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Frankreich

Frankreichs Bäcker werden bestraft, weil sie zu viele Baguettes backen

Bäckereien in Frankreich müssen laut eines antiquierten Gesetzes einen Tag pro Woche geschlossen halten, ansonsten droht eine Haftstrafe. Die Bäcker des Landes sind entsetzt.
Foto von joyoflife via Flickr

Frankreich legt sich ja bekanntermaßen ziemlich ins Zeug, um seine Kultur und den französischen Lebensstil zu bewahren. Und was steht mehr für das Land als das gute, alte Baguette? Brot hat in eine ganz besondere Bedeutung, deshalb muss man es schützen. Und das bedeutet in Frankreich, dass keiner zu viel dafür arbeiten darf.

Da die Franzosen ihre Baguettes und Croissants so sehr lieben, klingt es auf den ersten Blick vielleicht etwas nach einem Interessenskonflikt: Die boulangeries des Landes dürfen nicht jeden Tag offen haben, ansonsten werden sie bestraft.

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Vier französische Bäcker in Landes im Südwesten Frankreichs hatten viel zu viel gearbeitet. Somit lag ein Gesetzesverstoß vor und sie bekamen eine Geldstrafe auferlegt. Anstatt der erlaubten sechs Tage, waren die Bäckereien jeden Tag geöffnet. Und das ist in Frankreich ein absolutes No-Go.

Jetzt, sagen die Bäcker, müssen sie einige ihrer Mitarbeiter entlassen.

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Ein Gesetz aus dem Jahr 1999—nein, nicht 1799—besagt, dass boulangeries einen Tag pro Woche schließen müssen. Und weil die Bäcker in Landes sich nicht an diese Vorschrift hielten, beschloss das Gericht, dass jeweils 500 Euro fällig waren.

Einer der verurteilten Bäcker sagte: „Ich habe eine Vorstrafe, nur weil ich Brot gebacken habe. Morgen muss ich Angestellte entlassen."

Ein weiterer sagte zu einer französischen Nachrichtenseite: „Wir sind Unternehmer, die angewidert sind, in Frankreich zu sein. Wir werden weniger arbeiten und folglich weniger Umsatzsteuer und weniger Lohnsteuer bezahlen und wenn es sein muss, werden wir Mitarbeiter entlassen."

Bei dem Betroffenen handelt es sich nicht um irgendwelche Bäcker. Stephane Cazeneuve ist der ehemalige Preisträger des Awards für das beste Baguette des Landes, was in Frankreich wohl eine ziemlich große Sache ist. Sein Geschäft einen Tag zu schließen, würde ihn nach eigenen Angaben 250.000 Euro kosten und auch er müsste einige seiner Angestellten entlassen.

„Ich habe Jobs und Wohlstand geschaffen. Ich weiß nicht, warum sie mich davon abhalten", sagte er.

Die französische Politik ist sich nicht ganz einig, ob die strengen Gesetze des Landes gelockert werden sollten. Der Wirtschaftsminister Emmanuel Macron drängt darauf, Geschäfte sonntags offen zu halten, während die Bürgermeistern von Paris, Anne Hidalgo, für das Gegenteil plädiert.

Der gleichen Meinung sind einige Gewerkschaften. Für sie sind diese Gesetze eine Frage des Arbeitnehmerschutzes. Eric Scherrer, von der Gewerkschaft für den Einzelhandel CLIC-P, sagte zu The Local: „Es gibt ein Vorschrift, die besagt, dass Bäckereien und andere Gewerbe in der Lebensmittelindustrie mindestens einen Tag pro Woche geschlossen haben müssen. Das liegt daran, dass es ein handwerkliches Gewerbe ist, in dem die Leute sehr viel arbeiten können, viel mehr als das Gesetz erlaubt. Diese Leute brauchen einen Tag Pause pro Woche. Wir können nicht erlauben, dass sie nonstop arbeiten. Es ist unerlässlich, dass sowohl Chefs als auch Angestellte einen Ruhetag haben."

Frankreich muss sich wohl entscheiden—Baguettes oder Ruhetag? Den Bäcker in Landes haben vorerst keine Wahl.