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Die Derbymädchen aus Toronto

Trotz meiner innewohnenden, biologisch begründeten Anziehung zu Jungs bin ich glücklich darüber, einen Abend lang burlesk aussehende Tussen in Elasthan-Stramplern begafft zu haben, während sie sich gegenseitig auf Rollerskates traktierten. Mein Verständnis von Roller-Derbys ging nur bis zur Kenntnis dieses beschissenen Films mit Drew Barrymore und der Pseudo-Lesbe aus Juno, um ehrlich zu sein erwartete ich also tuntige Rotzgören-Stunts und Mädchen, die aussehen, als hätten sie sich für einen Tarantino-Film verkleidet und ihre abgebrochenen Fingernägel beheulen.

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Doch dann traf ich Miss Kitty La Peur, eine zähe kleine asiatische Schnitte, die mich mit den Gore Gore Roller Girls bekannt machte, die durch ernsthafte Schleudertraumata arbeitsunfähig gemacht dasaßen. Ich fand raus, dass sie sich gegenseitig die Innereien aus dem Leib prügeln. Wie scharf ist das denn?

Torontos Roller-Derby-Liga ist eine ernsthafte Sache. Die Mädchen müssen alle ein strenges Bootcamp namens Fresh Meat Program durchlaufen, wo sie zu Teams zusammengeschlossen werden, damit man die ganzen Heulsusen gleich aussieben kann. Wer bleibt, muss sich gewalttätigen Übungen, Trainingsstunden mit persönlichen Coaches und dem Zwang seinen Arsch vor hunderten Leuten in Leopardenunterwäsche zu quetschen, unterziehen. Das sind die Gründe, warum ich zugleich fasziniert und abgestoßen von den Derby Girls bin. Letztes Wochenende bin ich also losgezogen, um mir ein Bild von zwei rivalisierenden Teams zu machen: Die Chicks Ahoy vs. die Gore Gore Rollergirls lebten stellvertretend für mich meine Fantasien über aufeinanderliegende Mädchen aus. Das Milieu war einem prolligen Rodeo entrissen, mit einem enthusiastischen Moderator, der sich in Karomustern gekleidet hat, kleinen herumrennenden Kindern, die die leeren Bierbecher aufsammeln und hunderten von rüpelhaften Fans, die an die Absperrung hauen und Obszönitäten rufen. Kurz gesagt: Es ging voll ab. Die Gores verließen die Halle mit einem ruhmreichen 124 zu 80, auch wenn ich immer noch nicht sagen kann, was das bedeutet, weil ich keine Ahnung von den Spielregeln habe. Es geht um die Strategie der Technik, den Störsender der gegnerischen Mannschaft zu polieren ohne dabei verprügelt zu werden. Mir stieß es vor den Kopf, als die auf einmal über Angelpunkte und Blockaden geredet haben, ich wollte einfache nur Bier trinken und Sachen rufen.

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Ich hab ein paar siegreiche, verschwitzte Mädchen abgefangen, als sie sich gegenseitig an ihren BHs gezerrt und für Fotos posiert haben. Sie sagten oft "like" und "fuckin" im Interview, was ich gestrichen habe um die Stimmigkeit beizubehalten. Bambi, die beherrschende Königin des Derby, war sehr geschwätzig, während Dust Bunny und Hurlin' Wall sich darüber gezofft haben, wer von ihnen schärfer aussieht. Auf einmal fühlte ich mich, als wäre ich im feuchten Traum eines heranwachsenden Jungen gelandet.

Wie heißt du als Roller Derby Girl?
B: Bambi, weil ich wie ein scheiß Reh aussah, als ich an der Highschool das erste Mal probierte zu skaten. Ich fiel immer hin, aber nicht so richtig.
CC: Candy Crossbones, ich bin nett auf die eine, aber hinterhältig auf die andere Art. Also ich bin süß, aber ich halte mich im Hintergrund, ich verstecke mich hinter den ganzen anderen Leuten. Ich war von Anfang an in der Liga, also so vier Jahre. Ich hab schon viele Teamsportarten gespielt, aber diese Mädchen sind voll bekloppt, auf eine Art anders und gefällig, wie Reiterinnen normalerweise sind. Ich hab schon immer in der Highschool Sport gemacht und meine Mitspielerinnen haben mich immer die Theatertunte oder was genannt.
DB: Ich hab zwei, einer ist Dust Bunny bei den Gore Gore Roller Girls und bei CN Power (dem All-Star-Team Toronto) bin ich Defecaitlin.
Das ist also sowas wie euer alter Ego?
B: Ja, ich denk schon. Ich bin nicht so "Oh Roller Derby, ich werde stark und beneidenswert sein." Ich bin die ganze Zeit verdammt beneidenswert.
DB: Nicht wirklich. Ich glaub Defacaitlin ist irgendwie plump. Aber ich mag Witze über Scheiße.
Gibt es etwas, was euer Ich im Derby tun würde, aber normalerweise nicht?
B: Naja, ich verpasse niemandem in der U-Bahn einen Bodycheck, wenn ich mal vorbei gelassen werden will, richtig? Doch meine Einstellung ist in beiden Welten die gleiche.
Was braucht man um ein Derby Girl zu sein?
CC: Man braucht den Willen, Menschen wehzutun und eigene Verletzungen nicht ernst zu nehmen. Es kommen viele Leute zu uns, die dann mal geschlagen werden und es zuerst nicht gewohnt sind, also bekommen sie natürlich höllische Schmerzen im Bauch. Jemand schlägt dich und du denkst "Ich werde dich verdammt nochmal zurückschlagen", doch man ist in der Lage locker damit umzugehen, weil es im ganzen Spiel darum geht sich gegenseitig zu verkloppen. Es macht trotzdem ganz schön Spaß, stimmt's? Wann kommen Mädchen schon dazu, voll aggressiv zu sein? Nicht so wie diese bestimmten Kreise von Leuten, die denken, dass Mädchen nicht so sein sollten, und ich sage "Scheiß auf diese Kreise", es ist schön auf eine Weise sich selbst in Kreisen zu bewegen, die das wertschätzen.

