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Pensionisten an die Puffn

Die Alten werden in unserer Gesellschaft irgendwie nicht mehr gebraucht und drehen deshalb auf ziemlich dramatische Weise durch.

In letzter Zeit fällt uns immer wieder auf, dass Pensionisten reihenweise durchdrehen. Da erwürgt einer seine Ehefrau im Streit, ein anderer ballert Polizisten über den Haufen, bevor er sich tagelang ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Einsatzkräften gibt und ein dritter tapeziert vor 1500 Zuschauern den Altar von Notre-Dame mit seiner Gehirnmasse. In Österreich hat es vor nicht allzu langer Zeit sogar schon die angehenden Pensionisten erwischt, als ein ehemaliger Parksheriff seine Frau und Tochter erschossen hat.

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Von Selbstmordfahrten auf Parkplätzen über Attentate auf Politiker bis hin zum schlichtem Kollektivselbstmord aus wirtschaftlicher Not ist die Palette der Ü60-Verzweiflungstaten in Mitteleuropa recht breit. In diesem Kontext sind Projekte wie die Schweier Unternehmung „Rent-a-Rentner" als gutgemeinter Versuch zu verstehen, der sicher auch was bringt, wenn auch nur ein alter Sack das Jagdgewehr deswegen im Schrank lässt und stattdessen vielleicht mit den Enkeln in den Zoo und nicht bewaffnet rund um den Hochstand spaziert. Würde auch bei uns funktionieren, müsste man nur machen.

Aber egal, ob Schweiz oder Österreich: Wir in Zentraleuropa finden Jugend jedenfalls super. Alter, Tod und Zerfall dagegen nicht besonders. Wir versuchen jung zu bleiben, den Jungen Zeug zu verkaufen und auch unsere Helden in „Film und Fernsehen" (womit wir in der Regel das Internet meinen) sind jung. Dumm ist deshalb, wenn du nicht mehr jung bist. Dann bist du nämlich nicht mehr in der Kernzielgruppe der meisten. Zuerst will dich kaum noch jemand ficken, später bist du (als sackiger, runzliger Pensionist) eine Belastung, die dem jungen dynamischen Jobber auf der Tasche liegt. Du fällst also fast gleichzeitig aus beiden Houellebecqschen HierarchienSexualität und wirtschaftlicher Erfolg.

Zu einem meist etwas späteren Zeitpunkt pinkelst du dich dann in unregelmäßigen Abständen selbst voll oder du hast Bettflucht, Alzheimer, chronische Schmerzen, grauen Starr und ganzheitlichen Welthass. Drogen machen dich bestenfalls normal und bringen dich in weiterer Folge um. Ich stelle mir das jedenfalls so vor: Es ist wie andauernd krank sein und dazu einen extrem üblen Kater haben, aber im Quadrat (das auf Englisch "square" heißt und dir damit auch gleich die Antwort auf die Frage mitliefert, was du im Kern deines Wesens ab 60 wirklich bist).

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Gleichzeitig werden die Alten immer mehr und besser versorgt. Sie sind rüstiger, leben länger und das auch noch aktiver. Man rüstet die Pensionisten also auf wie kleine Robo-Sims und setzt sie dann in eine Umwelt, in der sie eigentlich niemand will. Die Pension ermöglicht auch meistens keine Weltreisen. Kaum ein Arbeitgeber schätzt Jahrzehnte Berufserfahrung über Jugend, weil der Beruf sich eh alle paar Jahre der technischen Entwicklung anpasst. Zudem sind junge Mitarbeiter belastungsfähiger und billiger. Aus denselben Gründen sind auch Pensionisten-Meinungen nicht besonders gefragt; was bringt es uns, zu wissen, wie man dieses oder jenes vor der Entwicklung des Internets gelöst hat? Natürlcih war die Welt damals scheiße, weshalb die Alten ihren Scheiß gern an unseren Gehörgänge abstreifen wollen, aber das tut in der Welt der Sackerl fürs Gackerl nichts mehr zur Sache, denn NERWSFLASH: Das Internet ist heute ja schließlich da.

