Hinweis: Einige der folgenden Bilder sind nichts für schwache Nerven.Obwohl Fotografie bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfunden wurde, stand sie den französischen Polizeibeamten erst nach 1870 zur Verfügung. Und erst im Jahr 1887 setzte der Kriminologe Alphonse Bertillon diese Methode zu kriminalistischen Identifikationszwecken ein. Dank seiner vorausschauenden Denkweise besitzt das Pariser Polizeipräsidium mit einer Ansammlung von Millionen Bildern (die ältesten dabei vom Anfang des 19. Jahrhunderts) heute eines der weltweit größten Fotoarchive.
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Nachdem er sich lange Zeit mit der Untersuchung von berühmten Morden beschäftigt hatte—was ihm auch den Spitznamen „Indiana Jones der Friedhöfe" einbrachte—, konzentrierte sich der Gerichtsmediziner Philippe Charlier auf diese ersten forensischen Beweisstücke. Für sein Buch Seine de crimes hat er fast 100 Fotos von Morden, Suiziden und tödlichen Unfällen zusammengestellt, die zwischen 1871 und 1937 in Paris aufgenommen wurden.„Wenn man sich durch die Pariser Tatortfotos aus mehreren Jahrzehnten arbeitet, dann zeigt man damit vor allem auf, wie sich die polizeilichen Ermittlungsmethoden zur Verbrechensbekämpfung entwickelt haben", erklärt uns der Autor im Vorwort des Buches. „Neben dem offensichtlichen medizinischen Interesse erzählen uns diese Aufnahmen genauso viel von der Grausamkeit der Menschen und vom Alltag unserer Vorfahren."
Zwar haben es auch ein paar wenige berühmte Verbrechen in das Buch geschafft (wie etwa das Attentat auf das Louvre im Jahr 1905 oder die Ermordung von Jean Jaurès im Jahr 1914), aber die meisten Fotos zeigen unbekannte Menschen, die oft auf grausamste Art und Weise umgebracht wurden. Da wäre zum Beispiel der Tod eines gewissen Julien Delahieff, der 1896 „in Stoff eingewickelt und in ein Gepäckstück eingesperrt wurde", der Mord an Madame Candal, die „Katzen liebte" und 1914 offensichtlich zu Tode geprügelt wurde, oder die Ermordung der Prostituierten Suzanne Lavollée, die man 1924 zuerst brutal erdrosselte und dann zerstückelte.
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Natürlich kommen bei der Veröffentlichung solcher Fotos auch Fragen auf. „Diese Bilder sind historisches Gut, die Fälle bleiben unter Verschluss und die 30 Jahre, die solch heikle Fotos für eine Freigabe mindestens alt sein müssen, sind auch schon längst vergangen", erklärt Chartier. „Das Problem liegt eher im ethischen und nicht im rechtlichen Bereich. Selbst wenn die Veröffentlichung solcher Fotos legal ist, überschreitet man vielleicht trotzdem eine Grenze im Bezug auf die ärztliche Schweigepflicht und auf den Respekt für die Privatsphäre der Opfer."Als Reaktion darauf erschuf der Gerichtsmediziner das „Konzept einer ‚science pudique' [zurückhaltende Wissenschaft], das andere Menschen respektiert und dabei trotzdem dem Fortschritt und dem Wissen zuträglich ist."