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Ein Blick in das lange Jahre geheime Sabotage-Handbuch des US-Geheimdiensts

Im Zweiten Weltkrieg kämpften die USA nicht nur mit ausgebildeten Soldaten an der Seite der Alliierten gegen die Nazis. Dank eines kleinen Handbuchs motivierten sie auch deutsche oder unter der Herrschaft der Nazis lebende Bürger, die mit der Kriegsführung ihrer Nation nicht einverstanden waren oder mit den Alliierten sympathisierten, den NS-Staat ein bisschen aufzumischen und nachhaltig zu sabotieren.

Der Vorläufer der CIA, das Office of Strategic Services (OSS), verfasste im Jahr 1944 eine verblüffende Anleitung, mithilfe derer eingeschleuste Mitarbeiter ordentlich Verwirrung unter den Nazis stiften konnten. Dem damaligen Direktor des OSS, William J. Donovan, kam dabei die Idee, dass das „Simple Sabotage Field Manual” auch ein wunderbares Nachschlagewerk für jedermann wäre. Daher ordnete er an, die ehemals geheime 20-seitige Schrift nicht nur innerhalb des Militärs zu verteilen, sondern auch die in feindlichen Staaten lebenden Bürger mittels Pamphleten oder gezielten Rundfunkausstrahlungen über die destabilisierenden Tricks zu informieren, die sich zum Teil lesen wie eine epische Sammlung diebischer Kinderstreiche, aber an anderer Stelle auch dazu aufrufen, kriminell zu werden.

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„Einige der Anweisungen scheinen veraltet, andere sind noch immer überraschend relevant”, schreibt das CIA auf seiner Website. „Zusammengenommen sind sie eine Erinnerung daran, wie einfach Produktivität und Ordnung untergraben werden können.”

Wir haben aus dem Sabotage-Handbuch mal ein paar zeitlose Tipps zusammengestellt, anhand denen Bürger die Resilienz ihres Umfelds auf die Probe stellen können. Einige der Anarcho-Ideen sind so einfach (z. B. „Stelle dich dumm”) oder glänzen mit einer überwältigenden Effizienz („in Tanks pinkeln”), dass sich ein Test quasi aufdrängt. Für manche muss man schon eine gewisse Abgeklärtheit und Konfliktfreude mitbringen, andere Aktivitäten lassen sich erfreulicherweise auch bei völliger Schüchternheit und vollständig anonym durchführen.

Das aufrührerische Potenzial der Klorolle

Alle Bilder: Screenshot CIA

Für besonderen Unmut in den feindlichen Reihen sorgt fehlendes Klopapier. Keiner möchte nach einem erfolgreichen Geschäft ins Leere greifen und der Tag ist für die betreffenden Personen nach solch unschöner Erfahrung schnell gelaufen.

Als besonderes Schmankerl lässt sich noch die Toilette zum Überlaufen bringen. Dafür empfiehlt das Handbuch, einen Schwamm in Zuckerlösung zu tränken und dann ganz eng zusammenzubinden. Ist der Schwamm getrocknet entfernt man ganz einfach nur den Bindfaden und spült den kleinen Übeltäter das Klo herunter. Im Rohr angekommen kann er sich dann ganz entspannt zu seiner regulären Größe ausdehnen und wie ein dicker Stöpsel die Kanalisation verstopfen.

Flatternde Entschärfung eines Propagandafilms

Ein genialer Trick irgendwo zwischen Lausbubenstreich und ernsthaftem Sabotageakt: Besorg dir drei Dutzend große Motten und stecke sie in eine Papiertüte. Wenn du das Kino betrittst, platziere die Tüte in einer leeren Ecke auf dem Boden und lasse sie offen. Wie wir wissen, fliegen die Motten ins Licht und werden sich freudig am Projektor bzw. Beamer versammeln. Der Film wird fortan von einem wilden Geflatter und dunklen Schatten begleitet.

Bei solchen anonymen Aktivitäten gilt eine wichtige Regel: „Widerstehe, nachdem du einen Sabotageakt begangen hast, jeglicher Versuchung zu gucken was passiert. Eckensteher ziehen Verdacht auf sich.”

