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Forscher lassen Probanden mit einem Neuro-Roboter Geister spüren

Schweizer Wissenschaftler haben in einer Studie untersucht, wann Menschen das Gefühl beschleicht, von einer fremden Präsenz verfolgt zu werden.
Bild: Experience1 © Alain Herzog/EPFL | Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung

Wissenschaftliche Studien gehören zum Alltag eines jeden Forschenden. Im Idealfall sind die Ergebnisse verwertbar und mit ganz viel Glück führen sie auch noch zu einem allgemeinen Erkenntnisgewinn. Dass die akademische Arbeit jedoch einen solch großen Einfluss auf die Realität hat, dass die Probanden eine Studie abbrechen, weil sie ihnen zu gruselig ist, dürfte eher selten vorkommen. Genau das erreichten jedoch nun Schweizer Wissenschaftler, als sie einen neuen Roboter ausprobierten, der Menschen das Gefühl vermittelte, mit einem Geist in einem Zimmer zu sein.

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Die Studie mit dem eleganten Titel  „Neurological and Robot-Controlled Induction of an Apposition" ist eine der ersten Untersuchungen dazu, wann Personen die Anwesenheit eines Geistes spüren oder, wie die Autoren es nennen, „das Gefühl einer Präsenz". Solche Erfahrungen zeigen sich häufig bei Menschen, die unter psychischen Störungen wie Schizophrenie leiden oder die eine außergewöhnliche persönliche Lebessituationen durchzustehen haben.

„Wir hatten zwei Teilnehmer, die aufhören wollten, weil ihnen die Sache zu unheimlich wurde", erzählte mir Giulio Rognini, ein Wissenschaftler am Swiss Federal Institute of Technology. „Wir erzeugten bei den Personen ein illusorisches Gefühl. Das ist etwas anderes als eine Halluzination, sie fühlen dabei die Anwesenheit von jemand anderem."

Für die Versuchsanordnung baute Rognini ein sogenanntes „Master/ Slave" Robotersystem auf. Die Teilnehmer standen zwischen diesen zwei Robotern und ließen ihre Hand für drei Minuten von dem Master-Roboter in verschiedene Richtungen bewegen. Der Slave-Roboter befand sich hinter der Person und spiegelte die Aktionen des Master-Roboters, indem er die Person zeitgleich am Rücken berührte.

Experience2 © Alain Herzog/EPFL 

Die Probanden hatten so das Gefühl, ihren eigenen Rücken zu berühren. Der Effekt einer fremden Präsenz im Raum stellte sich ein, als die Synchronizität der Roboter verzögert auftrat.

„Es gab eine Diskrepanz zwischen dem, was sie tun und was sie fühlen", sagte Rognini. „Wir haben ein ähnliches Phänomen schon zuvor bei Patienten in der Psychiatrie erlebt. Die Präsenz wird immer als unangenehm wahrgenommen und das Gefühl, das sich einstellt ist nie schön."

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(A) A master-slave robotic system was used to allow participants to move their arms forward and receive tactile feedback on the back. The feedback was administrated synchronously or asynchronously (500 ms delay) with the movement, and with our without force feedback at the participants' fingertip. (B) Participants reported higher illusory self- touch, and showed a larger drift in self-location towards the virtual back in the synchronous compared to the asynchronous condition; drift was also larger in the condition with (versus without) somatosensory force feedback to the participants' fingertip (C). The condition in which five subjects spontaneously reported a FoP is indicated with an arrow. ©Current Biology

Lesion overlap analysis for the FoP group (A) revealed three regions where overlap was maximal: temporo-parietal, insular, and especially (when comparing to a control group, B) fronto-parietal cortex. ©Current Biology 

Auch Reinhold Messner kennt das Gefühl. Als er mit seinem Bruder den Nanga Parbat bestieg und dabei an seine physischen Grenzen stieß, spürte er, dass sich noch jemand rechts von ihm befand: „Dieser andere Kletterer hielt die ganze Zeit einen bestimmten Abstand, gerade so außerhalb meines Sichtfeldes."

Indem wir jemanden in den Rücken piksen, induzieren wir nicht grundsätzlich das Gefühl eines Geistes für die andere Person. Doch zwölf Patienten, die durch Epilepsie oder andere Störungen schon einmal die Anwesenheit einer Präsenz erlebt hatten, beschrieben die beiden Erlebnisse als extrem ähnlich. Rognini beschreibt in dem aktuellen Paper, das in Current Biology veröffentlich wurde, dass die Erfahrung einer fremden Präsenz oft bei Menschen auftaucht, die extrem geschwächt sind.

Die Studie zeigt jedoch auch, was die neurologischen Voraussetzungen bei Menschen sind, die Geister fühlen. In Hirnscans fanden die Forscher bei den geistersensiblen Personen eine Indifferenz zwischen drei separaten Cortex-Regionen, der Inselrinde, dem Parietallappen und dem Temporalappen. Diese drei Regionen sind für das Selbstbewusstsein, die Bewegung und die Art, wie du den Raum um dich herum wahr nimmst verantwortlich. Und genau diese Bereiche waren bei den neurologischen Patienten betroffen und wurden auch in der Geister-Simulation der Wissenschaftler aktiviert. Vielleicht spielen sich die wahrhaftigen Ereignisse also wieder einmal alle nur in deinem Kopf ab.