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Polizeiakademie

Anonymer Brief eines Polizisten: Die Polizei wird von kriminellen Clans unterwandert

"Das sind keine Kollegen… das ist der Feind in unseren Reihen."
Foto: imago | Seeliger

Ein Image-Problem hat die Berliner Polizei spätestens, seit drei Einsatz-Hundertschaften wegen ihrer Party-Exzesse in Hamburg kurz vor dem G20-Gipfel wieder nach Hause geschickt wurden. Der neueste Skandal in der Behörde hat allerdings keinen so fröhlichen Hintergrund: Die Berliner Polizei, behauptet ein anonymer Brief, werde von kriminellen Mitgliedern Berliner Großfamilien unterwandert.

Der Brief ist die neueste Entwicklung in der Debatte um die Zustände an der Berliner Polizeiakademie, an der dieses Jahr rund 1.200 Polizeischüler ihre Ausbildung begonnen haben. Am Mittwoch war eine Audio-Datei öffentlich gemacht worden, in der sich ein Ausbilder über seine Schüler beschwerte – allerdings nur über die mit Migrationshintergrund. "Habe so etwas noch nie erlebt, der Klassenraum sah aus wie Sau, die Hälfte Araber und Türken, frech wie Sau, dumm, konnten sich nicht artikulieren", zitiert die B.Z. den Beamten. Er habe "wirklich Angst vor denen", fährt der Ausbilder fort. "Es wird 'ne 2-Klassen-Polizei, die korrupt sein wird, das sind keine Kollegen […], das ist unser Feind, das ist der Feind in unseren Reihen."

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In dieselbe Kerbe schlägt jetzt ein anonymer Brief eines mutmaßlichen LKA-Beamten an den Polizeipräsidenten Klaus Kandt, der verschiedenen Berliner Medien vorliegt und den deren Informanten aus Polizeikreisen für echt halten. Der Verfasser, der nach eigenen Angaben seit 31 Jahren in Berlin im Dienst ist, beklagt vor allem, dass die Behörde zu viele kriminelle Mitglieder arabischer Großfamilien aufnehme. Seinen Brief betitelte er mit: "Wann fällt der erste Schuss?" Mittlerweile haben 30 Prozent der Schüler an der Berliner Polizeiakademie einen Migrationshintergrund, zitiert die Welt ein internes Papier.

"Bewerber aus diesen Großfamilien werden – trotz Strafakte – in der Polizei angenommen", zitiert der Tagesspiegel den Brief. Schuld daran habe vor allem Berlins Vize-Polizeipräsidentin Margarete Koppers. "Hinweise zu Erkenntnissen sollen angeblich von der Vizepräsidentin (und angehenden Generalstaatsanwältin) angehalten werden."

Koppers schädige außerdem das Ansehen der Polizei, da sie sich von einem Anwalt vertreten lasse, "der auch eine arabische Großfamilie vertritt". Auch der Brief beklagt das schlechte Klima in der Polizeiakademie, für das er offenbar hauptsächlich Polizeischüler mit Migrationshintergrund verantwortlich macht. "Wenn Frauen als Vorgesetzte nicht mehr akzeptiert werden, weil sie Frauen sind, wenn Auszubildende sich beim Dienstschwimmen verweigern, weil in dem Becken vorher eine 'Unreine' geschwommen sein könnte, dann hört die Toleranz und Willkommenskultur und 'Multikulti' auf!" Besonders dramatisch ist die Warnung am Ende des Briefes: "Es bleibt nur noch die Frage, wann zwischen rivalisierenden Ethnien in der Polizei zwischen zwei Kollegen der erste Schuss fällt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit."

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Polizeipräsident Klaus Kandt hat den Brief als "haltlos, diffamierend, möglicherweise sogar strafrechtlich relevant" verurteilt. Der Tagesspiegel sprach allerdings mit mehreren Berliner Beamten, die die Vorwürfe bestätigten – "insbesondere die Angst davor, dass Antisemitismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit zunehmen könnten". Focus Online wiederum beruft sich auf einen "LKA-Insider", der bestätigt, dass "mindestens eine Person, die im Bereich Organisierte Kriminalität auffällig geworden ist", gerade bei der Berliner Polizei in der Ausbildung ist.

Auch in dem von Polizisten besuchten Online-Forum CopZone hat das Schreiben für Diskussion gesorgt. "So einen anonymen Brief wählt man eher nicht, wenn es um die Sache geht, sondern wenn man die ganz große Presseshow möchte", schreibt ein Nutzer. "In meiner Dienstkultur ist der anonyme Anschwärzer nicht ernst zu nehmen", stimmt ein anderer zu. Auch dem Vorwurf, Mitglieder krimineller Clans unterwanderten die Polizei, stehen die Diskutanten eher skeptisch gegenüber. "Und wenn es Kontakte gibt, was dann?", schreibt ein Nutzer. "In einen Clan bzw. in die Nähe zu diesem kann man hineingeboren werden, ohne sich jemals mit den Aktivitäten zu identifizieren. Welchen rechtlich haltbaren Rückschluss kann ich allein aus dem Kontakt ableiten?"

Die Gewerkschaft der Polizei wirkt ebenfalls nicht ganz so alarmiert von den Zuständen an der Akademie. "Seit Monaten erreichen uns solche Nachrichten über Dritte, aber nie von direkt Betroffenen", sagte ihr Sprecher Benjamin Jendro gegenüber dem Tagesspiegel. Bei genauerem Hinsehen hätten sich die meisten Fälle relativiert. Probleme an der Akademie gebe es tatsächlich – zum Beispiel zu wenige erfahrene Ausbilder –, "aber nach unseren Erfahrungen hat das nichts mit Migrationshintergrund zu tun".

Tatsächlich hat die Berliner Polizeiakademie allein dieses Jahr schon eine ganze Reihe von kleinen Skandalen hinter sich: Im März wurde gegen einen Anwärter ermittelt, der versucht haben soll, gestohlene Kameras an andere Polizisten zu verkaufen. Im April wurde dann Anzeige gegen zwei Polizeischüler gestellt, die an der Akademie mit Drogen gehandelt haben sollen. Und im September kritzelte jemand "Fuck Islam! Refugees not welcome" an eine Wand im Männerklo.

Die Polizeiführung hat angekündigt, die Zustände an der Akademie genau zu untersuchen."Wir werden uns die Schule genauer anschauen, mit Schülern und Auszubildenden sprechen, was dort für Missstände herrschen", sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

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