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In Mainz steht der erste Motor, der von einem einzelnen Atom angetrieben wird

Wissenschaftler aus Mainz und Kassel haben eine Maschine erschaffen, die so klein ist, dass man sie nicht sehen kann.
Die Ionenfalle. Bild: AG QUANTUM

Physikalisch betrachtet ist Hitze nichts anderes als die Wärme, die entsteht, wenn sich Atome unentwegt aneinander reiben. Als Thermodynamik machen wir uns dieses Prinzip seit vielen Jahrzehnten in zahlreichen Maschinen zu Nutze, ohne die unser moderner Fortschritt nicht denkbar gewesen wäre: Wärmekraftmaschinen wie zum Beispiel Dampfturbinen verwandeln die durch Hitze erzeugte Energie in mechanische Leistung um die unterschiedlichsten industriellen Prozesse anzutreiben.

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Ohne die Kraft der Wärmekraftmaschinen wäre die industrielle Revolution niemals möglich gewesen und bis heute spielen diese Maschinen als Antriebssysteme eine entscheidende Rolle. Den meisten von uns sind sie wohl vor allem in ihren am weitesten verbreiteteten Formen bekannt: dem Automotor und dem Flugzeugtriebwerk.

Jetzt wollen Wissenschaftler das bisherige Bild von Wärmekraftmaschinen als große Metall-Apparate auf den Kopf stellen: Forscher des Instituts für Physik der Johannes Gutenberg Universität Mainz und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg haben eine Maschine entwickelt, die die Wärmeproduktion in eine neue Miniatur-Dimension verlegt. Ihnen gelang es, eine Wärmekraftmaschine zu entwickeln, die mit nur einem einzelnen Atom arbeitet.

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins

Science erklärte

das Forscherteam, wie sie ein einzelnes, elektrisch geladenes Kalzium-Atom in einem Paul-Ionenkäfig, auch

Paul-Falle

genannt, einfingen. In dieser speziellen Art der Ionenfalle wird anhand von zwei positiven und zwei negativen Elektroden ein

geladenes Partikel eingefangen

, dabei wird es gleichzeitig in die Mitte gedrückt und nach Außen gezogen.

Durch ein elektrisch erzeugtes Rauschen konnten die Wissenschaftler das Teilchen dann erhitzen und ließen es damit laut der Studie einen thermodynamischen Kreisprozess durchlaufen. Dadurch vibrierte das Teilchen wie in einer normalen Wärmekraftmaschine in der Paul-Falle hin und her. Abgekühlt wurde es anschließend mit Hilfe eines Laserstrahls.

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Um herauszufinden, wieviel Energie die Miniatur-Wärmekraftmaschine in einer maßstabsgetreuen Vergrößerung erzeugen würde, führten die Wissenschaftler eine Reihe thermodynamischer Tests durch. Dabei stellten sie fest, dass ihre „mit nur einem einzelnen Atom arbeitende Maschine eine Kraft von 10 bis 22 Watt erzeugen kann und mit 0,3 Prozent Effizienz arbeitet", so die Ergebnisse. Damit wäre die Leistung der Maschine in einem größerem Umfang so stark wie bei einem Automotor.

Verschlüsselung in der Ionenfalle: Der Quantenrechner von morgen ist da

„Durch die Umkehr des Kreisprozesses können wir die Maschine als einatomigen Kühlschrank betreiben und damit gekoppelte Nanosysteme kühlen", eklärte der Erstautor der Studie Johannes Roßnagel.

Professor Kilian Singer (Projektleiter), Doktorand Johannes Roßnagel und Professor Ferdinand Schmidt-Kaler (Leiter der QUANTUM Gruppe) vor dem Versuchsstand im Labor der Universität Mainz, an der die Wärmekraftmaschine entwickelt wurde. | Bild: AG QUANTUM

Abgesehen davon, dass sie in ihrem Bereich eine neue, innovative Apparatur entwickelt haben, hoffen die Physiker, dass ihre Ergebnisse die Forschung im Bereich der thermodynamischen Quanteneffekte antreiben werden. Die Wissenschaftler wollen nun als nächstes untersuchen, wie Quantenmotoren genutzt werden könnten, um die Energieleistung eines Motors zu erhöhen. Sollten sich die Messergebnisse als stabil herausstellen, könnte dies der Entwicklung völlig neuartiger Antriebsarten die Türen öffnen.