In Basel demonstriert die Polizei zusammen mit dem Revolutionären Aufbau
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In Basel demonstriert die Polizei zusammen mit dem Revolutionären Aufbau

Die Basler Regierung killt die Behindertenfachstelle und kappt Arbeitszulagen—trotz massivem Plus. Das regt alle auf: Polizisten, den Revolutionären Aufbau und die üblichen Verdächtigen.

Vertreter vom „Funken"

Die Basler Regierung macht sich momentan nicht beliebt: Um Steuerausfälle auszugleichen, streicht sie ausgerechnet die Behindertenfachstelle (Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit Behinderung) zusammen—wobei es eigentlich richtiger heißen müsste: sie streicht sie komplett. Die Notwendigkeit einer solchen Fachstelle sei „nicht mehr gegeben". Ausserdem kappt Basel Beihilfen für Leute mit Ergänzungsleistungen (einfach gesagt: arme Leute) um mehr als die Hälfte, nimmt Polizisten das Dienstaltergeschenk und Schülern die verbilligten Mietskis fürs Skilager.

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Natürlich sind subventionierte Skis nicht grade der ideale Grund, um die konzentrierte Wut der 99 Prozent auf die Strasse zu bringen (immerhin tragen zwei oder drei Sport-Lehrer Skis mit sich rum). Aber der Basler Regierungsrat hat seine Glaubwürdigkeit in allem mit Zahlen auch deshalb verloren, da kurz nach der Ankündigung des Sparpakets bekannt wurde, dass man 2014 nicht mit 2.2 Millionen Franken plus abgeschlossen hat, sondern mit 180 Millionen plus.

Diese Unfähigkeit und der Rundum-Kahlschlag—betroffen sind Spitäler, Polizei und Schulen—brachten etwa 1.500 Leute auf die Strasse. Und was für Leute.

Selten war eine politische Veranstaltung so durchmischt: Ein Polizist steht hinter dem Revolutionären Aufbau und muss dort Jointschwaden ertragen, Rentner bekommen den trotzkistischen „Funken" aufgeschwatzt und ein Polizist, der nicht demonstriert, sondern für die Sicherheit verantwortlich ist, sagt mir: „Ich bi do für d Sicherheit verantwortlich, aber wenn ich frei hät, würd ich natyrligg mitdemonstriere."

Nicht alle Rednerinnen und Redner sind freiwillig oder unfreiwillig kämpferisch beziehungsweise komisch—aber immer, wenn es langweilig wird, ruft ein Typ zur Auflockerung rein: „Dr Mittelstand stirbt us! Er stirbt us! Dr Mittelstand stirbt us!" Als ich grinse, keift er mich an: „Ja, kum, mach mit!" Ich gehe grinsend weiter.

Am Rand steht ein Glacé-Stand, der in einer Stunde seine Tageseinnahmen macht und anscheinend hat auch Regierungsrätin Eva Herzog einmal scheu aus dem Rathausfenster geschaut. Auf der Bühne macht eine VPOD-Sekretärin währenddessen die Jahrhundertpointe: Das Ballon-Sparschwein, das über uns fliegt, hält das alles auch für eine „Sparschweinerei". Für meinen Geschmack wird zu viel über Dienstaltergeschenke (come on! Haben wir nicht andere Probleme?) und die verbilligten Skis für Schüler gesprochen: „D Materialzentraale fyr Skilager wird abgschafft. Gratis isches nie gsy, aber fasch."

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LDP-Grossrat André Auderset spricht für die Polizisten.

Aber trotzdem war es ehrlich herzallerliebst, welches Spektrum an Menschen hier zusammengekommen ist. Vom Revolutionären Aufbau bis zur Juso schauen alle brav zu, als der rechte Grossrat André Auderset als Vertreter der Polizisten Dinge sagt wie „Wer ab und zue im Usland isch, weiss, dasses dert nyt immer funktioniert!" oder „Für alli wo jedes zweite Wuchenänd am FCB-Match in Kampfuniform stönd, nid uf's Spyylfeld derfed luege und nochem Match de Grind anehebe, ischs e Frechheit d Zuelage abzschaffe."

Und damit das nicht vergessen geht: Einer der Slogans auf den Schildern vom VPOD (der Beamtengewerkschaft) lautete „Wir stopfen eure Löcher nicht". Das fanden so ziemlich alle unter 30 lustig, Bekiffte und Nicht-Bekiffte.

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