Ich habe alle meine ehemaligen Sexpartner gebeten, mich zu bewerten

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Sex

Ich habe alle meine ehemaligen Sexpartner gebeten, mich zu bewerten

Ich wollte herausfinden, wie gut ich im Bett bin, und habe deshalb ganz einfach jedem meiner (ehemaligen) Sexpartner einen Fragebogen geschickt.

Folgende Tatsache gebe ich eigentlich nicht so oft öffentlich zu: Ich führe Buch über alle meine Sexpartner. Ja, das gehört definitiv in die Kategorie der Dinge, die auch ein Massenmörder machen würde, und nein, ich bin da nicht stolz drauf. Was einst als Witz zwischen mir und meiner besten Freundin anfing, hat sich inzwischen zu einem detaillierten und anstrengenden Bericht über mein Sexleben entwickelt. Es gibt gewissen Kategorien („Oral", „Dirty Talk", „Sex"), bei denen eine Skala von 1 bis 10 Anwendung findet, aber natürlich ist in meinem Büchlein auch Platz für „Zusätzliche Anmerkungen."

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Diese Anmerkungen sind dabei im Allgemeinen nie wirklich schmeichelhaft—sie umfassen sowohl den eigentlichen Sex als auch die vorhergegangenen Dates und Situationen. Das bedeutet, dass es natürlich ziemlich viel Spielraum ins Negative gibt. Eine Anmerkung liest sich zum Beispiel folgendermaßen: „Hat mich zum Essen eingeladen, reichte mir dann allerdings nur einen Teller mit einem Schweinekotelett und einer rohen, ungeschälten Karotte." Eine andere so: „Wollte mich dazu bringen, meinen eigenen Pipi aus einem Plastikbecher zu trinken." Das Ganze wirkt reduktiv und lächerlich, ist aber zumindest brutal ehrlich.

Als ich mein Büchlein letztens auf den neuesten Stand brachte, fragte ich mich, ob irgendjemand anderes ebenfalls nach diesem Muster vorgeht. Genauer gesagt, stellte ich mir die Frage, wie ich reagieren würde, wenn ich in irgendeinem Google Doc nur auf einen Wert von 30 Prozent komme. In diesem Moment wünschte ich mir, dass ich einfach diese Feedback-Zettel verteilen könnte, die man in einem Fast-Food-Restaurant manchmal zusammen mit der Rechnung ausgehändigt bekommt. Alternativ ginge auch eine dieser Umfragen, die die Leute ununterbrochen auf Facebook posten, wenn sie ihre Abschlussarbeiten schreiben. So könnte ich mit Sicherheit sagen, wie gut ich im Bett bin.

Munchies: Blowjobs und Grapefruits sind eine gute Kombination.

Narzissmus und Masochismus liegen nah beieinander und ich entschloss mich dazu, genau das durchzuziehen. Ich schrieb jedem Typen, mit dem ich jemals geschlafen habe (und von dem ich noch die Kontaktdaten besitze), eine Mail oder eine Facebook-Nachricht und verlieh meiner Anfrage dabei einen „Mir geht es gut und ich schreibe gerade einen richtig coolen Artikel"-Rahmen, anstatt so nach dem Motto „Ich bin eine verzweifelte Egomanin und das Ganze hier hat rein gar nichts mit einem Artikel zu tun, sondern nur mit meinem traurigen und an mir nagenden Bedürfnis, bewertet zu werden" vorzugehen.

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Einige Anfragen wurden komplett ignoriert (und ich direkt als Facebook-Freundin gelöscht), andere höflich abgelehnt und bei einem Typen fand ich auf diesem Weg heraus, dass er mir eine falsche Nummer gegeben hatte, denn als ich ihm bei WhatsApp schrieb, erschien auf meinem Bildschirm ein glamouröses Profilbild einer jungen Dame, mit der ich definitiv nicht geschlafen hatte. Aua.

Glücklicherweise willigten dann doch ein paar Leute ein und ich schickte ihnen einen Fragebogen zu, der alle wichtigen Grundlagen abdeckte: Küssen, meine Attraktivität, Vorspiel, Blowjob, Sex, Fetische und die Frage, ob sie noch einmal mit mir schlafen würden. Bei jedem Punkt konnte auch ein Kommentar abgegeben werden. Ich sage es mal so: Die Ergebnisse waren ziemlich durchmischt.

Zusätzlich konnte ich in jeder Kategorie auch noch auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet werden. Diese Bewertungen zählte ich dann zusammen, teilte das Ganze durch die Anzahl der Umfrageteilnehmer und multiplizierte das Ergebnis anschließend mit 10, um auf einen Prozentwert zu kommen. Es folgen nun die Ergebnisse:

VERFÜHRUNG

Ich habe eigentlich noch nie von mir gedacht, besonders schmeichlerisch daherzukommen. Das hat zwei Gründe: Zum einen rede ich in einer sehr monotonen Stimmlage und zum anderen besitze ich die sexuelle Geschicklichkeit eines Teenagers, der eine versaute SMS-Konversation mit einem „Und was machst du dann?" beginnen will. Diese Selbsteinschätzung wurde bestätigt.

