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Vice Blog

Straches Aprilscherz-Reinfall ist ein Sinnbild für alles, was am 1. April bescheuert ist

Strache ist heute auf den Aprilscherz der Presse reingefallen. Der 1. April ist trotzdem kein Freibrief, um mit den irrationalen EU-Ängsten der Bevölkerung zu spielen.

Wenn ihr zu den Leuten gehört, die einen Kalender besitzen, ist euch sicherlich aufgefallen, dass heute jener Tag ist, an dem man keiner seltsamen Geschichte und keinem absurden Link in seinem Newsfeed leichtfertig Glauben schenken sollte. Heute ist quasi das ganze Internet ein großer Tagespresse-Artikel, nur in nicht ganz so lustig.

Eigentlich gibt es ja nur zwei Sorten von Aprilscherzen: Jene, bei denen man gleich kapiert, dass einen da grad jemand verarschen will, weil sie einfach absurd sind. Oder eben jene, die irgendwie fast glaubwürdig erscheinen, dafür halt auch nur so semi-lustig sind. Zu welcher Gattung der Artikel gehört, den wir jetzt thematisieren, müsst ihr selbst entscheiden.

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Die Presse teilt heute Morgen einen Artikel mit der Headline „Der Panier droht ein EU-Verbot". Die EU-Lebensmittel-Agentur würde sich demnach wegen Allergenen für eine Änderung der Zutaten in unserer allseits geliebten Wiener Schnitzel-Panier einsetzen. Diejenigen die heute schon auf den Kalender geschaut haben, müssen maximal ein bisschen schmunzeln. Ein paar Leute, die das offensichtlich nicht getan haben, sind völlig von den Socken. So weit, so lustig. Aber dann kommt es, wie es kommen muss. Der König der unreflektierten EU-Skepsis, Heinz Christian Strache, gehört offensichtlich nicht zu den Kalenderbesitzern:

Was als nächstes passiert, kann man sich natürlich denken, wenn man schon mal ein paar Kommentare auf der Strache-Facebook Page gelesen hat. Seine treuen Anhänger flippen aus. Hier ein paar schöne Auszüge davon:

Ein paar von Straches Fans haben dann aber offensichtlich doch in den Kalender geschaut. Jetzt wird auch dem Herrn Strache (und/oder seinem Social Media Team) klar, dass da irgendwas faul sein könnte:

Die Strache Fans, die jetzt schon in Fahrt sind, lassen sich die EU-Hate-Party aber trotzdem nicht vermiesen:

Jetzt würde man sich bei so viel Blödheit seiner Mitmenschen natürlich gerne vor Lachen auf den Boden schmeißen. Aber beim Lesen all der Kommentare und im Anbetracht der Tatsache, dass Straches Posting aktuell schon über 400 Mal geteilt wurde, will man sich halt noch eher zusammenrollen und weinen.

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Und da wären wir auch schon bei der Problematik, die ein Aprilscherz-Artikel über EU-Verordnungen so mit sich bringt. Man spielt sich da vielleicht ein bisschen zu sehr mit einer Lieblingsemotion vieler Österreicher: dem EU-Hass. Schon klar, Aprilscherze sind natürlich nur dann lustig, wenn man zumindest kurzfristig wirklich drauf reinfallen könnte. Der Scherz der Presse war aber vielleicht einfach ein bisschen zu plausibel für viele sarkasmusbefreite EU-Hater da draußen. Und ich weiß nicht, ob es nur mir so vorkommt, aber übertriebene EU-Skepsis und Sarkasmusbefreitheit scheinen zwei Phänomene zu sein, die allzu häufig bei ein und der selben Klientel zusammentreffen. Der 1. April ist eben auch kein Freibrief, um mit den irrationalen EU-Ängsten der Bevölkerung zu spielen. Ein guter Teil der EU-Angst basiert ja ohnehin schon auf gefährlichem Halbwissen. Irgendwie scheinen für diesen Aprilscherze dann doch einfach zu viele Menschen in diesem Land die EU ein bisschen zu sehr zu hassen. Wir leben bekanntlich auch in einer Welt, in der man Menschen weiterhin regelmäßig erklären muss, dass sie Tagespresse-Artikel nicht ernst nehmen sollten. Da kann man sich vorstellen, wie viele dieser Leute ihren Bekannten heute aufgebracht davon erzählen werden, dass die EU wegen den Allergenen in der Panier tatsächlich die Panier vom Schnitzel verbieten will, und dass das der Anfang vom Ende unserer Kultur ist, und dass uns die EU-Diktatur alle zugrunde richten wird.

Vielleicht (aber eben auch nur vielleicht) hat die Presse den Artikel auch im Kalkül veröffentlicht, dass Strache und sein Social Media Team heute Morgen tatsächlich nicht auf den Kalender geschaut haben, den Artikel reposten, und sich öffentlich zum Deppen machen. Dann hätte die Presse-Redaktion quasi einen Böhmermann gemacht und wäre damit offiziell genial, ich müsste meinen nicht vorhandenen Hut ziehen, und umgehend die Klappe halten.

Aber sogar wenn das der Fall war, werden einige Leute da draußen wegen diesem Aprilscherz sich noch stärker bestätigt fühlen und die EU jetzt noch ein bisschen mehr verfluchen als bisher. Und auch wenn das Ganze natürlich keine Riesenkatastrophe ist und ich womöglich wie ein kleiner, jammernder Spielverderber klinge, find ich halblustige Aprilscherz-Artikel ab heute noch ein bisschen blöder als ich es ohnehin schon getan habe.

Folgt Tori auf Twitter: @torisnest

Titelbild: Screenshot der DiePresse.com-Facebook Page