Jan Böhmermann zerlegt die deutsche Fernsehunterhaltung in seinem Podcast

"Es hat sich wahnsinnig viel Hass aufgestaut", sagt Jan Böhmermann. "Diffuser Hass." Hass auf die Goldene-Kamera-Verleihung, Hass auf seinen eigenen Arbeitgeber ZDF und die gesamte deutsche Fernsehunterhaltung dazu. Und diesem Hass macht er in der aktuellen Episode von Fest und Flauschig Luft – dem Podcast auf Spotify, den er zusammen mit Olli Schulz moderiert.

In der Folge "Dicker Wurm am Haken" redet sich Böhmermann derart in Rage, dass er zwischendurch die Kopfhörer ablegen und schreien muss. Der halbstündige Wutausbruch beginnt damit, dass er über die Preisverleihung der Funke Mediengruppe erzählt, bei der er im Publikum saß und "sich durch den Abend gequält hat". Wir erinnern uns, die Goldene Kamera, das war die Fremdscham-Gala, bei der Schauspieler Matthias Matschke als riesiger Briefumschlag tanzte.

Und ein nackter Mann im Publikum der Haupt-Gag des Abends sein sollte.

Böhmermann meint dazu: "Es ist Geld genug da, du hast eine Live-Sendung, du hast alle Prominenten. […] Und das einzige, was denen einfällt, ist, dass jeder der amerikanischen Prominenten ein deutsches Wort sagen muss. Das ist eine Idee, die ungefähr 70 Jahre alt ist. Nach dem Motto: Der hat einmal 'Grüß Gott' gesagt. Alter, was ist das für ein Scheißwitz!"

Dass Joko und Klaas einen Fake-Ryan-Gosling eingeschleust haben, fand Böhmermann noch das Beste am ganzen Abend: "Der Spaß wurde für mich umso größer", sagt er, "nachdem ich gesehen habe, wie viele Mitarbeiter völlig geschockt waren, dass sie so megamäßig reingelegt wurden." Deren Reaktion beschreibt er so: "Die Bowle war aids-verseucht! Jetzt müssen wir alle sterben! […] So haben die sich verhalten", sagt er. "Das war unfassbar! Das ist eine Unterhaltungssendung. Leute, macht euch doch mal locker! Holt doch mal die Kartoffeln aus dem Arsch!"

Sein Fazit: "Ich habe mich zwischenzeitlich in ein türkisches Gefängnis gewünscht. Weil ich gedacht habe, das ist unterhaltsamer und vielleicht ein kleines bisschen spannender."

Nach der Abrechnung mit der Goldenen Kamera bekommen das ZDF und das gesamte deutsche Unterhaltungsfernsehen ihr Fett weg: "Es ist eine Katastrophe, es ist wirklich eine absolute Katastrophe. Es ist so eine Katastrophe, dass es mir jetzt scheißegal ist, dass ich einigermaßen offen darüber rede."

Böhmermann wirft den Sendern vor, nicht mutig genug zu sein. Seinem Co-Host Olli Schulz erklärt er die Situation folgendermaßen. Es sei so, als ob "du die ganze Zeit auf Festivals spielst, wo Max Giesinger der Headliner ist und man dich ab und zu mal rausholt, um zu zeigen, dass man auch den verrückten Olli Schulz hat", sagt er. "Obwohl es Leute gibt, die viel cooler sind als Max Giesinger, aber sie werden nicht auf Bühnen gelassen. Dann sorgt das für tiefen Frust."

Böhmermanns Vorschläge: sich mehr zutrauen. "Was niemanden weh tun kann, kann auch niemanden berühren", sagt er. Er rät den Sendern, es mit neuen Leuten zu probieren, denen auch mal ein bisschen Luft zu geben und keine Angst vor dem Scheitern zu haben: "Und nicht immer diese komische öffentlich-rechtliche ARD-Haftigkeit, am nächsten Morgen schon Durchfall in der Hose zu haben, weil die Quote ein Prozent unter dem Senderschnitt ist."

Zum Schluss ermutigt er junge Talente, beim Fernsehen anzufangen, anstatt "einen auf Ronja von Rönne zu machen". Böhmermann sagt:  "Ich weiß nicht, warum die ganzen Leute auf den Journalistenschulen abhängen. Geld gibt es beim Fernsehen auf jeden Fall mehr."

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