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Rechtspopulismus

Ein Tessiner Politiker will wegen der Säckli-Gebühr nach Italien auswandern

Die Tessiner Rechtspopulisten der Lega drohen unterdessen an der Gebühr zu zerbrechen.
Foto von Pixabay

Der wahrscheinlichste Grund, warum du auf halbem Weg nach Hause vom Einkaufen vollbepackt noch einmal umkehren musst, ist wohl dieser: "Scheisse, Zürisäck/Bebbisäck/Wintisack vergessen!". Seit 2011 sind Gebührensäcke oder Marken für den Hausabfall in der ganzen Schweiz eigentlich Pflicht, entschied das Bundesgericht. Sechs Jahre später haben immer noch einige Gemeinden – darunter einige Tessiner Orte – diese Richtlinie noch immer nicht umgesetzt. Mit dieser Lenkungsgebühr will der Bund dich dazu bringen, deinen Abfall ordentlich zu recyceln. Das System scheint bislang zu funktionieren: An Orten, an denen für den Abfall bezahlt werden muss, landen pro Person und Jahr 80 Kilogramm weniger Abfall in der Verbrennungsanlage.

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Gar keine Lust, um für seinen Güsel zu bezahlen hat der rechte Lega-Politiker Attilio Bignasca. Als das Tessin verpflichtende Gebührensäcke für alle Gemeinden einführen wollte, ergriff er mit seiner Rechtsaussenpartei das Referendum. Da die Tessiner beschlossen, die Gebühr einzuführen, entschloss sich Bignasca zu einer radikalen Massnahme: Er will nach Italien auswandern, wo man seine Säcke noch gratis auf die Strasse werfen darf, sagte er der Tessiner Zeitung Giornale del Popolo gemäss der NZZ. Attilio Bignasca – kein Geringerer als der Bruder des verstorbenen Lega-Gründervaters Giuliano Bignasca – stellt sich, ganz in der Tradition Gulianos, gegen jegliche zusätzliche Abgabe und bezeichnet die Gebührensäcke als "Antisozial".

Die Lega, die es in ihrer 26-jährigen Geschichte zur zweitstärksten Kraft im Tessin gebracht hat, führt dieser Entscheid in einen regelrechten Säckli-Gate. Weil der gemässigte Flügel die Abfallgebühren teilweise sogar guthiess, wird der Graben zum rebellischen Flügel, dessen Kern aus dem Bignasca-Clan besteht, immer grösser. Möchte Attilio Bignasca noch ein Weilchen im schönen Tessin bleiben und trotzdem seinen Abfall nicht im eigenen Garten verbrennen – wir gehen jetzt mal davon aus, dass die Zero Waste-Bewegung für ihn als Rechtsaussenpolitiker nichts ist – so sei ihm zu Vorsicht geraten: In vielen Kantonen wühlen Mülldetektive in illegal entsorgten Abfallsäcken nach Hinweisen, um die Wildentsorger zu büssen.

Ein wegen illegaler Entsorgung gebüsster Zürcher erreichte vor dem Richter jedoch einmal einen Freispruch, weil er argumentierte, dass seit 1988 der Ehemann nicht mehr als "Haupt der Familie" gelte und der richtige Täter im Haushalt nicht zweifelsfrei herausgefunden werden könne. Ansonsten bietet sich auch noch der Umzug nach Genf: Als eine Art gallisches Dorf in der Schweiz wehren sich die Genfer gegen die Abfalltyrannei aus Bundesbern und setzen den Entscheid des Bundesgerichts bis heute nicht um, weil die Säcke für die Genfer schlicht zu teuer seien.

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