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Forschende züchten "Mini-Gehirn" aus Stammzellen, das monatelang überleben kann

Die künstlichen Nervensysteme sollen helfen, neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson ohne Tierversuche zu erforschen.
Die Neuronen leuchten dank Fluoreszenzmarkern grün.
Bild: Tufts University

Gehirne aus dem Reagenzglas klingen vielleicht futuristisch, sind aber bereits seit fünf Jahren Realität. 2013 gelang es Forschenden erstmals, Nervenzellen zu züchten, die sich zu einer hirnähnlichen dreidimensionalen Struktur anordnen. Sie sollen Forschenden helfen, neurologische Erkrankungen zu erforschen und frühzeitig zu erkennen.

Normalerweise können diese gehirnähnlichen Verbindungen jedoch nur kurze Zeit bestehen, bevor ihre Zellen absterben. Forschenden der US-amerikanischen Tufts Universität ist es nun gelungen, "Mini-Gehirne" zu erzeugen, die mindestens neun Monate existieren können. Sie werden mit einer Mixtur aus Seidenproteinen und Stammzellen von Menschen gezüchtet, die unter Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson leiden. Dank der langen Lebensdauer können die Forschenden an den künstlichen Gehirnen beobachten, wie neurologische Erkrankungen sich in Zellgruppen entwickeln und können frühe Hinweise auf diese Krankheiten identifizieren. Ihre Forschungsergebnisse haben sie am 1. Oktober im Fachjournal Biomaterials Science & Engineering veröffentlicht.

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Anders als in düsteren Science-Fiction-Filmen sollen die Miniatur-Gehirne nicht eines Tages menschliche Gehirne ersetzen. Die Entwicklungen sind also kein Grund zur Sorge, sondern im Gegenteil ein wichtiger ethischer Fortschritt. Denn sie sollen Forschenden nicht nur dabei helfen, den Aufbau des menschlichen Gehirns zu verstehen und Behandlungsmethoden für neurologische Krankheiten zu testen, sondern auch eines Tages ethisch umstrittene Versuche an Menschen oder Tieren überflüssig machen.

David L. Kaplan, Professor für Biomedizintechnik an der Tufts Universität, sagte in einer Pressemitteilung, dass die lange Lebensdauer der Mini-Gehirne nicht der einzige Vorteil ihrer jüngsten Entwicklung sei. Durch das spezielle Gemisch in den Reagenzgläsern aus Seidenproteinen und Stammzellen können die Forschenden auch verschiedene Typen von Gehirnzellen entstehen lassen, die auch in einem echten menschlichen Gehirn vorkommen.

Forschende der Tufts Universität arbeiten bereits seit über fünf Jahren daran, Mini-Gehirne speziell für die neurologische Forschung zu entwickeln. Im Jahr 2013 gelang es ihnen, das Gehirn eines neun-Wochen-alten Fötus mit Stammzellen zu imitieren, die aus menschlichen Hautzellen gewonnen wurden. 2014 versetzten sie den künstlichen Gehirnen Schocks und Schläge, um die Auswirkungen von Gehirnerschütterungen und Schädel-Hirn-Traumata zu untersuchen.

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Dieser Artikel ist zuerst auf der englischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.