Du hast eine lehrreiche Geschichte aus den Kriegsjahren auf Lager? Cool, ich google das mal. Nickelodeon und Tagesschulen nehmen den „ausrangierten" Semestern dann auch zunehmend die direkten familiären Aufgaben ab. Kurzum: Die mitteleuropäische Gesellschaft baut nicht mehr auf die Alten, begehrt sie wenig und hat kaum Interesse an ihren Ansichten. Sie werden also genau so weit wieder hergestellt, dass sie bei vollem Bewusstsein mitbekommen, dass sie total ungewollt sind. Nicht weil sie grundsätzlich zu nichts mehr fähig wären, sondern einfach weil sie einfach alt sind. Logisch drehen die da alle durch.

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Uns bleiben also eigentlich nur zwei Lösungsmöglichkeiten um diesem andauernden Amokpotenzial des Lebensherbstes zu begegnen: Entweder wir integrieren unsere Alten wieder in unsere Kultur oder eben Soylent Green. Uns soll beides recht sein, Hauptsache es gibt auch in Zukunft Fleisch zu essen (egal ob aus Pensionisten oder Tieren gemacht). Bis dahin feiern wir das Leben und die Jugend an folgenden Gelegenheiten:

Donnerstag:

Ein gutes Wochenende beginnt, wenn alle andren noch sagen "Morgen ist doch ein ganz normaler Arbeitstag". Weil diese Spaßbremsen aber auch irgendwie recht haben, gehen wir es heute mit der Ausstellungseröffnung der Flying Förtress Soloshow und der allerersten Issue-Releaseparty von Fjords on Paper ruhig an. Ersteres ist Graffitikunst des gleichnamigen Artists, zweiteres ist Fotokunst, und zwar von unserem liebsten Daniel Gebhart de Koekkoek in Kombination mit Clemens Fantur und Daniel Schreiber). Und es gibt natürlich auch Afterpartys, aber davon müssen die

Freitag:

Es ist zwar nciht Freitag der 13., aber immerhin Freitag und die passende Zahl zum Aberglauben könnt ihr euch bei Sexy Deutsch XIII with 18+ and disko404 holen. Im Roxy verpasst uns dʀʊmega mit Andy Butler laut eigenen Angaben multikulturellen Mehrwert in Sachen Dance Music. Was das genau heißt, wissen wir auch nicht, aber wir vermuten, es hat mit Pudern zu tun.

Samstag:

Samstagnachmittag wird geshoppt. Weil das so ist. Und weil das so ist und wir euch Alternativen zum Donauzentrum bieten wollen, gibt es heute den Backyard Sale: Spring Break Sale #3.

Eine Nacht voll Jux und Rapperei, das ist HAM, die Teenager-Mutter aller Wien-Partys. Wer nicht kommt, ist wahrscheinlich schon schwanger. Der Rest wird es am Samstag werden. Auch das Werk macht sich heute an selbiges, wenn bei JUGENDSTIL w/ Kobosil eure Klangmuscheln ein bisschen weiter befreit werden. Außerdem gibt es im Wuk einen Abend mit I-WOLF AND THE CHAINREACTIONS, wofür wir auch 1 mal 2 Tickets verlosen: einfach eine Mail mit dem Titel „Soylent Green" und einer kurzen Erklärung, wie man Pensionisten am besten zu Wurst verarbeiten kann, an: win@vice.at

Sonntag:

Wenn ihr nach all dem noch ein bisschen Restsaft habt (oder einfach nur den Restalk ökonomisch weiterverwerten wollt), können wir euch nur noch mal das große Rant-Art-und-Grant-Performance-Festival WWTBD - What Would Thomas Bernhard Do empfehlen. Heute ist der letzte von 10 Tagen, die ihr inzwischen Zeit hattet, um euch mal ein bisschen mit eurem Erbe und eurem inneren Bernhard auseinanderzusetzen, also wenn ihr bis jetzt nicht dort wart, dann TUT ES.