Ein offener Brief: Was eine Klofrau wirklich über dich denkt
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briefe aus dem club

Ein offener Brief: Was eine Klofrau wirklich über dich denkt

In unserer neuen Kolumne erzählen uns Menschen, die dort arbeiten, wo du feierst, was sie von den Gästen halten.

Clubs gehören zu den schönsten Orten der Welt. Du tanzt, trinkst, quatschst, kannst dich so geben, wie du magst. Anders als im Büro oder in der Uni oder Schule fällt es auch nicht direkt auf, wenn du etwas zu viel Spaß hast. Damit das alles reibungslos über die Bühne geht, schuften sich allerdings zeitgleich unzählige Menschen den Arsch ab. Sie halten die Party am Laufen. Und dennoch, kommst du nur selten wirklich mit ihnen und ihren Lebensrealitäten in Kontakt. Dabei haben sie dir einiges zu sagen. Und wir geben ihnen in unserer neuen Kolumne nun die Gelegenheit dafür. Menschen wie Yolanda und Helga. Sie arbeiten da, wo du feiern gehst, denn sie sind das Personal vom Klo. Sie putzen die Clubtoiletten und wer ihnen fünfzig Cent gibt, bekommt sogar noch Schokolade oder Maoam geschenkt. Wenn es sein muss, greifen sie auch mal durch. Und wenn du kotzt und keiner deiner Freunde da ist, sind sie es, die dir die Haare aus dem Gesicht halten. Aber jetzt haben sie im Namen ihrer Kollegen und Kolleginnen auch mal ein paar Wünsche an dich.

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Namen: Yolanda (oben) und Helga (unten)
Dabei seit: Yolanda seit 1996 und Helga seit 2006

Liebe Klobesucher,

Viele von euch kennen wir ja schon ganz gut. Also Grüße an die Stammgäste! Aber an die, die immer wieder nur so mit der Nase nach oben an uns vorbeilaufen: Seid mal ein bisschen freundlicher! Denn das ist viel Wert. Das macht unsere Arbeit ein bisschen angenehmer. Wir grüßen euch ja auch alle, sagen Hallo, und sind nett.

Uns geht es gar nicht so sehr darum, dass ihr uns Geld gebt. Ein liebes Wort und etwas Wertschätzung machen den Abend besser. Also, wer was zahlen möchte, macht das. Wenn's nicht geht, sind wir euch nicht böse. Wir wissen, dass Eintritt und Getränke schon teuer genug sind und dass besonders die sehr jungen Leute unter euch das Geld nicht locker sitzen haben. Manchmal bekommen wir ein Kompliment für die schön sauberen Toiletten. Das macht uns glücklich, denn schließlich putzen wir uns für euch bis zu acht Stunden am Stück die Hände wund.

Apropos Hände: Männer, wascht sie euch ruhig mal öfter danach! Wenn wir euch das hinterherrufen, guckt ihr nur komisch. Aber das muss man schon mal sagen dürfen, oder? Wir helfen euch ja auch sonst in allen Lebenslagen. Wenn ihr uns fragt, ob ihr hier oder dorthin ziehen sollt, oder ob ihr doch lieber eine WG gründen müsstet, geben wir euch Tipps. Auch dann, wenn wir selbst keine richtige Ahnung haben. Oft genug denken wir nur an unser eigenes Zuhause und an unsere Haustiere, die wir da zurückgelassen haben.

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"Wenn ihr über Politik meckern wollt—macht das woanders. Eine andere Einstellung lasst ihr meist eh nicht gelten."

Doch wenn ihr in Not seid, sind wir zur Stelle. Wir machen euch wach, wenn ihr mal wieder auf dem Klo eingeschlafen seid—und das nicht mal, weil ihr zu viel getrunken habt, sondern weil ihr direkt von der Arbeit in den Club gegangen seid und nun doch nicht mehr durchgehalten habt. Des Öfteren müssen wir uns dann von euch anbrüllen lassen, weil wir euch aus dem Schlaf herausreißen. Aber wir meinen es nur gut.

Ihr Mädchen, die ihr euch die Herzen auf der Toilette ausweint: Wenn ihr fragt, was ihr tun sollt, können wir euch nur raten, direkt auf den Jungen, den ihr mögt, zuzugehen und es ihm einfach zu sagen. Wir können euch aber keine Entscheidungen bei der Männerwahl abnehmen. Das müsst ihr schon alleine machen. Und wenn ihr über Politik meckern wollt—macht das woanders. Wenn ihr uns eure Meinungen dazu erzählt, wollt ihr eine andere Einstellung meist eh nicht gelten lassen.

Aber ihr, die ihr auch mal mit uns zusammen eine Party feiert—ihr seid toll. Wir erinnern uns noch gerne an diese eine Feier, bei der ihr meintet, dass ihr euch bei uns viel wohler fühlen würdet, als auf der eigentlichen Tanzfläche. Ihr sagtet uns, wir sollen den Mob stehen lassen und mittanzen. Das war eine geile Party! Und der eine Herr, der sich mal auf unseren Platz setzte und sagte, dass er jetzt alles sauber halten würde und wir feiern gehen sollen, der war auch korrekt.

Also liebe Leute, die wir noch nicht kennen, aber die ihr vielleicht schon bald bei uns vorbeischaut: Grüßt uns, seid nett. Dann haben wir auch was Süßes für euch.

Liebe Grüße,
Eure Klofrauen

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