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Krieg ist die Hölle, aber Hornbach-Baumärkte sind schlimmer

Der Baumarktgigant Hornbach macht nun auch Geld mit Waffen. Heimwerker können sich bald mit dem moralisch fragwürdigen Hornbach-Panzer-Hammer für die Schlacht in den und gegen die eigenen vier Wänden wappnen.

Hornbach ist seit Jahren bekannt für seine Werbespots und Kampagnen, die auf Provokation ausgelegt sind. Blixa Bargeld, der den Hornbach-Katalog rezitiert, ist wohl das bekannteste Beispiel für eine kreative Kampagne, die auch heute noch Kultstatus genießt.

Diese Woche hat der größte Betreiber von Bau- und Gartenmärkten in Europa seinen neusten Coup enthüllt. Ein Hammer, gefertigt aus dem Stahl eines Panzers. Wahrscheinlich dachte man sich bei der Konzeption, es wäre eine tolle Idee, „Schwerter zu Pflugscharen“ zu machen, hat dann bei der Realisierung diesen ganzen Pazifismusblödsinn aber einfach vergessen.

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Ein halbes Jahr benötigten die Berliner Agentur Heimat [sic] und der Baumarkt, bevor dieses Machwerk das Licht der Öffentlichkeit erblicken konnte. Bereits am 21. Dezember kaufte der Baumarkt einen BMP-1-Schützenpanzer aus tschechischer Produktion, um aus dessen Stahl Hämmer zu fertigen. Die Kampagne umfasst TV- und Online-Spots, Anzeigen sowie ein Social-Media- und Web-Auftritt. Der Weg des Stahls—vom Kauf des Schützenpanzers bis zum fertigen Hammer—ist der Fokus dieses Werbefeldzuges.

Die erste Frage, die ich mir beim Betrachten der neuen Kampagne gestellt habe, war jedoch, wie lange es wohl dauern wird, bis der Shitstorm einsetzen wird.

Demilitarisierung ist etwas Positives, und dass Kriegsgerät verschrottet wird, notwendig. Auch dass der Stahl weiterverwendet wird, ist seit Jahren gang und gäbe und keinesfalls verwerflich. Jede Waffe weniger auf dieser Welt ist ein kleiner Sieg. Eine Kampagne, die jedoch nur provoziert und eine Reflektion darüber, was Waffen jeden Tag auf dieser Welt ausrichten, komplett ausklammert, ist konzeptionell aber zu kurz gegriffen und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.

Verstörend unreflektiert geht Hornbach so auch auf ihrer Webpräsenz unter „Häufige Fragen“ mit dem Thema um und man fragt sich, welche Kundenklientel wohl den Baumarktgiganten mit diesen Fragen bombardiert hat.

Auf die Anfrage, ob der Panzer denn echt sei und im Einsatz war, antwortet Hornbach mit irritierendem Stolz und Verweis auf die Einsatzgeschichte:

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„Ja, der Panzer ist echt. Und für alle, die es ganz genau wissen wollen: Es handelt sich um einen BMP-1-Schützenpanzer, 1984 hergestellt in der Militärreparaturfabrik 025 im tschechischen Nový Jičín. Bis 1990 war er für die tschechoslowakische Volksarmee im Einsatz. Danach diente er vier Jahre lang dem 71. Mechanischen Bataillon in Hranice als Truppentransporter. Ab 1994 war er im Besitz privater Sammler, bis ihn am 21. Dezember 2012 schließlich HORNBACH kaufte.“

Knapp 25.000 Exemplare des Panzers wurden seit 1966 produziert und in alle Welt exportiert. Der BMP-1 war der erste in Massenproduktion hergestellte Schützenpanzer der Welt. Er ist sowas wie eine mobilisierte Kalaschnikow und auf beinahe jedem Schlachtfeld in beinahe jedem Konflikt auf unserer Erde anzutreffen.

Auch die nächste Frage, „Warum wurde kein deutscher Panzer verwendet?“, lässt mich persönlich die Gegenfrage stellen, wie viel platter Nationalismus wohl jeden Tag in deutschen Baumärkten neben Pümpeln und Bohrmaschinen grassiert. Wenigstens liest sich die Antwort von Hornbach hierzu ideologiefrei, denn für Hornbach sind anscheinend alle Waffen gleich gut geeignet, um Hämmer zu fertigen. „Es ging uns darum, aus dem Material eines Panzers Hämmer zu fertigen. Die Herkunft des Panzers war dabei zweitrangig, denn alle Panzer eignen sich gleichermaßen für die Herstellung einzigartiger Hämmer.“ Weitere weltbewegende Fragen sind: „Woher stammt das Hickory Holz?“, „Wo kann ich den Hammer kaufen?“, „Wie lange hat es gedauert, den Hammer zu produzieren?“, „Wie viele Hämmer gibt es insgesamt?“, „Wie viele Hämmer kann ich auf einmal bestellen“ und vor allem „Warum kostet der Hammer 25 Euro?“ Seitens Hornbach wird (wohl aus PR-Gründen) kein einziges Mal erwähnt oder sich damit auseinandergesetzt, dass dieser Panzer dazu konstruiert wurde, in einem Krieg eingesetzt zu werden und dass seine primäre Aufgabe darin bestand, Menschen zu töten und nicht Nägel in eine Wand zu hauen. Gott sei Dank wurden für diese Kampagne keine Steuergelder verschwendet und es sind per se auch keine Menschen direkt durch diesen einen Panzer ums Leben gekommen, doch bei der für mich als Nicht-Heimwerker beinahe unterträglichen Melange aus Prä-NS-, NS- und Sozialismus-Tonalität und Designsprache ignoriert Hornbach historische und weltpolitische Gegebenheit vollkommen. Eine kurzer Check bei YouTube und Liveleak vermitteln einem aber sehr schnell ein Bild davon, wie dieses Gerät in der Realität gerade jetzt in diesem Moment in Syrien zum Einsatz kommt.
Wie gut, dass die Waffenlieferungen des Westens an die syrischen Rebellen angelaufen sind, denn alleine aus den letzten sieben Tagen finden sich unzählige Videos von BMPs und deren Besatzungen, die auf alle erdenklichen Arten und Weisen kaputt geschossen werden.

Ab dem 6. Juli 2013 sind die auf 7000 Stück limitierten Panzer-Hammer also für moralisch zweifelhafte 25 Euro im Handel zu erwerben …

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… und wer leer ausgeht, kann sich aber gewiss sein, dass wir in einer Welt leben, in der jeden Tag genügend Altmetall generiert wird.