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Hier ist meine Lieblingsantwort „Du hast mich bereits einen Monat vor unserem Aufeinandertreffen in den sozialen Netzwerken belästigt." Das Schlimmste daran ist noch nicht mal die Tatsache, dass ich die betreffende Person tatsächlich in den sozialen Netzwerken belästigt habe—das ist eigentlich immer noch mein Stil—, sondern eher das Wort „Aufeinandertreffen". Es verleiht dem Ganzen nämlich so etwas abgebrüht Cooles, so als ob bei diesem Date besser die Polizei dabei gewesen wäre.

Bewertung: 52 Prozent. Ein ziemlich schlechter Start. Sieht nicht gerade gut für mich aus.

KÜSSEN

Meine Kusstechnik wurde mit einem Arnold-Schwarzenegger-Film verglichen! Davon habe ich mein ganzes Leben lang geträumt! Die zweite Antwort lässt mich jedoch wie einen wütenden Rottweiler erscheinen.

Bewertung: 76 Prozent

AUSSEHEN

Ich muss sagen, dass ich damals wirklich einen schrecklichen Pony hatte. Das Septum-Piercing bleibt aber.

Ich glaube irgendwie, dass mich der letzte Typ noch mal ficken will.

Bewertung: 72 Prozent

VORSPIEL

Das war jetzt ehrlich gesagt ziemlich langweilig. Meine einzige Beanstandung: Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Typ, der geschrieben hat, dass das Vorspiel nicht erinnerungswürdig ist, und mich dann mit einer 2 VON 10 bewertet hat, jemand ist, der nur zum Orgasmus kommt, wenn meine Füße seinen Penis berühren. Junge, ich bin keine Schlangenfrau.

Bewertung: 65 Prozent

BLOWJOB

An diesem Punkt wurde mir langsam klar, was für eine ausgeprägte Narzisstin ich wirklich bin. „Top 3" ist gut. „Zweitbeste" ist richtig gut. Und trotzdem machen mich diese Aussagen richtig wütend. Ich will die Beste sein. WIE ZUM TEUFEL WERDE ICH DIE BESTE?

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Bewertung: 78 Prozent. Ich will an dieser Stelle jedoch anmerken, dass diese Ergebnisse wohl von dem Typen mit dem komischen Fußfetisch verzerrt wurden. Story. of. my. life.

DER EIGENTLICHE SEX

Hier haben wir ein paar echte Hammer. Der erste Kommentar: schrecklich. Der zweite Kommentar: noch viel schrecklicher, auch wenn der Sinn der Aufgabe fast komplett verfehlt wurde. Der dritte Kommentar: Oh, da ist wieder der Rottweiler. Der letzte Kommentar: Dein Ständer hat nach einer Weile sowieso schlapp gemacht. Der vierte Kommentar geht mir allerdings richtig gegen den Strich. Ich habe meine Rolle gut gespielt? Was soll denn das? Befinden wir uns hier im Feuilleton? Ich habe keine Ahnung, wer das geschrieben hat, aber ich kann euch versichern, dass dieser Typ inzwischen mit zwei teuren, importierten Sexpuppen zusammenlebt und ich anfange zu bereuen, jemals mit ihm geschlafen zu haben.

Bewertung: 80 Prozent. Ziemlich gut.

ANDERES ZEUG

Moment, ich ändere kurz meine Twitter-Beschreibung zu „Potenziell lebenszerstörende Erfahrung".

WÜRDEST DU NOCH MAL?

Hier gibt es so viel zu bereden. Einfach so viel. Das „Wenn du psychisch gesehen stabiler wärst" schmerzt dann doch ein bisschen. Und dann noch das „Insgeheim glaube ich, dass das Ganze hier gar nicht anonym ist und du mir nur diese eine Frage stellen wolltest." Ich habe die Vermutung, dass mir ein Ex-Freund aus dem Studium diese Antwort geschickt hat, die übrigens eine Menge über mich als Menschen aussagt. Bin ich für andere Leute wirklich die Art Frau, die einen so detailreichen Fragebogen ausarbeiten würde, nur um wieder mit einem Ex in die Kiste zu steigen? Denn das ist etwas, das nur ein wirklicher Psychopath machen würde.

Bewertung: 71 Prozent würden noch mal.

Was habe ich nun aus dieser ganzen Erfahrung mitgenommen? Ich habe zum Beispiel gelernt, dass ich anscheinend ganz gute Blowjobs gebe, dafür aber eine unglaublich schlechte Verführerin bin. Mir ist jetzt bewusst, dass ich anderen Menschen gegenüber wirklich schrecklich und gemein auftreten kann, damit sie mir nicht zu nahe kommen—ich muss mich ja schließlich (erfolglos) davor schützen, echte oder authentische Gefühle zuzulassen. Ich weiß jetzt, dass ich mit vielen Typen im Bett war, die keine Ahnung von Grammatik haben. Werde ich jetzt damit aufhören, meine eigenen Notizen und Bewertungen zu jedem meiner Sexpartner in mein Büchlein zu schreiben? Auf gar keinen Fall.

ENDERGEBNIS: 71 Prozent