Der Skorpionschwanz ist bekanntlich einer der bösartigsten Körperglieder überhaupt. Der Stich soll für einen unerträglichen Schmerz sorgen und das Gift mancher Arten ist tödlich.Gemeinsam mit einem Freund begab ich mich dennoch auf die Suche nach den giftigen Schwänzen. Wir wollten herausfinden, wie sich sein Gift mit Alkohol versteht.Das besagte Getränk nennt sich Uña de la Gran Bestia (die Klauen der großen Bestie) und ist in Canoa, einer kleinen Surferstadt an der Küste von Ecuador sehr beliebt. Es besteht aus Skorpionen, riesigen Tausendfüßlern und Marihuana-Stängeln, die in schwarz gebranntem Schnaps eingelegt werden. Mehrere Verkäufer bieten das Gebräu für einen Dollar pro Shot an. „Ein Shot und ich werde müde", sagte Fabio, einer der Brauer, zu uns. „Zwei Shots und ich wache langsam auf. Drei Shots und ich werde wuschig. Meine Ehefrau mag es nicht, wenn ich drei trinke."Die blühende Spirituosenszene der Küste hat eine Vielzahl an Getränken zu bieten. Für den besagten Kronjuwel unter den Spirituosen, Uña de la Gran Bestia, machten wir uns auf zur Bootsbar, einem beliebten Treffpunkt für Touristen am Strand von Canoa. Calixto, der Besitzer der Bar, hörte das erste Mal von diesem Getränk, als er seine Waren im Amazonas verkaufte, erzählt sein Sohn. Er wollte die Getränke nachahmen, die die Eingeborenen im Dschungel tranken und kreierte ein Rezept mit Marihuana, Tausendfüßlern, Skorpionen—und Kokablatt für den Extra-Kick.Neben dem normalen Alkoholrausch, behauptet er, enthalte die Spirituose positive Energie und medizinische Eigenschaften. Ältere Menschen kaufen das Getränk, um besser schlafen zu können und sie reiben ihre Haut damit ein, um Arthritis zu behandeln. Manche verwenden es als Art Viagra, andere einfach um zu feiern. Ein lebensfroher Franzose erzählte mir, dass er an einem Abend mit reichlich Uña wie ein Verrückter tanzte, auf Autos sprang und am nächsten Morgen mit kaputter Brille neben einer vierfingrigen Frau aufwachte. Wie sich der fehlende Finger auf ihre Begegnung auswirkte, darauf ging er nicht genauer ein.Unsere Geschichte hat nicht so ein schönes Happy End. Die Flasche mit dem berüchtigten, braunen Schnaps stand hinter der Bar und die abstoßenden Zutaten schwammen darin. Kein Zweifel, man bekommt, wofür man bezahlt. Der Barkeeper schenkte uns die Shots ein und nach kurzem Zögern kippten wir sie runter. Ich hatte ein ekelerregendes, schmerzhaftes Gefühl erwartet, eben so wie die Skorpione in meiner Vorstellung. Aber es war gar nicht so übel. Caña mit einem kräuterigen, erdigen Geschmack.Mit Fabios Worten im Hinterkopf tranken wir jeweils drei Shots. Anstatt in Erregung schlug meine Aufregung, dieses Getränk zu probieren, jedoch in Trägheit um. Ich zog mich zurück für einen unruhigen Nachmittagsschlaf, in dem ich von giftigen Skorpionschwänzen und anderem tropischen Unheil träumte.
Anzeige