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23-Jähriger kündigt Amoklauf per Jodel an – und wird von SEK einkassiert

Der Student hatte anonym angekündigt, eine Jura-Veranstaltung für Erstsemester mit einer halbautomatischen Waffe zu stürmen. Wenig später klopfte ein Sondereinsatzkommando an seine Tür.
Nicht die Polizisten des Einsatzes in Trier | Foto: imago | Deutzman 

Ein deutscher Nutzer der Handy-App "Jodel" ist gestern Abend von einem Sondereinsatzkommando der Polizei in seiner Wohnung in Trier verhaftet worden. Der 23-Jährige hatte zuvor in einem Thread der Chat-App einen Amoklauf für den heutigen Freitagvormittag an der Universität Trier angekündigt.

Andere Nutzer, die die Nachrichten gesehen und ihn "zurechtgewiesen" hatten, wie es in in einer Pressemitteilung der Polizei Trier heißt, meldeten den Vorgang schließlich der Polizei und erstatteten Anzeige gegen den anonymen Jodelnutzer. Mehrere Medien, darunter das größte Lokalblatt Triers, veröffentlichten einen Screenshot, die eine der Nachrichten auf Jodel zeigen soll, die der Tatverdächtige abgeschickt haben soll.

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"Na ihr süßen Erstis. Ich bin's. Wie viel kommen denn morgen von Euch? Bei meiner Halbautomatik habt ihr ne größere Chance, zu entkommen als zu sterben", ist auf dem Screenshot zu lesen, dessen Echtheit die Polizei gegenüber Motherboard nicht kommentieren wollte. Dass der 23-Jährige, der selbst an der Universität Trier eingeschrieben ist, in den Nachrichten das Audi-Max als Anschlagsziel nannte, bestätigte die Polizei aber .

Nach den nächtlichen Ermittlungen, die laut Polizei "in vorbildlicher Weise durch den in Berlin ansässigen Betreiber des Dienstes und die Verantwortlichen der Universität Trier" unterstützt worden waren, stürmte ein Sondereinsatzkommando gegen sieben Uhr morgens die Wohnung des Tatverdächtigen in der Nähe der Uni. Die Beamten stellten umfangreiches Beweismaterial sicher, eine Waffe sei aber nicht gefunden worden.

200 Einsatzkräfte sichern die Uni

Da zunächst unklar war, ob es sich um einen Einzeltäter handelt, wurden außerdem rund 200 Einsatzkräfte heute Vormittag auf das Gelände der Universität geschickt, um eine "andauernde Gefahr" auszuschließen. Die Polizei habe die Räume nach gefährlichen Gegenständen, die der Täter dort platziert haben könnte, durchsucht, teilte der Trierer Pressesprecher Kontzel der DPA mit. Außerdem seien die Zufahrten und Wege zum Uni-Gelände gesperrt worden.

Der Präsident der Universität Michael Jäckel empfahl des Weiteren seinen Studierenden, erstmal zuhause zu bleiben. Weiterhin erklärte er: "Wir fahren unsere Maßnahmen erst zurück, wenn wir sicher sein können, dass es sich bei dem Festgenommenen um den Täter handelt und wir einen Einzeltäter haben."

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Inzwischen ist der Einsatz beendet. Laut einer Pressemitteilung der Polizei hätten die Ermittlungen "keinerlei Hinweise auf einen Komplizen des Tatverdächtigen" ergeben.

Die Polizei Trier bestätigte auf Anfrage, dass die Drohungen auf Jodel veröffentlicht wurden. Weitere Fragen zur Person des Festgenommen und der Zusammenarbeit mit den Betreibern von Jodel wollte die Polizei gegenüber Motherboard "aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht beantworten".

Es ist nicht das erste Mal, dass über Jodel ein Amoklauf angekündigt wird

Zu den zentralen Merkmalen der App Jodel zählt unter anderem, dass die Nutzer anonymisiert Beiträge posten können. Der Ersteller eines Beitrags wird in der Kommentarfunktion als "OJ" gekennzeichnet. So kann bei späteren Kommentaren nachvollzogen werden, welche von dem eigentlichen Beitragsersteller stammen.

Im Unterschied zu anderen bekannten sozialen Netzwerken verbindet Jodel Nutzer nicht aufgrund von Freundschaftsanfragen oder weil man einem Nutzer folgt, sondern wegen ihrer lokalen Nähe zueinander. Jodel ist dabei vor allem bei Studierenden beliebt, wie der Tagesspiegel vor Kurzem berichtete, die Hauptzielgruppe sei zwischen 18 und 26 Jahren alt.

In den unzähligen Posts auf Jodel herrscht ein sehr informeller Umgangston: Die meisten Nutzer tauschen private Ansichten aus, schildern ihre Alltagserlebnisse oder erzählen sich gegenseitig Witze. Beiträge können Up- oder downgevotet werden, um die Beliebtheit eines Posts zu erkennen.

Doch es ist nicht das erste Mal, dass Amoklaufankündigungen über das Netzwerk verbreitet wurden. Schon Mitte 2016 kam es zu einem ähnlichen Fall. Damals kündigte ein Student aus Süddeutschland einen Amoklauf an und nannte als Opfer Studierende der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Außerdem redete er über die Durchführung des Amoklaufes und fragte unter anderem, wie lange wohl die Polizei bis zum Eintreffen bräuchte.

Damals gab Jodel die IP und Geo-Koordianten des Nutzers an die Polizei weiter. Man habe bewusst mit der Polizei kooperiert, erklärte der Gründer damals. Die Anonymität von Nutzern des Dienstes endet also spätestens da, wo die Strafverfolgung beginnt.