Kommen wir nun zu den Sabotagekniffs, die nicht nur ein wenig mehr Courage erfordern, weil jeder seinen eigenen Kopf in die Schusslinie hält, sondern die auch die Grenze von Gemeinheiten zur Illegalität mehr oder weniger eindeutig überschreiten.

Bossmoves aus der Hölle

Solltest du in der glücklichen Lage sein und in einer Firma das Sagen haben, die Waren herstellt, die deinem Feind helfen, oder die aus anderen guten Gründen in den Ruin getrieben werden muss, wirken ein paar simple Tricks oft Wunder für die Motivation der Angestellten. Vielleicht hattest du auch selbst schon einmal die Chance, dir ein paar dieser wunderbaren moralisch zweifelhaften Kniffe bei einem ehemaligen Vorgesetzten abzuschauen.

Immer praktisch ist es, neue Mitarbeiter mit falschen oder unvollständigen Informationen auszustatten. Mag die Arbeitsmoral zunächst noch so hoch sein—sie lässt sich, wie jeder unglückliche Angestellte leider weiß, mit ein paar Übervorteilungen, unverdienten Beförderungen und freundlichen Worten gegenüber ineffizienten Arbeitern leicht untergraben. Damit einher geht natürlich eine harsche Kritik und ein ständiges Genörgel an der guten Arbeit effizienter Kollegen.

Unnötig zu erwähnen, dass Konferenzen immer zu besonders ungünstigen Zeiten abgehalten werden sollten und du möglichst oft und ausufernd wichtige Ansprachen zu absolut irrelevanten Themen halten solltest. Selbstverständlich arbeitest du sehr langsam und erledigst das Unwichtige zuerst. Du wirst sehen, schon bald wird sich das Klima in deiner Firma in gewünschtem Maße verschlechtern.

Streit anfangen, Chaos verbreiten: Tipps für Angestellte

Natürlich kann man auch ohne Leitungsfunktion aktiv zur Zersetzung eines Unternehmens beitragen. Bürokatische Apparate legt man als Mitarbeiter effizient lahm, in dem man für jeden Arbeitsschritt eine schriftliche Anordnung verlangt. Diese solltest du in der Regel missverstehen und mit einer unendlichen Reihe von Fragen die eigentliche Arbeit herauszögern. Ist etwas geklärt, streite darüber, wenn möglich. Solltest du für die Bestellung von Arbeitsmaterial verantwortlich sein, nehme diese immer im allerletzten Moment vor, wenn auch der letzte Bleistift schon fast zu Ende angespitzt und der letzte alte Computerspeicher schon verbaut ist. Schon die kleinste Lieferverzögerung führt nun zu unnötigen Arbeitsausfällen.

Lege besonderen Wert darauf, dass die beste Arbeit in möglichst unwichtigen Bereichen abgeliefert wird und beharre am besten trotzdem auf Nachbesserungen in diesem Bereich. Im Gegensatz dazu solltest du offensichtlich fehlerhafte Erledigungen mit einem wohlmeindenden Nicken durchwinken. Auch Störungen der Routine eignen sich als hervorragendes Mittel für ein wenig Durcheinander. Sortiere Materialien falsch ein, benenne Ordner falsch und gebe die falschen Telefonnummern weiter.

Unverhohlene Aufforderung zur Brandstiftung

Hier begeben wir uns in hochkriminelle Gefilde der Brandstiftung—offenbar damals ein akzeptiertes US-Mittel im Kampf gegen die Nazis. Besonders dort, wo viele entflammbare Materialien zur Verfügung stehen, könne ein Feuerzeug viel bewirken. „Kaufhäuser sind offensichlich die vielversprechendsten Ziele, aber die brandstiftende Sabotage sollte sich nicht auf diese beschränken”, so die militärisch abgesegnete Anleitung. Informativ ist auch der Nachsatz, die Schandtat, „wenn irgendwie möglich”, so zu arrangieren, dass das Feuer erst dann züngelt, wenn sich der Täter bereits vom Tatort entfernt hat.

Die geheime Schrift wurde im Jahr 2008 im Volltext freigegeben und steht nun für jeden zur Einsicht zur Verfügung. Wer einen noch tieferen Einblick in die zersetzenden und teilweise doch recht drastischen Sabotage-Kniffe der USA aus dem 2. Weltkrieg werfen möchte , kann sich das Handbuch hier herunterladen oder sogar als Taschenbuch bestellen.