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Zürich

Was passiert, wenn Konzeptkünstler ein Konzeptalbum veröffentlichen

„Die zentrale Idee ist, das ziemlich beunruhigende Gefühl einzufangen, das von uns allen ausgeht.“
Bilder mit freundlicher Genehmigung der Künstler

Das Medienkünstlerduo aus Zürich und London, !Mediengruppe Bitnik, hat den Random Darknet Shopper kreiert, ein Paket an Julian Assange verschickt und die Architektur des Haus der elektronischen Künste in Basel mit einem Softwarefehler umstrukturiert. Jetzt veröffentlichen sie das Album Schiiwerfer, das von den regelmässigen “Bitnik-Komplizen” Göldin und Bit-Tuner aufgenommen wurde.

Schiiwerfer beschreibt man am besten als ein audiovisuelles Album bestehend aus neun Tracks, für die Carmen Weisskopf und Domagoj Smoljo von der !Mediengruppe Bitnik jeweils ein unverwechselbares Web-Kunstwerk zur Verfügung stellen. Das Album untersucht Themengebiete wie Gentrifizierung, Technologie, Entfremdung, Revolution und die betäubende Wirkung von verschreibungspflichtigen Medikamenten.

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Göldin, Journalist und Autor von Delivery for Mr. Assange, erzählt The Creators Project, dass Schiiwerfer mehr oder weniger eine zeitgenössische Version von Less Than Zero von Bret Easton Ellis sei—nur seien sie nicht so reich wie die Personen in der Novelle. “Die zentrale Idee ist, das ziemlich beunruhigende Gefühl einzufangen, das von uns allen ausgeht”, sagt er. “Aus der Stadt, aus unseren Jobs. Während wir Tag und Nacht auf Xanax durch unsere strahlenden Städte fahren.”

Göldin wurde durch Zufall zum !Mediengruppe Bitnik-Mitglied, als er über Opera Calling berichtete, Bit-Tuner hat bei einigen Ausstellungen der Gruppe die Musik beigetragen. Weisskopf bestätigt, dass Göldin und Bit-Tuner immer unter den ersten sind, um über Ideen für neue Arbeiten zu sprechen. Daher sei es natürlich, dass diese Veröffentlichung kollaborativ entstanden sei.

Schiiwerfer selbst ist 2015 bei einem Abendessen in Zürich gewachsen, als sich die vier über die Musikindustrie unterhielten. Die Diskussion drehte sich schliesslich darum, ob man Musik physisch auf einer Platte oder CD oder im Internet veröffentlichen sollte und was das alles über den Zugang zum Kulturgut bedeutet.

„Musik über ein Label zu veröffentlichen, fühlt sich irgendwie an, als würde jeder so tun, als sei es immer noch 1999”, erklärt Smoljo gegenüber The Creators Project. “Wir waren uns rasch einig, dass wir neue Formen, neue Formate für die Kopplung von Musik mit Visuals finden müssen, um visuelle Welten aus Musik zu kreieren. Wie könnten wir das mit einem ganzen Album umsetzen, wie würde das im Netz gehen?”

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“Der Vorteil am Internet ist für uns, dass es ein Medium ist, durch das du einheimische Kultur mit einem breiten, globalen Publikum teilen kannst”, fügt er hinzu. “Also empfanden wir das Übersetzen vom Einheimischen (Schweizerdeutsch) in etwas, das übers Internet zugänglich ist, auf einem Browser basiert, als sehr interessant. Ein Netz-Erlebnis sozusagen.”

Bit-Tuner meint, er und Göldin hätten erst Text und Musik auf die Beine gestellt und liessen dann Smoljo und Weisskopf übernehmen. !Mediengruppe Bitnik brachten anschliessend die Designer Christoph Knoth und Konrad Renner (zusammen bekannt als Knoth&Renner) ein, die mithalfen, die charakteristische Netzkunst und typografische Stimmung von Schiiwerfer zu entwickeln.

Smoljo und Weisskopf war es wichtig, Göldin und Bit-Tuners Beschreibungen von Ausgrenzung über die fünf Millionen Deutschschweizer hinaus zugänglich zu machen. Denn das, sagt Smoljo, sei eine Erfahrung, die Menschen auf der ganzen Welt teilten. “Es war uns wichtig, dass wir unser Gefühl von Unverbundenheit, Verachtung und Entfremdung allen anderen Stimmen hinzufügen können”, sagt Smoljo. “Wir fingen an, die Texte zu übersetzen, damit wir die starken Visuals mit der Veröffentlichung im Netz und mit Untertiteln in Schweizerdeutsch, Deutsch und Englisch kombinieren können.”

Da die Untertitel eine grosse Rolle in der Auffassung spielen würden, konzentrierten sich !Mediengruppe Bitnik, Knoth und Renner sehr auf die Typografie. Sie haben die Schriftart in Python erstellt, sie mit 3D-Objekten, WebGL-Bibliotheken und Code-Zeilen kombiniert und das Ganze in den neun URLs/Videos verpackt. Smoljo sagt: “Manchmal konzentrieren sich die Visuals auf einen Satz des Songs. Manchmal versuchen sie die Stimmung einzufangen. Oder sie spielen mit aktuellen Trends wie Tinder. Wo du wischen kannst, ohne überhaupt jemals den Song zu hören.” Göldin und Bit-Tuner gaben Knoth und Renner auch Tumblr Bilder mit, zu welchen sie ihr eigenes Material hinzufügten. “Für einen Grafiker war die Gestaltung eines CD-Covers einmal das Grösste”, sagt Knoth. “Nicht mehr. Heute ist es die Webseite des Albums.”

“Die Zeit des Plattenladens ist um, die Zeit der CD ist um”, sagt er. “Wir sitzen Nacht für Nacht vor einem Computerbildschirm und ziehen uns über dröhnende Lautsprecher Clips und Musik von Earl Sweatshirt und Amnesia Scanner und Schoolboy Q und Zombie rein.”

Klick hier, um Göldin & Bit-Tuners Schiiwerfer zu erleben und herunterzuladen und hier, um mehr von !Mediengruppe Bitnik zu sehen.