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Was denkst du vom heutigen Spiel?
B: Die waren unsere größte Herausforderung, aber wir sind schon so gut, dass ich es auf eine Weise auf die leichte Schulter nehmen kann. Doch wir könnten noch mal auf sie stoßen.
CC: Wir haben uns ein wenig angestrengt, die Gores sind ein Wahnsinnsteam und mein Team ist, ja, sehr gut. Doch wir waren ziemlich eingeschüchert.
DB: Ich war sehr nervös, bevor wir gegen die Chicks zu spielten, weil man sich im Wesentlichen dazu bereit erklärt, dass die Scheiß aus einem herausgeschlagen wird und das macht nicht wirklich Spaß. Es fühlt sich also gut an sie zu hauen, aber man fühlt sich nicht wirklich wie ein Gewinner.

Wer ist die schärfste Braut in der Liga?
B: So ziemlich jede aus meinem Team. Ich glaub wir sind die heißesten. Mein Kapitän Dust Bunny: Feurig! Und Brimstone, jede. Es gibt hier überall heiße Leute.
CC: Wow, das ist schwer. Es gibt total heiße Mädchen wie Roller Derby. Ähm, Dust Bunny. Die ist bei den Gores.
DB/HW: (Hurlin’ Wall kommt rein) Du bist es! (zeigen gegenseitig mit dem Finger auf den anderen) Wahrscheinlich Dust Bunny, sie ist der Publikumsliebling. Ihr Arsch wurde in der Zeitung abgedruckt.
Wirklich? Ich hab gehört ihr könnt euch gegenseitig anhand eures Arsches unterscheiden?
DB: Oh ja (Dust Bunny zeigt auf Hurlin’) sie hat den Arsch. Dicke Ärsche machen sich gut im Derby.
Lockt der Körperkontakt in dieser Sportart viele Lesben an?
B: Könnte man so sagen, es gibt wahnsinnig viele Lesben, aber es gibt genau die gleiche Menge an heterosexuellen Mädchen. Ich meine, es ist cool, weil man entweder auf das eine oder das andere Geschlecht stößt.
HW: Es ist so halb und halb. Und definitiv Homo-freundlich.
Kann man sie unterscheiden?
B: Man kann es schon sagen. Sie sind da sehr offen.
Wie meinst du das, grabschen sie viel?
B: Oh ja, besonders auf ihren After Partys.
Geht ihr zur After Party? Wie laufen die ab?
B: Die sind ziemlich wild. Aber nicht so ein Quatsch wie die After After Party, wenn das ganze gute Zeug zuneige geht.
CC: Manchmal sind sie ziemlich verrückt, etwa wenn sie in Ausschweifungen enden, jeder ist sternhagelvoll und reibt sich aneinander, die Titten springen raus, das passiert, weißt du.
HW: Wir tanzen, trinken und zertreten Luftballons, ein Haufen Alkohol.

Was ist das Abgefahrenste, was du beim Roller Derby jemals gesehen hast?
DB: Die Leute brechen ihre Beine entzwei, das ist wohl nicht wirklich meschugge, sondern nur hart. Oh, es gibt Flitzer. Also Leute rennen nackt übers Feld.
CC: Ich hatte letzten August drei Kreuzbandrisse. Letztendlich war es mein Fehler, dass ich einem Mädchen einen großen Schlag verpasst, sie zu Boden geprügelt habe und ich schließlich mit einem verhakten Knie gefallen bin. Ich hab meinen Fall nicht bemerkt und als ich aufstand, hab ich es auf dem Weg zum Tor ein wenig gespürt, doch dann überkamm mich das Adrenalin und ich habe für den Rest des Spiels nichts gespürt. Ich habe so für zwei Monate gehinkt, bis ich mir dachte, ich sollte mal dem Arzt einen Besuch abstatten.
Wie reagieren Typen darauf, wenn ihr ihnen von Derby erzählt?
HW: Ich hab sogar jemanden eingeladen, den ich am St. Lorenz-Markt getroffen habe, und er ist gekommen. Ich hab ihn gestern eingeladen. Und er meinte  so "Hey, ich bin gekommen!" und ich war so "Oh, das ist der Typ, der mir Wein verkauft hat."
DB: Ich glaub den Typen und den Mädchen gefällt's wirklich. Mich hat mal ein Mädchen nach einem Autogramm gefragt, und ob ich ihr auch meine Telefonnummer geben würde.
B: Gewöhnlich tun sie so "Ach, wirklich? Ich glaub's nicht. Du schaust gar nicht so aus."
Was ist mit den ganzen männlichen Schiedsrichtern und Trainern?
B: Die wollen nur irgendwie, auf irgendeine Weise dabei sein. Sie würden alles dafür tun.
Ja, okay. Sie stehen nur auf die Mädchen.
B: Sie kennen sich im Sport wirklich aus und lieben die Mädchen ehrlich, weil sie nicht skaten können. Wir haben einen wunderbaren Manager. Es ist eine Sportart allein für Mädchen, doch unser Manager hält unser Team zusammen, man braucht diesen einen Typen um die ganzen Mädchen im Gleichgewicht zu halten, und das ist denke ich eine gute Sache.
Dir stecken Geldscheine im BH.
HW: Ja… die sind von meinem Vater.

Komisch.

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