinen Penis und bist ein Stück Dreck." Weil ich so gut mit Worten umgehen kann, hat Winston auch sofort einen riesigen Ständer bekommen. Ich wusste nicht so recht, was ich machen sollte, also dachte ich mir, dass ich ihm den Hintern versohlen könnte, weil er doch so ein „böser Junge" gewesen war. Ich habe mich dabei unwohl gefühlt und wir wussten beide, dass er nichts getan hatte, um eine Bestrafung zu verdienen. Hätte er gefragt, weshalb ich ihn bestrafe, mir wäre keine Antwort eingefallen.

Ich suchte in meinem Zimmer nach etwas, womit ich ihm den Hintern versohlen konnte. Schließlich fand ich eine Sandale. Während dieses Aha-Erlebnisses fühlte ich mich wie ein Höhlenmensch, der gerade herausgefunden hatte, dass es einfacher ist, eine harte Nuss mit einem Stein aufzubrechen. In gewisser Weise knackte ich ja auch eine Nuss.

Ich fing mit dem Spanking an und Winston war überglücklich. Seine Fantasien wurden endlich wahr. Für mich war es OK, aber irgendwie konnte ich nichts mit der gezwungenen und abgedroschenen „Du warst ein böser Junge"-Sprache angefangen. Erstaunlicherweise hatte ich auch keinen Spaß an der körperlichen Gewalt. Was mich anmachte, war die Tatsache, dass es ihn anmachte. Mir gefiel es, die Person zu sein, mit der ein Mann seinen Kink ausleben wollte. Ich fühlte mich wie ein Fetisch-Flüsterer.

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Winston und ich waren ein paar Monate lang zusammen. Er kaufte uns Spielzeug wie Ballknebel, Handschellen und Penisringe. Mir war dieser Teil der Dom/Sub-Dynamik zuwider, doch ich redete mir ein, dass er nötig war. Es machte mich an, Forderungen zu stellen, bedient zu werden und über ihn zu verfügen. Wenn wir nicht zusammen waren, musste er mich um Erlaubnis bitten, wenn er masturbieren wollte. Das einzige Mal, dass mich das nicht scharf machte, war, als er mir um 7 Uhr morgens schrieb. Echt jetzt? Kannst du denn nicht zumindest frühstücken?

Eines Nachts, als ich aufstand, um ins Badezimmer zu gehen, bin ich auf einem Ballknebel ausgerutscht und hingefallen. Ich gebe zu, das war schon witzig. Es muss ausgesehen haben wie eine Szene aus einem Three Stoges-Porno (und ich hoffe bei Gott, dass es so etwas nicht gibt). Für mich war es ein Wendepunkt. Am nächsten Tag habe ich genau darüber nachgedacht, was ich da eigentlich tue. Bin ich wirklich diejenige, die dominiert, oder unterwerfe ich mich seinem Willen. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich Spaß daran hatte oder ob mir wieder die Gefühle meines Freundes wichtiger waren als meine eigenen. Ein paar Tage später trennte ich mich von Winston.

Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich vollkommen verloren. Wenn ich keine Domina war, wer war ich dann? Dass ich nicht sagen konnte, ob ich auf BDSM stand oder nicht, stürzte mich in eine Krise. Ich kann mich noch an ein Wochenende erinnern, an dem ich meine Mutter besuchte. Sie schrie meinen Stiefvater an, weil er die Burger nicht richtig gegrillt hatte. Ich musste daran denken, wie meine Großmutter mit meinem Großvater umgegangen war. Vielleicht war ich keine Domina. Vielleicht war ich einfach eine jüdische Frau, die endlich begriff, wozu sie bestimmt war.

Für ein paar Monate hatte ich die Dominanz-Geschichte aufgegeben. Bis mir vor ein paar Wochen jemand eine Nachricht schrieb und wollte, dass ich ihn finanziell dominiere. Ich wusste nicht, wer dieser Mensch war, sagte ihm aber die Wahrheit: Ich war nicht sicher, ob Dominanz wirklich das meine war. Ich erklärte ihm, dass ich keinen Spaß daran hatte, Subs zu erniedrigen. Seine Antwort war erstaunlich enthusiastisch. Er wollte nicht erniedrigt werden, er wollte bloß, dass ich Geld und Geschenke von ihm annahm. Wenn das so war …

Ich versuchte also mein Glück mit finanzieller Dominanz und bekam einen hochwertigen Entsafter und Geschenkkarten von Amazon, mit denen ich mir richtig süße Schuhe kaufte. Ich wusste immer noch nicht genau, wer dieser Mann war, aber ich wusste, dass er nicht besonders viel Geld hatte, weshalb ich es schnell sein ließ. So sehr es ihn auch heiß machte, mir Sachen zu schenken: Für seinen Bankrott wollte ich nicht verantwortlich sein. Allerdings entschied ich mich dafür, mich bei Fetlife anzumelden. In meinem Profil schrieb ich ausdrücklich, dass ich zwar dominieren, aber nicht erniedrigen oder foltern wollte. Schon füllte sich mein Posteingang. Unterwürfige Männer antworteten mir, dass sie entweder nicht erniedrigt werden wollten oder damit einverstanden waren, nach meinen Regeln zu spielen. Meine Regeln. Was ihr nicht sagt.

Jetzt bin ich also wieder in diese Welt abgetaucht, weiß aber schon ein bisschen besser, was ich tue und was ich will. Ohne Winston wäre es mir nicht im Traum eingefallen, mich mit Dom/Sub-Beziehungen auseinanderzusetzen. Es hat zwar nicht geklappt mit uns, aber zumindest weiß ich jetzt, dass Femdom nicht darin besteht, strikte Regeln einzuhalten und dass es irgendwo da draußen die perfekten Subs für mich gibt. Als Mensch und als Sandwich.